Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
fragte er möglichst unschuldig. Sein Vater sah ihn immer noch eindringlich an. „Naja, es ist schon ungewöhnlich, dass du zwei mal bei Pastor Schmidt warst und sogar mit ihm nach Oldenburg gefahren bist. Dann weiß ich immer noch nicht, warum ihr gestern nach Landmermoor gefahren seit und wieso du heute mit klatschnassen und grasgrünen Klamotten nach Hause kommst.“ Sein Vater sah ihn fragend an. Im Hintergrund hörte Alex, wie seine Mutter die Waschmaschine einschaltete.
„ Ja, also...“, stammelte Alex auf der Suche nach einer passenden Antwort. Die Gesichtszüge seines Vaters veränderten sich immer mehr zu einem Grinsen. „Wusste ich' s doch“, sagte er nach einer kurzen Pause. Alex verschluckte sich an seinem Cappuccino und musste husten. „Was wusstest du?“, fragte er und wischte sich mit dem Handrücken den Milchschaum von den Lippen. Was konnte sein Vater von ihren Nachforschungen wissen, überlegte er fieberhaft. Hatten sie einen Fehler gemacht?
„ Ist es Lena?“, fragte sein Vater für Alex nun völlig überraschend. Sein Grinsen ging dabei von einem Ohr zum anderen. „Lena?“ Es hätte nicht viel gefehlt, und Alex hätte den Cappuccino rausgeprustet. Auf jeden Fall muss er ein reichlich dummes Gesicht gemacht haben, denn der Tonfall seines Vaters änderte sich. „Nun stell dich nicht so blöd an. Du kannst Mama und mir ruhig sagen, dass du eine Freundin hast.“ Alex traute seinen Ohren nicht. Eine Freundin? Ausgerechnet Lena, die alte Zicke? Alex wollte gerade wütend protestieren, wie sein Vater annehmen könnte, er hätte gerade was mit dem Mädchen, dem Alex seine grün-blauen Schienenbeine zu verdanken hat. Aber auf der anderen Seite, was konnte ihm eigentlich besseres passieren? Das würde sein merkwürdiges Verhalten der letzten Tage erklären. Endlich keine dummen Fragen mehr.
„ Ja. Du hast recht. Ich finde Lena ganz nett“, sagte er dann endlich. Sein Vater sah ihn triumphierend an: „Siehst du. Ich kenne dich doch. Du kannst deinem alten Vater nichts vormachen. Ich lese in deinem Gesicht wie in einem offenen Buch.“ Dann stand er auf, klopfte seinem Sohn herzhaft auf die Schulter und verließ die Küche. Wenn du wüsstest, dachte Alex lächelnd und trank den letzten Rest seines schon fast kalten Kaffees auf.
Tim lag lang auf seinem Bett und hatte den Kopf auf den Händen abgestützt. Vor ihm lag das Tagebuch seines Urgroßvaters, daneben ein Block und ein Kugelschreiber. Er war so konzentriert, dass er gar nicht hörte, wie Alex in sein Zimmer kam.
„ Ich hab' ihn“, rief Alex. Tim schoss wie ein Rakete vom Bett hoch und sah Alex erschrocken an. „Spinnst du?“, brüllte er ihn an. „Mich so zu erschrecken.“ Tim fasste sich theatralisch ans Herz. „Ich hab' ihn“, flüsterte Alex jetzt übertrieben leise und klopfte auf die Ausdrucke der e-mails, die Jens Sakuth ihm geschickt hatte.
Tim sah ihn ratlos an. „Wen hat du?“, fragte er unwirsch. „Mensch, kapierst du nicht?Ich weiß, wer E.H. ist. Ich habe den Namen unseres Mörders,“ jubelte Alex, der jetzt wieder laut sprach. Tim saß mit offenem Mund vor ihm und sagte kein Wort. Alex stutzte einen Moment. „Willst du denn gar nicht wissen, wie er heißt?“, fragte er verwundert. Tim nickte nur. Sein Mund stand immer noch offen. „Unser Mann heißt...,“ Alex machte extra eine dramatische Pause, „...Erich Handloser. Wir haben ihn, Tim. Wir haben nach über siebzig Jahren den Mörder von Henk Deependaal entlarvt. Er heißt Erich Handloser.“
Es dauerte eine Weile, bis Tim die Nachricht in ihrer ganzen Bedeutung verstand. Sie hatten ein Verbrechen aufgeklärt, dass vor über siebzig Jahren in der Nazizeit begangen wurde. „Ob der noch lebt?“, fragte Tim leise. Alex sah auf seine Unterlagen und überlegte einen Moment. „Handloser wurde 1908 geboren. Er war zur Tatzeit 27 Jahre alt und müsste heute über 100 sein, wenn er noch leben sollte. Das glaube ich aber nicht“, sagte er kopfschüttelnd. „Wir haben schon viel Glück gehabt, dass Herr Sakuth noch lebt. Dass Handlo ser mit über 100 Jahren noch lebt, kann ich mir nicht vorstellen.“ Tim stand auf und ging an seinen PC. Er öffnete Google und gab den Namen Erich Handloser ein. Er fand zwar den Nachnamen ein paar mal, aber keinen Hinweis auf ihren Mörder. Die Suche bei Telefonbuch.de brachte auch keinen Erfolg. Das wäre auch zu einfach gewesen, dachte Alex. „Wenn man bedenkt, das der für den Mord nicht bestraft wurde und in Ruhe
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