Zielstern Centauri
hinter einer Gefangenen ein und grüßte nachlässig. „Ich glaube, ich habe sie.“
Cameron betrachtete das Mädchen. „Ich glaube nicht. Und außerdem scheinen Sie unnötig hart mit ihr umgegangen zu sein.“
Der Mann grinste mit unschuldiger Miene. „Befehl, Doktor.“
„Wessen Befehl?“
„Ihr eigener. Sie sagten, sie könne keinen Ton von sich geben. Es war die einfachste Art, es herauszubekommen. Sie sprach kein Sterbenswort.“
Cameron wandte sich zum General, merkte aber, daß er von ihm keine Hilfe zu erwarten hatte. Judd starrte unberührt vor sich hin. Der Arzt ergriff das Skalpell und stieß es wütend in den Schenkel des Mädchens. Sie schaute ihn mit Tränen in den Augen an, bewegte sich aber nicht.
„Plastik – wie jeder Narr feststellen kann.“ Sein Ärger wuchs. „Laß sie frei!“
Der Soldat grüßte steif und verließ hinter dem Mädchen den Raum.
„Ich habe ein Anliegen an Sie“, sagte Docchi.
„Selbstverständlich“, lachte der General zynisch. „Wir sind geneigt, Ihnen alles zu geben, was Sie wünschen. Wenn es nicht verfügbar ist, senden wir natürlich Leute aus, um es zu besorgen.“
Docchi grinste über das ganze Gesicht. „Sie werden uns nun bald verlassen – sehr bald und ohne Nona. Lassen Sie ein paar Schiffe hier. Sie brauchen sie nicht alle. Aber wir werden sie benötigen, wenn wir ein anderes System erreichen.“
Der General wollte antworten, aber der Zorn verschlug ihm die Sprache.
„Sagen Sie nichts, was Sie bereuen könnten“, ermahnte Docchi ihn. „Was werden Sie berichten, wenn Sie nach Hause kommen? Können Sie Ihren Vorgesetzten sagen, daß Sie alles in bester Ordnung verließen und abflogen, als noch immer Zeit war, die Suche fortzusetzen? Oder wäre es nicht günstiger, ihnen zu erzählen, daß Sie bis zur letztmöglichen Minute blieben – so lange, daß Ihre Leute schnellstens abtransportiert und einige Schiffe hinterlassen werden mußten? Denken Sie gut darüber nach. Ich spreche in Ihrem eigenen Interesse.“
Außer sich vor Wut, verließ der General das Zimmer, langsam gefolgt von Cameron. Docchi atmete auf bei dem Gedanken an den nahen Sieg – er achtete nicht darauf, wohin die beiden gingen.
*
Der General und seine Leute waren abgeflogen. Die Sonne war jetzt nur noch ein Stern und unterschied sich kaum mehr von den vielen anderen. Der Asteroid selbst schien sich verändert zu haben, er schien geräumiger als zuvor und nicht mehr so trüb. Der Grund dafür war leicht zu erklären – eine kleine Welt hatte sich gebildet, ein winziges, in sich abgeschlossenes System.
„Ich denke, wir schaffen es“, sagte Docchi. „Wir haben Energie, und der Sauerstoff läßt sich ergänzen. Zwar werden wir Nährpflanzen anbauen oder Nahrungsmittel herstellen müssen, aber schließlich wurde der Ort daraufhin eingerichtet. Es ist eine Menge Arbeit, alles wieder in Ordnung zu bringen – aber wir wollten ja schon immer mal etwas zu tun haben, was außerhalb der Routine liegt.“
Sie saßen neben Antis Tank, der wieder auf seinem alten Platz stand.
„Wir werden darüber nachdenken, wie wir Anti das Leben im Becken ersparen können“, sagte Jordan. „Wenn Nona zurückkommt, ist es vielleicht möglich, einen Platz ohne Schwerkraft herzustellen, um es für Anti etwas bequemer zu machen.“ „Ich kann warten“, warf Anti ein. „Ich bin darin geübt.“
Und da war Nona! Frisch und ausgeruht kam sie auf die drei zu. Woher wußte sie, daß sie in Sicherheit war? Sie mußte sich ganz in der Nähe versteckt gehalten haben, um die Soldaten abfliegen zu sehen.
„Wo warst du?“ fragte Docchi, ohne eine Antwort zu erwarten. Sie lächelte – und einen Augenblick lang glaubte Docchi, sie habe ihn verstanden.
„Wir müssen einen festen Plan machen, wenn wir die ganze Arbeit bewältigen wollen“, sagte Jordan. „Ich bin dafür, daß wir uns am besten gleich auf den Weg machen.“
Docchi mußte ihm recht geben. Er folgte Jordan, der sich von einem kleinen Spezialroboter davontragen ließ.
Wohin er sah, war alles durcheinander – in wilder Unordnung, obgleich nicht allzuviel zerstört schien. Aber es gab noch mehr Schwierigkeiten. Der Asteroid war für eine derartige Expedition nicht ausgerüstet, und sie mußten sich jetzt alles Notwendige selbst zusammenbasteln. Einige Nahrungsmittel waren regelmäßig geliefert worden – sie mußten durch andere Stoffe ersetzt werden. Bequemlichkeit und Luxus konnten sie entbehren, denn sie besaßen jetzt
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