Zigeunerprinz
sie rückwärts auf das Bett, und seine andere Hand schloß sich um die weiche Wölbung ihrer Brust, knetete sie langsam und immer fester.
Der leise Laut, den sie von sich gab, wurde von dem lauten Krachen übertönt, mit dem die Tür aufgesprengt wurde. Roderic sprang herein, eine Pistole in der Hand, und kam vor ihnen zu stehen, so daß sein schwerer Umhang um seine gespreizten, gestiefelten Beine flog. Sein Gesicht war zu einer Maske erstarrt. Ihm folgte Michael, der halb geduckt zur Seite sprang und ebenfalls eine Pistole in der Hand hielt.
»Gemütlich wie zwei Bauersfrauen, die beim Buttern tratschen«, höhnte Roderic. »Nimmt es da Wunder, daß die Milch der Menschlichkeit so sauer ist?«
Fluchend sprang de Landes von Mara weg. Sie erhob sich langsam. Alle Farbe wich aus ihrem Antlitz, um sogleich wieder zurückzufluten. Wieviel hatte er gehört? Es war unmöglich, daß er verstehen konnte, und doch flehte sie, gepeinigt in ihrer Not, daß er sich wenigstens um Verständnis bemühte.
Er blickte von de Landes zu ihr. Seine kobaltblauen Augen trafen auf ihren weichen, flehenden dunklen Blick. Die Falte, die seine Brauen trennte, verflachte sich unmerklich. Er wirkte fast erleichtert, und es schien, als würde Mara in der schattigen Düsternis des Zimmers ihre kühlen Finger ausstrecken und die empfindsame Oberfläche seines Geistes erreichen. Er ließ die Berührung geschehen, verarbeitete ihre Fremdheit, ihr grenzenloses Vertrauen und die vorsichtige Hingabe und wandte sich dann in kaltem Verdacht ihr zu.
»Was sagten Sie, bevor wir Sie so grob unterbrachen?«
»Nichts, wieso? Nur Allgemeinplätze«, antwortete sie und setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Wie haben Sie mich überhaupt gefunden?«
»Das Haus stand seit Tagen vorsichtshalber unter Bewachung. Die Wachen sahen, wie Sie fortgeschleppt wurden, und folgten, um festzustellen, wohin man Sie brachte, und holten mich dann.«
»Aber als Juliana verschwand -«
»Habe ich Ihnen nicht genug vertraut, als Sie sagten, sie hätte das Haus nicht verlassen. Mein Fehler. Es reicht. Gehen wir. Es sei denn, Sie haben vor zu bleiben.«
Durch seine Ungeduld spürte sie die stählerne Entschlossenheit, sie mitzunehmen. Sein Benehmen oder seine Worte verrieten keinerlei Sorge um sie oder Gefallen daran, daß er sie gefunden hatte. Er hätte nicht offenkundiger machen können, daß lediglich Zweifel an ihrer Verschwiegenheit und bloßes Pflichtgefühl ihn hierhergebracht hatten. Sein Benehmen war wie eine Ohrfeige, aber zugleich war ihr auch bewußt, daß es keine bessere Methode gab, de Landes davon zu überzeugen, daß sie die Wahrheit gesagt hatte.
Mara ging auf die Tür zu. Michael schenkte ihr ein kurzes Lächeln und wich in den Hausflur zurück. Als sie die Tür passiert hatte, folgte ihr Roderic, ohne die Augen von de Landes zu nehmen. Sobald sie draußen waren, drehte sich der Prinz um, schlug die Tür zu und drehte den Schlüssel, der im Schloß steckte. Am anderen Ende des Ganges stand eine zweite Tür offen, und hinter dem Spalt war die fette Frau zu sehen. Roderic warf einen kurzen Blick in ihre Richtung und steckte den Schlüssel ein.
Sie durchquerten den Gang und gelangten zu einer baufälligen Treppe, polterten sie hinunter bis zum Absatz und eilten dann weiter zur nächsten Treppe. Hinter ihnen begann de Landes zu schreien und gegen die Tür zu donnern. Sie schenkten dem Lärm keine Beachtung. Im Laufen zog Roderic den Umhang von seinen Schultern und legte ihn um Mara, um dann einen festen Arm um ihre Taille zu legen und sie weiterzuschieben. Noch eine Treppe, noch eine, dann wa-ren sie draußen in der kalten, frischen Luft und der hereinbrechenden Nacht.
»Können Sie gehen?« wollte Roderic wissen. »Eine Pferdekutsche wäre zu auffällig in dieser Nacht, wo so viele zu Fuß unterwegs sind.«
»Es geht schon wieder«, antwortete sie knapp und eilte neben den beiden Männern her, die sich mit langen Schritten von dem Haus entfernten, in dem man sie gefangen gehalten hatte.
»Wieder?« fragte Michael und warf ihr einen hastigen, fragenden Blick zu.
»Man hat mich festgebunden. Die Fesseln waren zu straff.«
»Und Sie haben de Landes überredet, sie Ihnen abzunehmen? Welche Nerven; ich bin voller Erstaunen. Und Bewunderung. Sie nicht, Roderic?«
»Beides, unermeßlich.« Roderic suchte die Straße vor ihnen ab und schaute sie nicht an.
Sein distanziertes Benehmen traf sie wie ein Schlag. Sie atmete tief ein und sagte: »Ich muß Ihnen
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