Ziel erfasst
Mann war auf der Ladefläche. Möglicherweise fiel er während dieser Flucht vom Lastwagen.«
Auf den ersten Blick klang das für Gerry Hendley wie totaler Schwachsinn. Er fragte sich, ob dieser ISI-Offizier, den Embling für verlässlich erklärt hatte, nicht ein doppeltes Spiel spielte und seinen Mann vor Ort in eine Falle gelockt hatte. Er verfügte allerdings nicht über genügend Informationen, als dass er dies wirklich beurteilen könnte. Außerdem brauchte er Emblings Hilfe gegenwärtig mehr denn je und wollte ihn deshalb auch nicht durch irgendwelche Vorwürfe verärgern.
Er war lange genug Senator gewesen, um zu wissen, wie man mit doppelter Zunge sprach.
»Ich verstehe. Weiß man denn schon, ob er tot ist oder noch lebt?«
»Der Major kehrte mit drei Hubschraubern voller Soldaten zu dem Ort des Gefechts zurück. Die Haqqani-Leute hatten ihre Gefallenen einfach dort liegen lassen, und einige Männer al-Darkurs wurden tot aufgefunden, aber Sams Leichnam war nicht darunter. Der Major glaubt, er sei in Gefangenschaft geraten.«
Hendley knirschte mit den Zähnen. Der Tod im Kampf wäre für Driscoll wahrscheinlich besser gewesen als alles, was die Taliban mit ihm vorhatten. »Was kann ich Ihrer Meinung nach von hier aus tun?«
Embling zögerte etwas, dann sagte er: »Ich weiß sehr wohl, wie das aussieht. Es wirkt so, als ob der Major uns hintergangen hätte. Aber ich bin jetzt lange genug in diesem Job, um zu merken, wenn jemand ein falsches Spiel mit mir spielt. Ich vertraue diesem jungen Mann. Er hat mir versprochen, alles zu unternehmen, um Driscolls Aufenthaltsort zu finden, und er hat mir versprochen, mich mehrmals am Tag über alle neuen Entwicklungen zu unterrichten. Ich würde gerne diese Informationen sofort an Sie weitergeben. Vielleicht finden wir eine Lösung, wenn wir alle drei zusammenarbeiten.«
Gerry wusste, dass es keine Alternative gab. Trotzdem sagte er: »Ich möchte, dass meine Männer sich mit diesem Major treffen.«
»Ich verstehe«, erwiderte Embling.
»Sie sind im Moment in Dubai.«
»Dann werden wir beide dorthin fliegen. Bis wir herausfinden, weshalb diese Operation in Miran Shah gescheitert ist, halte ich es für keine gute Idee, jemand anderen dorthin zu schicken.«
»Da stimme ich Ihnen zu. Sie treffen Ihre Vorkehrungen, und ich informiere meine Männer.«
Hendley legte auf und rief Sam Granger an. »Sam? Gerry. Wir haben einen weiteren Agenten verloren. Ich möchte in einer Stunde alle Abteilungsleiter in meinem Büro sehen.«
Riaz Rehans zweiter Angriff auf Indien fand zwei Wochen nach dem ersten statt.
So blutig sein erster Anschlag in Bangalore gewesen war, konnte er doch leicht und schnell auf eine Lashkar-e-Taiba-Zelle zurückgeführt werden. Obwohl die LeT zweifellos eine pakistanische Terrororganisation war, von der alle wussten, dass sie auf die eine oder andere Weise von den »Bärten« im pakistanischen ISI unterstützt wurde, galten die Anschläge in Bangalore nicht notwendigerweise als »große internationale Verschwörung«.
Genau das entsprach jedoch Rehans sorgfältigem Plan. Er wollte die ganze Sache mit einem gewichtigen Ereignis beginnen, das jedermann die Augen öffnete, aber die Aufmerksamkeit nicht zu sehr auf seine eigene Organisation lenkte. Es hatte funktioniert, es hatte vielleicht sogar zu gut funktioniert, aber Rehan hatte noch keine negativen Auswirkungen der hohen Opferzahlen bemerken können. So hatte es etwa keine Massenverhaftungen von LeT-Kämpfern gegeben.
Nein, alles lief genau nach Plan. Jetzt war es Zeit, mit der zweiten Phase dieses Plans zu beginnen.
Die Angreifer kamen zu Wasser, zu Lande und auf dem Luftweg. Vier Lashkar-Kämpfer mit gefälschten indischen Pässen landeten auf dem Flughafen von Delhi. Sie trafen sich mit einer vierköpfigen Schläferzelle, die sich seit mehr als einem Jahr dort aufhielt. Gemeinsam warteten sie jetzt auf den Einsatzbefehl ihrer ISI-Führungsoffiziere in Pakistan.
Zu Land überschritten sieben Männer die Grenze nach Jammu und mieteten sich in einer Fremdenpension voller muslimischer Arbeiter in Jammu City ein.
Zur See landeten vier Festrumpfschlauchboote an zwei verschiedenen Stellen der indischen Küste, zwei in Goa an Indiens Westküste und zwei in Madras im Osten. Jedes Boot beförderte acht Terroristen und ihre Ausrüstung.
Jetzt hielten sich also insgesamt siebenundvierzig Männer an vier unterschiedlichen Orten in Indien auf. Alle hatten Handys dabei, die mit handelsüblichen
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