Ziel erfasst
Aber ich kann jedem nur versichern, dass John mehr verdient, als sein Land ihm jemals für seine Dienste zurückgeben kann. Und dass er die Behandlung bestimmt nicht verdient hat, die er gegenwärtig von diesem Präsidenten erfährt.«
Der CNN-Reporter unterbrach ihn: »Das hört sich so an, als wollten Sie sagen, dass Ihr Freund über dem Gesetz steht.«
»Nein, das will ich nicht sagen. Er steht nicht über dem Gesetz. Aber er steht über dem politischen Theater, das sich als Gesetz ausgibt. Dieses Theater ist widerlich. Meine Frau hat mich in der Vergangenheit zu Recht getadelt, wenn ich mein Gesicht verzogen habe, als hätte ich in eine Zitrone gebissen, wenn Ed Kealty erwähnt wurde. Ich habe es versucht zu verbergen, so gut es ging. Aber jetzt möchte ich, dass alle sehen, wie sehr mich dieser Umgang mit John Clark abstößt.«
Sobald Ryan durch die Küche ins Haus zurückgekehrt war, schaute ihn Arnie van Damm an und schüttelte den Kopf. »Mein Gott, Jack. Was ist denn in dich gefahren?«
»Was ich gesagt habe, stimmt, Arnie.«
»Ich glaube es dir ja. Wirklich. Aber wie wird das draußen ankommen?«
»Es ist mir scheißegal, wie das ankommt. In dieser Sache nehme ich kein Blatt vor den Mund. Da draußen gibt es einen amerikanischen Helden, der wie ein Hund gejagt wird. Genau das werde ich jedem erzählen, ob er es nun hören will oder nicht.«
»Aber …«
»Nichts aber! Neues Thema. Was steht als Nächstes an?«
Arnie van Damm schaute seinen Boss lange an. Schließlich nickte er. »Warum nimmst du dir diesen Nachmittag nicht frei, Jack? Ich und meine Leute ziehen ab, und du, Cathy und die Kinder habt das Haus wieder einmal ganz für euch alleine. Schau dir einen Film an. Iss eine Pizza. Du verdienst es. Du hast dir den Arsch abgearbeitet.«
Jack beruhigte sich wieder. Er schüttelte den Kopf. »Du hast viel härter gearbeitet als ich. Es tut mir leid, dass ich dich so angemacht habe.«
»Ein normaler Wahlkampf bedeutet schon eine Menge Stress. Und das ist kein normaler Wahlkampf.«
»Das stimmt. Mir geht’s gut. Gehen wir wieder an die Arbeit.«
»Du bist der Boss, Jack.«
54
G erry Hendley lebte allein. Seit seine Frau und Kinder bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, kannte er nur noch seine Arbeit. Eine Zeit lang wirkte er noch als Senator, dann verließ er die Politik, um an die Spitze des eigentümlichsten privaten Geheimdienstes der Welt zu treten.
Seine offizielle und inoffizielle Arbeit für Hendley Associates bescherte ihm regelmäßige Sechzigstundenwochen. Selbst zu Hause beobachtete er auf FBN und Bloomberg die überseeischen Finanzmärkte, um die »weiße« Seite seiner Arbeit immer im Griff zu haben, und las Zeitschriften wie Global Security, Foreign Affairs, Jane’s oder The Economist, um über alles auf dem Laufenden zu bleiben, was die »schwarzen«, geheimen Operationen seiner Firma betraf.
Gerry hatte Schlafschwierigkeiten, was bei dem immensen Druck seiner beruflichen Verantwortung, aber auch den Verlusten, die er in seinem Leben hatte erleiden müssen, nur zu verständlich war. Am schlimmsten litt er natürlich unter dem Verlust seiner Familie, aber auch Brian Carusos Tod im vergangenen Jahr und die gegenwärtige Situation mit John Clark forderten von Hendley ihren ganz persönlichen Tribut.
Gerade weil der Schlaf für Hendley ein solch rares und wertvolles Gut war, wurde er jetzt regelrecht wütend, als mitten in der Nacht das Telefon klingelte. Gleich darauf dachte er mit Sorge daran, welche Nachrichten ihn wohl zu dieser nachtschlafenden Zeit erwarteten.
Er schaute auf die Uhr. Es war 3.20 Uhr.
»Ja?« Seinem Ton war sein Ärger und seine schlechte Laune anzumerken.
»Guten Morgen, Sir. Hier ist Nigel Embling. Ich rufe aus Pakistan an.«
»Guten Morgen.«
»Ich fürchte, es gibt ein Problem.«
»Ich höre.« Hendley setzte sich im Bett auf. Jetzt war der Ärger endgültig verschwunden und hatte der Angst Platz gemacht.
»Ich habe gerade erfahren, dass Ihr Mann Sam Driscoll in der Nähe von Miran Shah vermisst wird.«
Jetzt stand Gerry auf und eilte in sein Büro zu seinem Schreibtisch und seinem Computer.
»Die Einheit der pakistanischen Armee, bei der er sich gerade aufhielt, wurde vor einigen Tagen von Kämpfern des Haqqani-Netzwerks angegriffen. Man hat mir erzählt, dass es auf beiden Seiten schwere Verluste gab. Sam und ein paar andere wollten in einem Lastwagen entkommen. Meine Kontaktperson, Major al-Darkur, saß im Führerhaus, und Ihr
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