Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
standen fünf oder sechs Chapter auf und verließen geschlossen die Veranstaltung.
Wir fuhren gemeinsam in unser Clubhaus nach Gelsenkirchen, und schon unterwegs erreichte uns die Nachricht von Armin, dass wir sofort zurückkehren sollten, andernfalls würde man uns aus dem Club schmeißen. Aber diese Ansage beeindruckte keinen. »Dann schmeißt uns eben raus«, lautete die lapidare Antwort, und dann zogen wir uns in Gelsenkirchen zu weiteren Beratungen zurück.
Der Bandidos MC Germany stand also im Jahr 2002 vor einer ersten richtig großen Zerreißprobe. Die Chapter Bonn und Lahr schmissen nach dieser Aktion tatsächlich hin und wechselten zu Rot-Weiß und auch Peter und ich fragten uns in diesen Tagen immer wieder, wie es mit uns weitergehen sollte. Der Bandidos MC war unser Baby und in diesem Club waren unsere Freunde. Wir waren schließlich mit 180 Mann, von denen wir viele über Jahre kannten und auch schätzten, 1999 zu den Bandidos gewechselt. An dieser Sache hingen langjährige Freundschaften, die man nicht so einfach aufgab.
Natürlich haben auch Les und ich recht bald ein Angebot von den Anglern bekommen, aber dieser Farbenwechsel kam für uns nun schon gar nicht infrage, obwohl wir genügend Gründe hatten, auf die alte Clubführung in Dänemark und vor allem aber auf unseren neuen Boss Diesel sauer zu sein. Die Luft war ein wenig raus, aber uns war auch klar geworden, dass die Familie ja eigentlich die gleiche blieb. Nur das Oberhaupt war ein neues und mit dem mussten wir, wenn wir es nicht wollten, auch gar nicht mal so viel zu tun haben. Wir hatten unser Chapter in Gelsenkirchen und das war – Diesel hin oder her – auch nach dieser fragwürdigen Aktion eine geile Truppe. Und so beschlossen Peter und ich, bei den Bandidos zu bleiben. Unser großer Intrigant indes traute sich noch nicht einmal mehr nach Gelsenkirchen …
Einen Club tauscht man nicht einfach gegen einen anderen aus. Wenn wir bei den Bandidos rausgegangen wären, dann hätten wir unser Rockerdasein vollständig quittiert. Aber das war nun einmal unser Leben. Alles, was wir bis dahin gemacht hatten, war auf unseren Rockertraum ausgerichtet. Auf nichts anderes – und Lebensträume gab man so schnell nicht auf.
Der Boss
von Peter M.
Für Les war diese Geschichte verdammt hart, auch wenn er sich nicht allzu viel anmerken ließ. Es ging ihm gar nicht um den Posten oder um die Schulterklappen – es war die Art und Weise. Du kannst als Rocker nicht Bruderschaft, »Einer für alle – alle für einen« und solche Dinge predigen und dann deine Brüder dermaßen abzocken. Und auf diesen Diesel sollten wir uns verlassen, wenn es mal eng wurde? Das Vertrauen auf die Brüder, auf die Gemeinschaft und auf jeden Einzelnen ist einer der Grundpfeiler eines jeden Motorradclubs. Was konnten ich oder irgendein anderer von uns denn von diesem Diesel erwarten? Und was durfte er nach diesem Schurkenstück überhaupt noch von uns, seinen Brüdern, erwarten?
Nun, unsere Erwartungen hinsichtlich dieses Mannes wurden leider schon bald bestätigt, und was wir da zu hören bekamen, war nichts Gutes. Es war genau das eingetreten, was man von Menschen seines Schlages erwarten durfte: Er fing damit an, seinen Titel und die damit verbundene Machtposition auszunutzen.
Der Kollege führte nach seinem »Handstreich« den Club rund eineinhalb Jahre auf seine Art. Ohne Wissen von Käse, der zum zweiten Vice-Presidente in Deutschland ernannt worden war, trieb er seine Spielchen. Wir selbst mischten uns nicht groß ein, sondern zogen uns in unser Chapter Gelsenkirchen zurück. Les, der vormals der mächtigste Bandit in Deutschland gewesen war, lief als ganz normales Member und Vize im Chapter mit. Wann immer wir doch einmal auf Diesel trafen, weil es nicht zu vermeiden war, hielt er uns stets vergeblich seine Hand zur Begrüßung hin. Wir waren nur mehr noch Bandidos in Gelsenkirchen. Wir fühlten uns weder Deutschland noch Europa zugehörig oder gar verpflichtet – wir hatten unser Chapter, und zwar ein gutes. Mehr brauchte es nicht mehr.
Diesel war weiterhin gut in Dänemark angesehen und genoss von der dortigen Europaführung die volle Rückendeckung, und das schien ihm im Kreise seiner paar Freunde und Lakaien in Deutschland dann auch zu genügen. Vielleicht wusste er auch einfach nicht, dass man sich sein Ansehen erarbeiten oder erkämpfen muss und nicht erschleichen kann. Die Ära Diesel ging ihren Weg, bis unser Deutschlandchef wegen irgendeiner Lappalie in
Weitere Kostenlose Bücher