Ziel erfasst
Kamin.« Caruso zog seine HK von der Schulter und löste den Riemen aus ballistischem Nylon von der Waffe. Er zog an dem Riemen, um ihn auf die volle Länge zu bringen, wickelte sich das eine Ende mehrmals um das rechte Handgelenk und gab das andere Ende Ding. Dieser packte es und hielt sich mit der anderen Hand am eisernen Dachgeländer fest. Clark zog sich hinter den Kamin zurück. Ding kniete sich direkt an der Dachkante nieder. Dom Caruso kletterte über das Geländer und glitt mit den Füßen voraus langsam das steile Steindach hinunter, während Chavez ihn von oben mit dem Nylonriemen absicherte. Glücklicherweise war dieser so lang, dass Dom es bis zu dem Mansardenfenster schaffte. Die Männer hörten jetzt das Geräusch von splitterndem Glas, als Caruso mit seinem Gewehr das Fenster einschlug. Ding konnte derweil den Riemen nur mit großer Mühe festhalten. Er schnitt ihm in die Hand, das Gelenk und den Unterarm. Trotzdem lockerte er nicht seinen Griff. Nach ein paar weiteren Schlaggeräuschen spürte er, wie sich der Riemen stark nach links bewegte. Plötzlich war dann jedes Gewicht verschwunden.
Caruso musste jetzt in der Wohnung direkt unter ihnen sein. Das war zwar ein Fortschritt, aber Clark und Chavez wussten nicht genau, was nun folgen würde. Caruso hatte sich vorhin nicht einmal die Zeit genommen, ihnen sein Vorhaben genau zu erklären. Zehn Sekunden später hörten sie jedoch seine Stimme in ihren Ohrhörern.
»Okay, ich bin in der Mansardenwohnung. Sie ist leer. Ich werde euch mit diesen Ladungen ein Loch sprengen. Ding, stell dich neben John. Haltet den Kopf in Deckung, ihr beiden!«
Clark nickte zustimmend, schaute jedoch gleichzeitig besorgt über die Schulter. Er hörte Stimmen auf dem Dach. Die Polizisten hatten sich durch den Nebel nur kurz aufhalten lassen und kamen jetzt immer näher. Sie mussten dabei nur den Spuren folgen, die die Amerikaner in Form von zerbrochenen Steinen und Ziegeln hinterlassen hatten. Sie waren zwar immer noch auf dem Jugendstil-Nachbargebäude, würden jedoch spätestens in einer Minute hier auftauchen.
Sekunden später schleuderte eine laute Explosion auf der anderen Seite des Kamins Rauch, Dachziegel und Holz in die Luft. Noch während diese Trümmer auf sie herunterregneten, rannten Clark und Chavez zu der Dachöffnung hinüber und schauten hinein. Als sich der Rauch verzogen hatte, sahen sie, wie Caruso eine Kommode über den hölzernen Wohnungsboden direkt unter das Loch schob. Clark half Chavez, auf das Möbelstück hinunterzusteigen. Unten angekommen, drehte sich Chavez um und half seinem Partner herunter.
Gerade als er den Arm von Clark erfasst hatte, krachte ein Pistolenschuss. Chavez duckte sich instinktiv. Gleichzeitig spürte er, wie etwas in Clarks Körper einschlug. Er wurde herumgeworfen und fiel in das Loch hinunter. Er und Chavez stürzten beide von der Kommode und rissen Dominic Caruso mit zu Boden.
»Scheiße!«, rief Chavez. »Bist du verletzt, John?«
Clark kämpfte sich bereits wieder auf die Beine. Er hatte offensichtlich Schmerzen und hob den Unterarm, um seinen Partnern sein blutverschmiertes Sakko zu zeigen. »Nicht weiter schlimm. Mir geht’s gut«, rief er. Caruso und Chavez wussten jedoch aus ihrer jahrelangen Erfahrung mit Feuerwaffen, dass Clark gegenwärtig überhaupt nicht einschätzen konnte, wie schwer er verletzt war.
Trotz allem hatte Caruso die Polizisten oben auf dem Dach nicht vergessen. Er holte eine Schockgranate aus seinem Bodybag, zog den Stift heraus und warf sie in hohem Bogen in Richtung der anrückenden Männer. Er hoffte, dass die französischen Polizisten im ersten Moment glaubten, sie würden von den flüchtenden »Gangstern« beschossen.
Die Granate explodierte mit ohrenbetäubendem Getöse direkt neben dem Kamin, und die drei Campus-Agenten stürmten aus der Mansardenwohnung und hasteten eine Wendeltreppe zum Erdgeschoss hinunter.
Chavez gab unterwegs über sein Headset-Mikrofon Ryan die nötigen Anweisungen: »Jack, wir kommen raus, Erdgeschoss eines Apartmenthauses, etwa dreihundert Meter nordwestlich des Hôtel de Sers. In dreißig Sekunden.«
»Verstanden. Ich bin dort. Hinter mir nähern sich Sirenen aus der Avenue Marceau. Die George-V ist voller Polizei.«
»Egal«, sagte Chavez, während er und seine beiden Kollegen die Treppe hinunterstürmten. Dieses Problem stellte sich ihnen erst in sechzig Sekunden, darüber konnte er sich jetzt noch keine Gedanken machen.
Als die drei Amerikaner auf die
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