Ziel erfasst
unter die Fingernägel zu bohren?«
Joshua Ramirez wedelte ganz leicht mit dem Finger. Allein damit konnte er jedoch Kealty bestimmt nicht dazu bewegen, die Regeln der Debatte einzuhalten.
Jack ignorierte Kealty, beantwortete jedoch dessen Frage. »Viele behaupten, man könne solche Leute nur durch Folter zum Reden bringen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das nicht stimmt. Natürlich ist es manchmal schwierig, unsere Feinde davon zu überzeugen, dass es besser ist, sich uns zu offenbaren. Man kann ihnen zum Beispiel Privilegien und Rechte versprechen, die sie selbst keinem Gefangenen einräumen würden. Dabei spielt es für ihre Organisationen keine Rolle, ob wir sie freundlich behandeln. Sie werden unsere eigenen Leute foltern und töten, wann immer sie sie in die Finger bekommen.«
»Sie behaupten, es gebe Mittel und Wege, um Informationen aus unseren Feinden herauszuholen«, sagte der CBS-Moderator. »Wie wirksam sind die denn?«
»Eine berechtigte Frage, Josh. Ich kann hier auf die Verfahrensweisen nicht näher eingehen, die in meiner Zeit in der CIA und als Präsident angewandt wurden, aber ich kann Ihnen versichern, dass wir weit mehr Informationen von Terroristen bekommen haben, als es bei der Taktik meines Gegenübers, Leute aus sechstausend Meter Höhe abzuschießen, gegenwärtig der Fall ist. Tote reden nicht, wie es so schön heißt.«
Ramirez drehte sich halb zu Kealty um, bevor der Präsident seine Gegenrede begann. »Josh, mein Kontrahent würde unnötigerweise amerikanische Leben riskieren, indem er unsere Kids in der Armee an die gefährlichsten Orte der Welt schickt, nur um eventuell einen gegnerischen Kämpfer vernehmen zu können. Ich versichere Ihnen, dass solche Verhöre unter einem Präsidenten Jack Ryan ganz bestimmt nicht den Regeln der Genfer Konvention entsprechen würden.«
Das konnte Ryan natürlich nicht so stehen lassen. Er vergaß sein freundliches Gesicht, achtete jedoch darauf, Kealty auf keinen Fall anzuschauen. Stattdessen konzentrierte er sich auf die störenden Spiegelungen auf Joshua Ramirez’ Brille. »Zuerst einmal betrachte ich unsere Männer und Frauen in den Streitkräften als genau das, als Männer und Frauen. Viele von ihnen sind jung, weit jünger als Präsident Kealty und ich, aber ich scheue mich, sie als Kids zu bezeichnen. Zweitens sind diese Männer und Frauen, die in den Eliteeinheiten unseres Militärs und unserer Geheimdienste mit der zugegebenermaßen gefährlichen und schwierigen Aufgabe betraut wurden, unsere Feinde draußen vor Ort zu fangen, absolute Profis. Sie haben sich bisher schon regelmäßig großen Gefahren ausgesetzt, nicht zuletzt in Verfolgung der Politik meines Kontrahenten, die uns meiner Meinung nach überhaupt nicht weitergebracht hat.« Jetzt blickte er mit einem höflichen Nicken zu Kealty hinüber. »In dieser Hinsicht haben Sie vollkommen recht, Mr. President, das ist eine gewaltige Pflicht, die wir diesen Männern und Frauen aufbürden« – er wandte sich wieder Ramirez zu –, »aber sie sind für diesen Job bis zum letzten Mann und der letzten Frau die absolut Besten auf der ganzen Welt. Sie wissen, dass ihre schwere Aufgabe das Leben von Amerikanern rettet. Sie kennen ihre Pflicht, eine Pflicht, die sie freiwillig auf sich genommen haben und an die sie glauben. Ich habe den allergrößten Respekt vor unseren UAV-Crews.« Er machte eine kleine Pause. »Entschuldigung, vor unseren Drohnen-Crews. Diese Unbemannten Luftfahrzeuge sind ein unglaubliches Gerät, das von unglaublichen Menschen gesteuert wird. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir strategisch gesehen ein größeres Gewicht auf die Informationsgewinnung legen sollten. Ich glaube nicht, dass die Regierung Kealty auf diesem Gebiet genug tut.«
Ramirez wollte eigentlich etwas sagen, aber Ryan sprach unbeirrt weiter: »Joshua, Ihr Sender hat vor einiger Zeit aus Russland gemeldet, dass der russische FSB den Anführer der mörderischsten Rebellenorganisation im Kaukasus gefangen genommen hat. Es wird niemand im Publikum hier überraschen, dass ich kein großer Fan der jüngsten russischen Politik bin.« Ryan lächelte, als er das sagte, obwohl sein Gesicht weiterhin angespannt blieb. »Vor allem, wenn es um den Umgang mit ihren eigenen Leuten im Kaukasus geht. Aber indem sie diesen Mann, Israpil Nabijew, gefangen genommen haben, statt ihn zu töten, können sie möglicherweise eine Menge über seine Organisation erfahren. Dies könnte das Blatt in dieser Region
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