Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
so sind, wie sie sich für uns darstellen. Die Behörden sollen meinetwegen so viele Razzien machen, wie sie wollen – es wäre jedoch auch einmal ganz interessant zu erfahren, was die massiven Einsätze gegen die sogenannte Rockerkriminalität kosten und was sie am Ende des Tages eingebracht haben. Solche Rechnungen gibt es ja beispielsweise im Bereich der Steuerfahndung. Dort lässt sich relativ leicht errechnen, was ein Beamter an Steuermehreinnahmen reingeholt hat. Wenn ein solcher Fahnder 60.000 oder 70.000 Euro im Jahr kostet und ein oder zwei Millionen einspielt, ist das doch eine feine, einfache Rechnung. Bei den Maßnahmen gegen Rockerclubs leuchtet mir das noch nicht so richtig ein.
Gerade Anfang 2013 habe ich von einer interessanten Geschichte aus der Schweiz gehört, wo ja eine vergleichbare Treibjagd gegen Rockerclubs veranstaltet wird. Gut, die Ermittlungen richteten sich in diesem Fall gegen die 81er, und was sollten mich die eidgenössischen Angler überhaupt interessieren. Aber die Sache ist eben fast mustergültig und deshalb auch erwähnenswert.
In der Schweiz wurde acht Jahre lang gegen Rot-Weiß ermittelt. Es wurden Wanzen in Clubheimen und Wohnungen einzelner Member installiert und mehr als 8000 Stunden abgehörte Telefongespräche gesammelt. 8000 Stunden! Die Angler in der Schweiz waren völlig arglos und plauderten jahrelang munter drauflos. Keiner hatte den Verdacht, dass die Polizei lauschen könnte. Und nachdem alles ausgewertet worden war, kam es zu drei – wie es dort heißt – »bedingten Verurteilungen«. Also drei Bewährungsstrafen wegen unerlaubten Waffenbesitzes, kleinen Mengen Drogen oder sonst was. Drei Bewährungsstrafen nach acht Jahren und 8000 Stunden Telefonprotokollen. Und so ähnlich sieht es halt leider auch bei uns aus. Nur redet man nicht über eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Es wird einfach mit großem Kaliber geschossen, daraus werden große Schlagzeilen gesponnen, die häufig keinen Bestand haben, und am Ende fragt keiner nach, was dieser Feldzug eigentlich gekostet hat. Polizeiarbeit muss nicht immer gewinnbringend sein – aber zielgerichtet und sinnvoll. Ich will nicht unken, aber wenn das heutzutage tatsächlich die erwünschte Effizienz von Ermittlungsbehörden ist, dann würde ich mir als normaler Bürger in diesem Land so langsam, aber sicher wirklich Sorgen machen …
Wir wollen auch an keiner Stelle den Eindruck erwecken, dass wir die guten, braven und harmlosen Jungs sind, die sich am Feierabend mal eben eine Kutte anziehen und in der Freizeit ein bisschen Rocker spielen. Mitglieder von Outlaw - Motorcycle - Gangs haben mit Sicherheit ein anderes Verhältnis zu Gesetz und Ordnung. Das aber heißt eben nicht, dass jeder automatisch ein Krimineller ist.
Wenn man eben wie Peter und ich auf der Straße groß geworden ist, hat man in vielen Belangen eine andere Sicht der Dinge. Das Thema Gewalt beispielsweise hat für uns nicht diese Dimension, wie sie es für den Normalbürger hat. Wir haben auf der Straße gelernt, dass sich mit Gewalt sehr viel regeln lässt. Dass man einen Gegner wegklatscht, ist für uns mehr oder weniger normal. Das bedeutet aber eben nicht, dass Peter, ich oder unsere anderen Brüder nun ständig wie in einem Cowboyfilm Leute umhauen. Es muss ja in den letzten Jahren das Bild von marodierenden Banden entstanden sein, die regelmäßig in Städte einfallen und jegliche Gesetze ignorieren.
Welche Gefahr bilden denn die Motorradclubs für den normalen Bürger? Fallen Rocker über einfache Menschen auf der Straße her? Überfallen sie Frauen, Kinder, Rentner oder ausländische Touristen? Ziehen sie vergewaltigend durchs Land? Überfallen Rocker Banken, Tankstellen oder Gemüsehändler? Richten sie ausländische Bürger mit Kopfschüssen hin oder zünden sie Asylbewerberheime an? Hätte man darüber nicht vielleicht schon mal etwas gelesen, wenn es hierfür Verdachtsmomente oder gar Belege gäbe?
Dass wir unsere Rechnungen begleichen, wenn wir getankt haben, ist natürlich langweilig und nicht der Rede wert. Auch nicht, dass wir im Supermarkt und beim Metzger an der Kasse wie jeder andere auch unsere Einkäufe bezahlen. Wir zapfen nicht heimlich Stromleitungen an und wir drohen auch den Mitarbeitern von Finanzämtern, die von uns die gängigen Steuersätze erwarten, nicht mit dem Verlust von Kniescheiben oder Jochbeinen.
Es mag den einen oder anderen Leser enttäuschen oder verwundern, dass wir unsere Kinder ganz normal einschulen und
Weitere Kostenlose Bücher