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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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majestätischen Räume geschritten, die immer leicht nach Urin rochen, weil es sich die ungeduldigen Höflinge zur Gewohnheit gemacht hatten, sich in den vergoldeten Ecken und hinter den beschnitzten Türen zu erleichtern. Zu ihrer Rechten wand sich die Seine mit leisem Rauschen in ihrem Bett und bahnte dem Nachtwind den Weg, der hier kälter und stärker wehte.
    Mara taten die Füße weh, und sie war müde, ihre Aufmerksamkeit ließ zugleich mit der Gefahr nach. Sie merkte, daß sie sich dem Ende des Palastflügels näherten und zu einer weiteren der vielen Seinebrücken, der Pont Neuf, sowie der dazugehörigen Querstraße gelangten, aber all das machte ihr nur wenig Eindruck.
    Der Haufen schien aus dem Boden zu wachsen, brodelte aus einer Kellertreppe hervor, die zu dem Lager eines Geschäftes führte. Obwohl es nur wenige an der Zahl waren, nicht mehr als ein Dutzend, war es die bizarrste Gruppe, die ihnen bislang begegnet war. Sie hatten sich die Gesichter wie Indianer bemalt, und sie fuchtelten drohend mit Beilen und Messern in der Luft und wirbelten Fackeln herum, wobei sie schrecklich heulten und schrien. Sie waren mit Frauenkleidung behängt, Unterröcken und Unterhosen, und an ihren Gürteln schaukelten silberne Vasen und Kaffeekannen.
    Es gab keine Möglichkeit, ihnen auszuweichen, und ihnen davonzulaufen war hoffnungslos. Bewaffnet, wie sie waren, war es ein selbstmörderischer Gedanke, sich den Weg freizukämpfen, obwohl Roderic das unter Umständen versucht hätte, wäre er allein gewesen. So aber hielt er an und schirmte Mara mit seinem Körper ab.
    Und dann, als der plündernde Mob direkt auf sie zukam, hob der Wind seinen Umhang hoch, so daß seine weiße Hose mit den Zierstreifen und die polierten Stiefel zu sehen waren. Einen Augenblick lang glänzten die Epauletten und Stickereien auf seinem Umhang königlich.
    Schnell und präzise wie bei einem Exerziermanöver wirbelte Roderic herum und fing Mara in seinem rechten Arm auf. Mit seinem linken nahm er ihr Kinn und hob es an. Sein Mund stieß herab auf ihre weichen offenen Lippen. Einen Augenblick lang war sie fassungslos, dann begann ihr Herz unter den Rippen zu pochen, und Verstehen flammte in ihr auf. Sie rang sich ein leises Stöhnen ab und hob die Hand, um mit ihren Fingern durch sein Haar zu fahren, sie durch die golden-seidigen Strähnen zu ziehen, während sie sich gegen ihn preßte.
    Ein, zwei grobe Späße wurden in ihre Richtung gerufen. Man rempelte sie an, als ein paar Männer aus der Gruppe stehenblieben und sie anstarrten. Sie schenkten ihnen keine Aufmerksamkeit.
    »Lehnen Sie sich an mich«, flüsterte Roderic, und mit dem langsamen Schritt der von der Liebe Bezauberten geleitete er sie den Pfad hinab, der unter den Brückenbogen führte. Paris hatte seit jeher unermeßlichen Respekt vor Liebenden. Die Plünderer ließen sie gehen.
    In der Dunkelheit blieb Roderic stehen und lauschte mit nach oben gewandtem Gesicht. Die Gruppe zog weiter über die Brücke. Nach einem Moment hörte man noch ein paar Flüche und gebrüllte Grobheiten, dann polternde Schritte, als die Nachzügler losliefen, um die anderen einzuholen. Stille.
    Mara wandte sich blind an Roderic, grub ihre Hände in seinen Umhang und barg ihr Antlitz an seiner Brust. Sie zitterte tief in ihrem Innersten, und jene verborgenen Schauer schmerzten mehr noch als das ärgste Zittern. Seine Arme schlossen sich warm und stark um sie. Schweigend hielt er sie im Dunkel, stemmte die Beine fest gegen den Boden und gab ihr von seiner unerschöpflichen Kraft. Seine Berührung war voller Hingabe und Annahme, ohne jede Spur der widerstrebenden Härte, die auf Zorn schließen läßt.
    Ein Schluchzer stieg aus ihrer Kehle auf. Sie löste sich von ihm. »Ich muß Ihnen verraten, was ich getan habe.«
    »Nicht nötig. Ich habe einiges belauscht, das Übrige weiß ich.« Er hielt inne und fuhr dann fort. »Ich weiß nicht, woher ich es weiß, aber ich könnte nicht mehr Gewißheit haben, wenn Sie, in einem winzigen Augenblick während unserer Begegnung bei de Landes, ein Teil von mir und Ihre Gedanken die meinen gewesen wären.«
    Ihre Mutter hatte eine eigenartige Gabe, das zweite Gesicht, besessen. Sie konnte nicht darauf vertrauen, sie ebenfalls zu besitzen. »Nein, lassen Sie mich -«
    »Später«, flüsterte er und senkte seinen Mund auf ihre Lippen, diesmal mit der Sanftheit einer Segnung.

18. Kapitel
    Sicherheit und Wärme und abschirmende Dunkelheit hüllten sie ein. Im Augenblick war

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