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Zicke

Zicke

Titel: Zicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Zarr
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von meinem Dad ganz zu schweigen –, also ließ ich sie in Ruhe. »April ist bei Darren.«
    Sie nickte. »Ich gehe runter.«
    Als ich die Tür unten zuschlagen hörte, überlegte ich, was ich tun konnte: Darren anrufen oder Darren nicht anrufen. Ihn anzurufen und ihm mitzuteilen, dass Stacy wieder zu Hause war, konnte eine Art Friedensangebot sein. Etwas, mit dem ich ihm zu verstehen gab, dass ich begriffen hatte, weshalb er das tun musste, was er getan hatte. Ihn
nicht
anzurufen würde vielleicht das Gegenteil bedeuten. Das Problem war, dass ich nicht wusste, ob ich bereit war, das eine oder das andere zu tun.
    Ich war schon halb aus dem Wohnzimmer gegangen, als mir April in den Sinn kam. Ich ging zurück zum Telefon und rief Darren auf dem Handy an.
    »Sie ist da.«
    »Was?«
    »Stacy ist hier.« Ich wusste, dass er es ohnehin rausfinden würde, also spuckte ich es aus: »Sie war bei Corvette Kim.« Ich konnte den Lärm der Autos auf dem Highway hören. »Willst du mit ihr sprechen?«
    »Nein. Sag ihr, sie soll aus meinem Haus verschwinden.«
    »Darren.«
    »Sag es ihr!«
    »Das werde ich ihr nicht sagen«, erwiderte ich.
    |167| »Komm einfach nach Hause. Und beeil dich. Ich will nicht, dass Dad vor dir hier ist.«
    Ich legte auf und rief sofort danach Jason an, um ihn daran zu erinnern, dass wir zusammen ins
Serramonte
wollten. Jetzt, wo doch ohnehin alles in die Brüche ging, kam es mir dumm vor, länger im Haus zu bleiben, als ich musste.
    »Manno.« Jason klang verschlafen, als er abnahm.
    »Ich bin gerade mal wach geworden.«
    »Wir treffen uns in einer halben Stunde an der Bushaltestelle.«
    ***
    In dem Moment, als der Bus vorfuhr, kam Jason den Hügel heruntergerannt.
    Er grinste, als wir einstiegen. »Ich habe, nachdem du angerufen hast, noch achtzehn Minuten Schlaf rausgeschlagen!«
    »Da musst du aber stolz drauf sein.«
    Es waren nur drei weitere Fahrgäste im Bus, also nahmen wir die große Sitzbank ganz hinten; ich in einer Ecke und er in der Mitte. Obwohl wir weit auseinander saßen, nahm ich wahr, wie sauber er roch, frisch geduscht. Seine feuchten Haare lockten sich im Nacken auf eine Art, die mir Lust machte, ihn zu berühren. Ich rief mich selbst zur Ordnung, nicht so zu denken – ich durfte nicht daran denken, dass Lee nicht in der Stadt war und dass ich Jason länger kannte, nicht, dass Jason mit ihr schlafen wollte und sie wahrscheinlich nicht mit ihm. Ich ermahnte mich: |168| ›Du bist jetzt die neue Deanna!‹ Ich war mit Tommy fertig geworden. Die Dinge hatten sich geändert.
    »Es ist so wahnsinnig heiß«, stöhnte Jason. Es war ihm nichts anzumerken – seiner Stimme und der Art, wie er mich ansah –, nichts davon, dass Lee ihm etwas von unserem Streit erzählt haben könnte.
    »Ich weiß«, antwortete ich. »Weshalb wir heute ja auch in ein vollklimatisiertes Einkaufszentrum fahren.« Der Bus rollte aus Pacifica hinaus und an den hässlichen Reihen pastellfarben verputzter Häusern in Daly City vorbei. »Stacy ist heute übrigens wieder aufgetaucht.«
    »Hab dir doch gesagt, sie kommt zurück.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Darren wird ausrasten.« Er war schon ausgerastet, dachte ich, aber ich wollte unseren Shoppingtrip nicht vermasseln, also versuchte ich es auf die heitere Tour: »Rate mal, wo sie war.« Ich hielt kurz inne, wegen der Wirkung. »Auf einer Party. Mit Corvette King.«
    Er drückte den Kopf in den Sitz und lachte: »Kein Scheiß?«
    »Nee.«
    »Typisch Stacy. Darren wusste, dass sie ein bisschen verrückt ist, als er mit ihr angebändelt hat.«
    »Hoffentlich erinnert er sich daran.«
    Wir gingen durch einen
H&M
ins Einkaufszentrum rein.
Serramonte
ist nicht
Stonestown
– keine Marmorfußböden, kein großes Piano, keine glitzernden Geländer. Nur ein schmutziger gefliester Brunnen mit einer Menge Kleingeld am Grund, und die Kunden |169| sprechen fast ausschließlich Tagalog, sodass die Mall von manchen auch ›Little Manila‹ genannt wird.
    Wir gingen geradewegs zum Geldautomaten. »Wie viel willst du?«, fragte ich, während ich meine PIN eintippte. »Sechzig Steine? Achtzig?«
    »Ich wusste nicht, dass ich mit Paris Hilton ausgehe. Warum nicht gleich glatte hundert?«
    »Gute Idee«, sagte ich lässig, zögerte aber, ehe ich den Geldbetrag wählte. Was, wenn Darren sich anders besann? Vielleicht brauchte er mich noch. Ich hatte noch nicht mal meinen ersten Gehaltsscheck bekommen. Das hier war bloß altes Geburtstagsgeld. Ich spürte, wie mir

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