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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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den Stadtrand erreicht haben mussten. Doch gerade wollte sie sich entspannen, da lenkte Sam den Wagen an den Straßenrand und hielt an.
    “Was ist? Ist irgendwas los?” Sie warf vorsichtig einen Blick über den Vordersitz und sah, dass sie in der Einfahrt zu einer Tankstelle standen.
    “Kein Grund zur Panik. Ich will nur von der Telefonzelle da drüben meine Tante anrufen. Ich bin gleich zurück.”
    Lauren rollte sich unter der dünnen Decke zusammen und rechnete damit, jeden Augenblick die Stimme eines Polizisten zu hören, der ihr befahl, die Arme hochzunehmen. Sie zuckte zusammen, als die Fahrertür des Geländewagens geöffnet wurde, aber es war Sam, der zurückgekehrt war.
    “Alles klar. Mein Onkel holt uns in Cortez ab. Wir werden den Wagen da irgendwo abstellen.”
    “Kann ich mich hinsetzen?” fragte Lauren, als sie Durango hinter sich gelassen hatten.
    “Wenn du willst. Aber warum schläfst du nicht ein wenig, wenn du sowieso schon liegst? Du hast doch gesagt, dass du müde bist.”
    Das war der Fall gewesen, bevor er sie zu Autodieben gemacht hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, unter diesen Umständen die Augen zumachen zu können. Allerdings war es auf dem Rücksitz recht bequem, und vor allem konnte sie keiner sehen, also beschloss sie, wenigstens noch eine Zeit lang liegen zu bleiben.
    Das Nächste, was sie wahrnahm, war, dass sie jemand an der Schulter packte und schüttelte.
    “Wach auf, Lauren.”
    “Wa…” Sie schoss hoch und sah sich blitzschnell um. Etwas benommen stellte sie fest, dass sie auf dem Parkplatz eines Supermarkts standen, der rund um die Uhr geöffnet hatte.
    “Wir müssen los.”
    Sie reagierte völlig automatisch auf den schneidenden Befehlston in Sams Stimme und stieg aus dem Geländewagen aus. Sam dirigierte sie zu einem ramponierten Pick-up, der gleich nebenan geparkt war. “Rutsch in die Mitte”, sagte er.
    “Tut mir Leid”, murmelte Lauren und warf dem alten Mann einen entschuldigenden Blick zu, der hinter dem Lenkrad saß. Er gab bereits Gas, noch bevor Sam die Beifahrertür zugezogen hatte.
    ″Lauren, das ist Walter Price, er ist der Mann von Eunice, der Schwester meines Vaters”, sagte Sam. “Onkel Walt, das ist Lauren Brownley, die Frau, von der du in den Nachrichten gehört hast.”
    Walter Price nickte und tippte mit zwei Fingern an den Rand seines verbeulten Cowboyhuts. “Miss.”
    “Hat irgendwer schon in der Gegend nach mir gesucht?” fragte Sam.
    “Nichts und niemand.”
    “Gut. Und bei Dad? War da jemand?”
    “Keine Ahnung, da musst du ihn schon selber fragen.”
    Sam schnaubte. “Das muss nicht sein.”
    Der wortkarge alte Mann hielt seine Augen auf die Straße gerichtet und sagte nichts, schüttelte aber fast unmerklich den Kopf.
    Das gleichmäßige Fahrgeräusch der Reifen auf dem schneebedeckten Highway war minutenlang das Einzige, was zu hören war.
    “Ich weiß, dass du es im Fernsehen gesehen und in der Zeitung darüber gelesen hast”, sagte Sam nach einer Weile. “Willst du meine Seite der Geschichte hören?”
    “Hast du das getan, was die behaupten?”
    “Nein.”
    “Dann spar dir den Rest, bis wir zu Hause sind und deine Tante mithören kann. Warum sollst du alles zweimal erzählen?”
    Das war es? Das war alles, was dieser harsche alte Mann von Sam hören wollte, um ihm bedingungslos zu glauben? Lauren war erstaunt.
    Offenbar genügte es wirklich, denn während der gesamten Fahrt bis zum Anwesen der Prices, die über eine Stunde dauerte, schienen die beiden Männer das Schweigen zu genießen.
    Sams Tante dagegen hätte keinen größeren Gegensatz zu ihrem schweigsamen Mann bilden können. Als sie das Ranchhaus betraten, empfing Eunice Price ihren Neffen mit offenen Armen und mit einer überschwänglichen Begrüßung.
    “Aha, das ist also Ms. Brownley”, sagte sie, als sie aufgehört hatte, Sam förmlich zu erdrücken. “Ach, Kindchen, sind Sie aber ein hübsches Ding. Noch viel schöner als auf den Fotos im Fernsehen und in den Zeitungen.”
    Lauren fühlte, dass sie rot wurde. “Ich … ähm … danke. Und danke dafür, dass Sie uns helfen. Ich weiß, dass es eine schreckliche Unannehmlichkeit ist, und dazu auch noch gefä…”
    “Ach, Unfug. Sie müssen sich doch nicht bedanken.” Eunice verwarf Laurens Worte mit einer beiläufigen Handbewegung. “Sam gehört zur Familie und ist für Walt und mich praktisch ein Sohn. Wir haben nie Kinder gehabt. Nachdem Augustus und seine Frau sich getrennt hatten, haben ich

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