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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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Instrument. Ich liebe es …”
    Sie brach mitten im Satz ab, als sie ihren Blick an dem älteren Ehepaar vorbei durch das große Fenster richtete. Ihr Herz begann schneller zu schlagen.
    “Da kommt jemand.”

16. KAPITEL
    “V erdammt.” Sam griff nach seiner Waffe, während sein Blick auf das Scheinwerferpaar gerichtet war, das sich auf der gut drei Kilometer langen Auffahrt näherte.
    “Ganz ruhig”, sagte Walt. “Das wird Augustus sein. Ich habe ihn angerufen.”
    Sam warf seinem Onkel einen vorwurfsvollen Blick zu. “Du hast meinen Vater angerufen? Warum?”
    “Weil der Mann um dich besorgt ist, darum. Tatsache ist, dass du ihn selbst hättest anrufen sollen, anstatt dich bei deiner Tante und mir zu melden”, fügte er an, bevor Sam noch etwas sagen konnte. “Junge, du musst wissen, dass wir beide liebend gern alles tun, um dir zu helfen. Aber Augustus ist dein Dad, und er hat etwas Besseres verdient, als von dir ignoriert zu werden.”
    “Ähm, ich glaube, das alles geht mich eigentlich nichts an”, sagte Lauren und sah sich unbehaglich um. “Ich ziehe mich am besten in die Küche zurück, dann habt ihr etwas Ruhe.” Sie wollte aufstehen, aber Sam winkte sie zurück.
    “Bleib sitzen. Ich möchte dich so lange im Blickfeld haben, bis ich sicher sein kann, dass da draußen wirklich mein Vater im Wagen sitzt. Außerdem weißt du, dass wir uns nicht gut verstehen. Du wirst also keine großen Familiengeheimnisse zu hören bekommen.”
    Sam wandte sich wieder seinem Onkel zu. “Welchen Sinn würde es machen, ihn um Hilfe zu bitten? Er hat mir noch nie vertraut oder geglaubt. Warum sollte das jetzt anders sein? Wahrscheinlich hat er diesen Typen im Fernsehen jedes Wort abgekauft. Lauren und ich können froh sein, wenn er noch nicht die Polizei informiert hat.”
    “O Sam”, sagte Eunice traurig. “So etwas würde dein Vater niemals machen. Ich weiß, dass mein Bruder hart zu dir gewesen ist. Aber kannst du nicht verstehen, dass er so nur war, weil er Angst hatte?”
    Sam schnaubte verächtlich. “Angst? Wovor denn? Dieser alte Mann weiß nicht mal, wie man das Wort schreibt. Ich wüsste nicht, wovor er in seinem Leben jemals Angst gehabt haben sollte.”
    “Außer einer Sache”, warf seine Tante ruhig ein. “Er hat Angst, dich zu verlieren.”
    Ihre Worte trafen Sam völlig unvorbereitet. Sein Blick wanderte von den Scheinwerfern zu Eunice, dann lachte er trocken. “Oh, sicher. Darum war er all die Jahre auch so kaltherzig zu mir. Er hat nur seine Pflicht getan, was mich angeht, mehr nicht. Ich war nie der Sohn, den er sich gewünscht hatte. Er konnte nicht stolz auf mich sein. Irgendwann bin ich dahinter gekommen, dass es mein indianisches Blut war, das ihm so im Magen gelegen hat.”
    “Sam!” rief Eunice ungläubig. “All die Jahre hast du das geglaubt? Hättest du doch bloß etwas davon gesagt. O nein, du irrst dich ja so gewaltig.”
    “Das glaube ich nicht. Jedes Mal, wenn ich das Volk meiner Mutter erwähnt oder eine Zeit im Reservat verbracht habe, hat er einen Wutanfall bekommen.” Sam sah wieder zu den Scheinwerfern, die inzwischen deutlich näher waren. “Sieh es doch ein: Er hasst Indianer, und er kann es nicht ertragen, dass sein einziger Sohn indianisches Blut hat.”
    “Sei kein Narr”, fuhr Walt ihn an. “Augustus hat nichts gegen Indianer. Er bewundert und respektiert sie. Das hat er schon immer gemacht. Und er hat deine Mutter angebetet. Auch als sie zu ihrem Volk zurückgekehrt war und sich von ihm hatte scheiden lassen, hat er nie aufgehört, sie zu lieben. Ihr Tod hat ihn fast umgebracht. Verdammt noch mal, er liebt sie noch immer. Was glaubst du, warum er nie wieder geheiratet hat?”
    Sam sah ihn sprachlos an. Daran hatte er noch nie gedacht.
    “Walt hat Recht”, stimmte Eunice zu. “Dein Dad liebt dich über alles, Sam. Mehr als die Double R, und das will was heißen. Er hat Angst gehabt, als es so aussah, dass du dich zu deinen indianischen Verwandten und ihrer Kultur hingezogen fühlst. Er war sicher, dich an sie zu verlieren. So wie vor dir seine Frau. Im Lauf der Jahre ist diese Angst immer größer geworden, je halsstarriger und fordernder er wurde. Bedauerlich ist nur, dass jeder Versuch, dich an ihn zu binden, die Kluft zwischen euch vergrößert hat.” Eunice schüttelte traurig den Kopf. “Ich glaube, tief in seinem Inneren war ihm das klar, aber er wusste nicht, was er sonst machen sollte.”
    “Das stimmt”, pflichtete Walt bei. “Er hat in

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