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Ziel erfasst

Ziel erfasst

Titel: Ziel erfasst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Stift ganz langsam abmalen, kann ich Sie beobachten und Ihnen dabei helfen. Wir beide können hier eine Kunstunterrichtsstunde abhalten.«
    Judith Cochrane musterte die Zeichnungen sorgfältig. Sie stellten die Gesichter von vier Männern dar. Obwohl sie selbst sie nicht erkannte, handelte es sich zweifellos um echte Menschen. Sie waren so detailliert und sorgfältig wiedergegeben, dass jemand, der sie kannte, sie bestimmt wiedererkennen würde.
    »Wer ist das?«, fragte sie, befürchtete jedoch, die Antwort bereits zu kennen.
    »Das sind die Amerikaner, die mich entführt haben. Ich ging in Riad auf der Straße. Plötzlich kamen sie aus dem Nichts. Der Junge, der Mann mit den dunklen Haaren, hat auf mich geschossen. Der Alte, der da, war der Anführer.«
    Cochrane wusste, dass die FBI-Männer sie durch die Überwachungskamera hinter ihr beobachten konnten. Wenn sie gerade zuschauten, was sie ganz bestimmt taten, würden sie sehen, wie der Emir ihr Blätter aus seinem Zeichenblock zeigte. Eigentlich sollte das bei ihnen keinen Alarm auslösen. Trotzdem wartete sie nervös darauf, dass sich hinter ihr die Tür öffnete.
    »Wir sind das doch schon so oft durchgegangen. Ich kann darüber nicht mit Ihnen sprechen.«
    »Sie sind meine Anwältin, oder?«
    »Das bin ich, aber …«
    »Judith Cochrane, ich habe keinerlei Interesse, der Regierung der Vereinigten Staaten bei einem Schmierentheater zu helfen, das die Welt von meiner Schuld überzeugen soll. Wenn ich nicht einmal meiner eigenen Anwältin erzählen darf, was mir in Wirklichkeit zugestoßen ist, dann …«
    »Wir müssen hier bestimmte Regeln einhalten.«
    »Regeln, die Ihnen Ihre Gegner auferlegt haben. Die spielen hier – wie heißt es bei Ihnen? – ganz klar mit gezinkten Karten.«
    »Sprechen wir über Ihre Ernährung.«
    »Ich werde nicht über meine Ernährung sprechen. Sie ist halal, darf also von Muslimen gegessen werden. Ansonsten ist sie mir völlig egal.«
    Cochrane seufzte. Ihr wurde bewusst, dass er immer noch die Zeichnungen hochhielt und dass sie sie immer noch betrachtete. Gegen ihren eigenen Willen fragte sie plötzlich: »Sind sie von der CIA? Vom Militär? Haben sie Ihnen erzählt, für wen sie arbeiten?«
    »Das haben sie mir nicht erzählt. Ich vermute, dass sie zu Ihrer Central Intelligence Agency gehören, aber Sie müssen das für mich herausfinden.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Sie können den Leuten diese Bilder zeigen. Es gab noch andere, aber an diese vier erinnere ich mich am besten. Der Alte war der Anführer, der Junge hat mich angeschossen. Dann gab es noch den kleinen Ausländer mit den harten Augen und diesen jungen Mann mit den Stoppelhaaren. Es gab wohl noch einen Mann mit einem Bart, aber dessen Gesichtszüge sind mir nicht mehr gegenwärtig.
    Alle anderen, mit denen ich danach in Kontakt gekommen bin, trugen entweder eine Maske oder hatten sich eine Kapuze übers Gesicht gezogen. Das erste Gesicht, in das ich nach all den Monaten geblickt habe, war das Ihre.« Er hielt erneut die Zeichnungen hoch. »Diese Männer haben sich in mein Gedächtnis eingeprägt. Ich werde sie nie vergessen.«
    Cochrane wollte jetzt ebenfalls wissen, wer das war. Zum Teufel mit der Vereinbarung, die sie mit dem Justizministerium geschlossen hatte.
    »Also gut«, sagte sie. »Hören Sie mir jetzt genau zu. Ich werde beantragen, dass man einen Durchreicheschlitz einbaut, durch den wir Schriftstücke austauschen können. Ich werde jedoch nichts von hier mitnehmen können, was von Ihnen stammt. Vielleicht kann ich jedoch in meiner Tasche etwas Transparentpapier mitbringen und dann Ihre Zeichnungen durchpausen.«
    »Ich werde sie noch weiter verfeinern«, sagte der Emir. »Außerdem werde ich den Abbildungen noch ein paar schriftliche Details hinzufügen, Körpergröße, Alter, alles, was mir einfällt.«
    »Gut. Ich weiß zwar noch nicht, was ich mit diesen Informationen anfangen werde, aber da gibt es jemand, den ich fragen kann.«
    »Sie sind meine einzige Hoffnung, Judith.«
    »Bitte nennen Sie mich Judy.«
    »Judy. Ich mag den Namen.«
    Judy Cochrane schaute sich noch einmal die vier Abbildungen an. Sie hatte keine Ahnung, dass es die Gesichter von Jack Ryan jr., Dominic Caruso, Domingo Chavez und John Clark waren.
    Nach dem Einsatz in Paris kehrte das Leben in der Firma Hendley Associates zu seinem normalen Rhythmus zurück. Die meisten Mitarbeiter trudelten um acht Uhr morgens ein. Um neun fand im Besprechungsraum ein kurzes Treffen statt. Danach

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