Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
einer Virusinfektion in Valparaíso/Chile. Sein Sohn Henk führte die Geschäfte weiter. Ende 1911 verkaufte er überraschend die Handelsgesellschaft für 750000 Goldpesos an einen ehemaligen chilenischen Geschäftsfreund seines Vaters und verließ die Niederlande mit unbekanntem Ziel.
„ 750 000 Goldpesos!“ Alex pfiff durch die Zähne. „Kein Wunder, dass er sich den teuren Mercedes und das Silberbesteck leisten konnte.“ Tim sah ihn an: „Wo ist wohl das viele Geld geblie ben? Und wer hat 1936 Henk Deependahl erschossen? Wenn das überhaupt stimmt, was mein Opa erzählt hat. Und wo ist der Sohn von Henk geblieben? Wie hieß der noch?“ „Cobus“, antwortete Alex gedankenversunken und wunderte sich selbst, weil sein Namensgedächtnis sonst eher unzuverlässig war.
„ Essen ist fertig!“, rief plötzlich Alex' Mutter die Treppe hoch. Alex sprang hoch. Samstags gab es immer Pfannkuchen mit Sirup, eine seiner Leibspeisen. „Bleibst du zum Essen?“, fragte er Tim. Der winkte aber ab. „Nee. Lass man. Treffen wir uns um vier bei der Ziegelei? Ich würde mich da gerne mal umsehen.“ Alex lachte. „Willst du nach den Goldpesos der Deependaals buddeln?“, fragte er seinen Freund. Tim sah ihn beleidigt an, denn nun kam ihm die Idee auch ein wenig naiv vor. „Okay, okay. Um vier vor dem Tor“, sagte Alex schnell, als er Tims enttäuschtes Gesicht sah und verabschiedete seinen Freund an der Tür.
Nach fünf Pfannkuchen konnte Alex sich nicht mehr rühren und räkelte sich zufrieden in der Küchenbank. „Was habt ihr denn so lange am Computer gemacht?“, fragte sein Vater, der nach dem Essen genüsslich einen Espresso trank. „Ich habe weder Schüsse noch Explosionen gehört“, spielte er mit einem leichten Grinsen auf die Computerspiele an, die Alex ab und zu spielte, und die sein Vater gerne als 'pädagogisch wenig wertvoll' bezeichnete. Typisch Papa dachte Alex. Eigentlich war sein Vater voll in Ordnung. Aber er hatte anscheinend immer noch nicht richtig verstanden, dass sein Sohn jetzt 14 war und nicht mehr mit Playmobil spielte.
„ Wir haben recherchiert“, war seine knappe Antwort. „Re...“ Sein Vater verschluckte sich an seinem Kaffee und musste kurz husten. „Recherchiert? In den Ferien? Donnerwetter. Darf man fragen, was?“ fragte er interessiert nach. „Mensch, Papa.“ Alex war genervt. Erstens mochte er die permanente Neugierde seiner Eltern nicht und die ironische Art seines Vaters schon gar nicht. Er hatte schon öfter überlegt, dass es nicht immer von Vorteil war, als Einzelkind aufzuwachsen. Hätte er noch Geschwister, würde sich die elterliche Fürsorge auf mehrere Kinder verteilen. Und zweitens wollte er nichts über die Deependaals erzählen. „Ich muss noch Gitarre üben“, sagte er schnell und rannte aus der Küche. Seine Eltern sahen ihm entgeistert nach. „Erst Computerrecherchen in den Ferien, dann freiwilliges Gitarreüben. Höchst merkwürdig. Ist das jetzt die Pubertät?“, fragte sein Vater. Doch Alex' Mutter zuckte nur ratlos mit den Schultern.
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Samstag 16:18 Uhr
Nachdem Alex zum Leidwesen seiner Eltern eine halbe Stunde versucht hatte, mit seiner E-Gitarre das Intro von AC/DCs 'Thunderstruck' einzuüben, fuhr er zu dem vereinbarten Treffpunkt. Tim war noch nicht da und so hatte Alex Zeit, sich schon mal umzusehen. Die beiden großen Schornsteine waren zwar stark verwittert, aber sie standen noch kerzengerade und ragten stolz in den grauen Himmel, als wollten sie von den vergangenen Zeiten erzählen, als die gesamte Gegend von den Ziegeleien noch gut leben konnte. Heute arbeiteten viele in der großen Müller-Werft oder waren weggezogen. Die Schornsteine waren seit über dreißig Jahren nicht mehr im Gebrauch und sind vom Einsturz bedroht. Das Gelände war weiträumig eingezäunt und an jeder Ecke stand das Schild ' BETRETEN VERBOTEN. ELTERN HAFTEN FÜR IHRE KINDER' .
Wie jedes Kind in Kleiborg kannte Alex natürlich die Schlupflöcher im Zaun. Er war schon öfter auf dem Gelände gewesen, weil er hier in den alten Tongruben sein Mountainbike mal richtig ausfahren konnte. In die alten Gemäuer ging er aber nur ungern. Zum einen, weil seine Eltern ihn immer wieder gewarnt hatten, dass das alte Dach beim erstbesten Sturm zusammenbrechen könnte, und zum anderen traf sich hier gerne die Clique der 17-Jährigen in den Resten der alten Villa, um ungestört ihr billiges Bier zu trinken. Da sie noch keinen Führerschein hatten und es im Dorf
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