Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
alt werden durfte. Wer weiß, wie viele Menschen der noch auf dem Gewissen hat. Und nach dem Krieg ahnte kein Mensch, dass sie einen Mörder zum Kollegen oder Nachbarn haben“, überlegte Tim laut.
„ Was hast du denn herausgefunden?“, fragte Alex, um seinen Freund etwas von den trüben Gedanken abzulenken. „Mensch, fast hätte ich es vergessen.“ Tim nahm den Block von seinem Bett und blätterte eine Seite zurück. „Das Tagebuch begann ja am 14. Juni 1935. Die Abkürzung E.H. tauchte zum ersten Mal am 16. August auf. Demnach hat dieser Handloser zu diesem Zeitpunkt schon in der Ziegelei gearbeitet, anscheinend als Prokurist, also als leitender kaufmännischer Angestellter. So ähnlich ist der Begriff jedenfalls bei Wikipedia erklärt“, erklärte er. Tim wollte gerade fortfahren, als ihm Alex ins Wort fiel: „Was macht denn ein leitender Angestellter, der nichts mit der Ziegelherstellung zu tun hat, nachts in einem Trockenschuppen?“ Tim zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Jedenfalls war er ab Juni 1935 schon bei der Ziegelei. Mein Urgroßvater hat nirgendwo geschrieben, wann der Handloser in der Firma angefangen hat. Und das Tagebuch, das die Tage vor dem 14. Juni enthält, haben wir ja leider nicht.“
„ Lass uns mal zusammen überlegen“, führte Alex die Überlegungen weiter, „Handloser war beim Sicherheitsdienst der SS, weil er deren Uniform trug. Das wissen wir aus dem Tagebuch. Das erklärt auch das erboste Schreiben von diesem SS-Untersturmführer, der Angst hatte, das sein Mann in Kleiborg auffliegt. Und er war Prokurist bei der Ziegelei. Der führte doch tatsächlich ein rich tiges Doppelleben, der gute Erich Handloser.“ Alex kratzte sich am Kopf. „Und da ist noch etwas, was ich nicht verstehe. Warum trug er im Trockenschuppen seine Uniform? Ihm muss doch klar gewesen sein, dass damit seine Tarnung auffliegt. Das kann doch nicht in seinem Interesse gewesen sein.“ Tim starrte ihn an. „Was ist?“, fragte Alex. „Er führte ein Doppelleben, hast du gerade gesagt. Oh, Mann.“ Tim schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Scheiße. Wir sind ja völlig verblödet.“
Alex verstand jetzt überhaupt nichts mehr. „Wieso sind wir völlig verblödet?“, fragte er verwirrt. Tim lachte trocken. „Na, überleg mal. Wenn der Sicherheitsdienst der SS ihn als Prokurist bei der Ziegelei eingeschleust hat, um das Gold zu finden, glaubst du wirklich, Erich Handloser ist sein richtiger Name? Der war Geheimagent. Und wie das Wort geheim schon sagt, ...“
Weiter kam Tim nicht, da Alex den Mülleimer so heftig mit einem wütenden Tritt quer durchs Zimmer schoss, dass der Inhalt in alle Richtungen flog. „Scheiße! Klar! Mann, sind wir bescheuert. Welcher Geheimagent benutzt schon seinen richtigen Namen. Und im Polizeiprotokoll steht natürlich nur sein Deckname. Mist! Da stehen wir ja wieder ganz am Anfang.“ Alex konnte sich kaum beruhigen. Wenn sie schon keine Spur von dem Gold finden, so haben wir zumindest den Mörder entlarvt, dachte er. Pustekuchen! Falsch gedacht! Sie kannten nur den Alias-Namen des Mörders. Selbst Tims Urgroßvater kannte nicht den wahren Namen des SS-Mannes. Ein Geheimagent, der unter seinem echten Namen Leute umbringt - Alex musste fast lachen, weil sie so naiv waren.
Tim sah seinen Freund aus einer Mischung von Ärger und Besorgnis an. „Das macht fünf Euro“, sagte er nur. „Wie, fünf Euro? Ich bin jetzt nicht in der Laune für dämlichen Andeutungen“, fuhr Alex ihn barsch an. „Ich bekomme fünf Euro für den zerdepperten Mülleimer“, entgegnete Tim und zeigte mit dem Daumen auf die Überreste des Plastikbehälters. Alex stöhnte.
„ Okay“, fuhr Tim fort und sah seinem Freund fest in die Augen. „Nun bleib mal ganz locker. Fest steht, dass Herr Sakuth Anfang Februar aus dem Polizeidienst geflogen ist, oder?“ Alex nickte kurz. „Na, und?“ „Also, der Sicherheitsdienst der SS hat die Gestapo in Wilhelmshaven verständigt, dass sie dafür sorgen sollen, dass die Ermittlungen gegen Handloser eingestellt werden. Richtig?“ Alex nickte wieder. „Na, überleg mal. Zu solchen Mitteln griffen die doch sicher nur, weil Sakuth kurz davor war, Handlosers wahre Identität auf zu decken. Oder?“
„ Gut, du magst ja Recht haben. Aber wie sollen wir seinen richtigen Namen herausbekommen?“, fragte Alex resignierend. „Na, vielleicht hat Sakuth geheime Aufzeichnungen von seinem Verdacht gemacht“, überlegte Tim. Alex sah ihn
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