Ziel erfasst
Reis?«, fragte Sam missmutig.
»Besser. Ich habe am Metro-Eingang ein McDonald’s gesehen.«
»Also ein McLamb. Das klingt gut.«
5
J ack Ryan jr. steuerte morgens um 5.10 Uhr seinen Hummer auf den für ihn vorgesehenen Stellplatz auf dem Parkgelände von Hendley Associates. Er hatte Mühe, aus dem großen Fahrzeug zu steigen. Seine Muskeln schmerzten, und seine Arme und Beine waren voller kleiner Schnittwunden und blauer Flecken.
Er hinkte durch den Hintereingang des Gebäudes. So früh zu kommen war ihm eigentlich zuwider, vor allem wenn man bedachte, wie zerschlagen er sich heute Morgen fühlte. Aber er hatte wichtige Arbeiten zu erledigen, die nicht warten konnten. In diesem Augenblick waren vier Agenten im Außeneinsatz. Obwohl er sich wirklich wünschte, dort draußen bei ihnen sein zu können, wusste Ryan, dass es seine Pflicht war, ihnen die besten und aktuellsten Informationen zu beschaffen, die ihnen ihre harte Arbeit wenn nicht einfacher, so doch wenigstens nicht härter und schwerer machten als nötig.
Er ging am Sicherheitsmann am Empfangstisch in der Lobby vorbei, der im Gegensatz zu Jack zu dieser entsetzlich frühen Stunde erstaunlich wach und munter zu sein schien.
»Morgen, Mr. Ryan.«
»Hi, Bill.« Normalerweise trudelte Ryan nicht vor acht Uhr ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte Bill, ein pensionierter Stabsfeldwebel der Militärpolizei der US-Luftwaffe, seinen Posten bereits an Ernie übergeben. Obwohl Ryan Bill erst ein paar Mal begegnet war, erschien er ihm wie geschaffen für diesen Job.
Jack jr. fuhr mit dem Aufzug nach oben, schlurfte müde durch den dunklen Flur, stellte seine lederne Kuriertasche in seiner Box des Großraumbüros ab und ging zur Küche hinüber. Dort schaltete er die Kaffeemaschine an und holte aus dem Kühlschrank einen Eisbeutel, den er in letzter Zeit verdächtig oft benötigt hatte.
Während der Kaffee aufgebrüht wurde, schaltete er seinen Computer ein und machte die Tischlampe an. Außer Jack, einigen IT-Jungs, die vierundzwanzig Stunden rund um die Uhr arbeiteten, der Analyse-und Übersetzungsgruppe, die in drei Schichten tätig war, und dem Sicherheitsmann im Erdgeschoss würde das Gebäude zumindest eine weitere Stunde lang noch weitgehend leer sein. Jack setzte sich, hielt sich das Eis ans Kinn und legte den Kopf auf den Schreibtisch.
»Scheiße«, murmelte er.
Fünf Minuten später holte sich Ryan einen Becher aus dem Küchenschrank, füllte ihn mit der kochend heißen schwarzen Flüssigkeit und humpelte zurück zu seinem Schreibtisch. Am liebsten wäre er wieder nach Hause gefahren und hätte sich ins Bett gelegt, aber das kam natürlich überhaupt nicht infrage. Das Training, das Ryan regelmäßig nach Dienstschluss absolvierte, ging ihm zwar allmählich an die Substanz, aber er wusste, dass er dabei nie in echter Gefahr war. Das galt allerdings nicht für seine Kollegen draußen im Einsatz! Deshalb war es seine Pflicht, ihnen zuzuarbeiten und sie so gut es irgend ging zu unterstützen.
Das Werkzeug dafür war sein Computer, oder genauer, die Daten, die die Parabolspiegel und der Antennenwald auf dem Dach von Hendley Associates aus dem Äther fischten und die dann von den Codeknackern und einem Großrechner entschlüsselt wurden. Allmorgendlich ging Jack auf Datenfang. Dabei durchforstete er den Datenverkehr der CIA in Langley, der National Security Agency in Fort Mead, des National Counterterrorism Center im Liberty Crossing Campus in McLean, des FBI in Washington und einer Reihe anderer Dienste. Es stellte sich heraus, dass es an diesem Morgen besonders viele Daten waren. Ein Großteil waren Nachrichten, die Langley aus befreundeten Nationen übermittelt worden waren. Speziell wegen dieses Materials war Ryan heute auch so früh gekommen.
Jack loggte sich zuerst in die Executive-Intercept-Transcript-Datei der NSA ein. Die XITS oder »Zits«, wie sie gewöhnlich genannt wurde, würde ihn über alle wichtigen Vorgänge und Ereignisse aufklären, die hereingekommen waren, seit er gestern um achtzehn Uhr seine Arbeitsstelle verlassen hatte. Als sich sein Bildschirm mit Daten zu füllen begann, ging er im Geist noch einmal durch, was an diesem Tag zu erledigen war. Das Operationstempo, das OPTEMPO , hier im Campus hatte sich in den letzten paar Wochen so sehr erhöht, dass Jack jeden Morgen die Entscheidung immer schwerer fiel, womit er seinen Arbeitstag beginnen sollte.
Die vier Campus-Agenten im Außeneinsatz waren in zwei Teams aufgeteilt. Jack
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