Zigeunerprinz
sie gekümmert. Er hat einige Fertigkeit darin entwickelt.«
»Männer haben gewöhnlich nichts im Krankenzimmer einer Dame zu suchen.«
»Manche Männer«, korrigierte sie nachsichtig. »Es gibt auch welche, die sich nicht vor der Gebrechlichkeit fürchten, die jede Aufgabe auf sich nehmen.«
Andre wollte sich nicht besänftigen lassen. »Trotzdem wünsche ich, mit meiner Tochter zu sprechen. Ich muß darum bitten, mit ihr allein gelassen zu werden.«
Roderic sah ihm in die Augen. »Mara ist nicht in der Verfassung, lange über die Ereignisse zu diskutieren, die sie bereits einmal in einem Brief an Sie dargelegt hat.«
»Aber sie ist anscheinend in der Verfassung, die groben Aufmerksamkeiten zu ertragen, die Sie ihr aufgezwungen haben? Ich sollte Satisfaktion fordern!«
Ein Duell. Der Gedanke entsetzte Mara. »Papa, nicht! Roderic -«
»Ich stehe zu Ihrer Verfügung, Monsieur. Allerdings wäre es vielleicht hilfreicher, wenn Sie mit mir in meinen Salon kommen würden, wo ich versuchen werde, jede Frage zu beantworten, die Sie mir stellen wollen.«
»Ausgezeichnet, ich ziehe allerdings die Wahrheit vor.«
Angespannte Stille lag über dem Zimmer. Die Spannung vibrierte in der duftbeladenen, überhitzten Luft. Es war eine schwere Beleidigung, die wohl jeder andere Mann zu jeder anderen Zeit mit einer Aufforderung zum Duell beantwortet hätte. Mara faßte Roderic am Arm, und in ihren Augen standen Tränen der Pein.
Er enttäuschte sie nicht. In gleichmütigem und bedachtem Tonfall antwortete er: »Natürlich werde ich die Fakten nur so weit berichtigen, daß Sie eine bessere Meinung von mir bekommen, Monsieur.«
Mara sah ihren Vater an. »Es ist viel wahrscheinlicher, daß er die Wahrheit verbergen wird, um mich zu schützen, und dabei alle Schuld auf sich nimmt. Aber wenn du ihn trotzdem anhören willst - es gibt niemanden, der besser erklären könnte, was vorgefallen ist.«
»O ja, ich weiß«, erklärte Andre und warf die Hände in einer widerwillig kapitulierenden Geste hoch. »Eine Erklärung voll hochgestochener Worte und Phrasen, so daß man das Fleisch darin suchen muß wie Reste im Gebiß eines Drachens. Aber wenn er über eine Beleidigung hinwegsehen kann, die ihm unberechtigterweise in seinem eigenen Haus zugefügt wurde, dann sollte ich ihm zumindest Gehör schenken.«
Ihr Vater trat ans Bett, umarmte sie ungelenk und vorsichtig wegen ihrer Verletzung und drückte einen Kuß auf ihre Stirn. Mit trotzigem Blick in Roderics Richtung versprach er, später wiederzukommen, und verließ zusammen mit dem Prinzen das Zimmer.
Mara schaute ihnen nach, einem aufrechten, großen, goldenhaarigen Mann und einem beleibten, ergrauenden und ihr unendlich teuren. Tränen rannen über ihre Wangen.
Angeline blieb zurück, kam zu ihr, um die Decke geradezuziehen, stellte Roderics Mandoline beiseite und zog Maras Buch unter einem zusätzlichen Kissen hervor. Ihre Geschäftigkeit war taktvoll. Mara wischte sich die Augen mit einem Bettzipfel ab, voller Ungeduld über ihre eigene Schwäche und wandte sich an die ältere Frau.
»Glauben Sie, sie werden sich schlagen?«
»Sie werden einander herausfordern, aber es dürfte nicht gefährlich werden, solange Roderic nicht die Selbstkontrolle verliert.«
»Aber muß er das nicht, nach einer solchen Provokation?«
Angeline hielt inne und schenkte ihr ein warmes Lächeln. »Sie sollten das besser als jeder andere wissen. Niemand sonst, würde ich vermuten, hat ihn mehr herausgefordert.«
»Ich hätte gedacht, sein Vater -«, setzte Mara an, dann hielt sie inne, weil der Kommentar kaum als Kompliment gelten konnte.
»Nun ja, aber Sie haben Fähigkeiten - was die Herausforderung angeht -, die Rolf fehlen.«
Mara lächelte sie schwach an, dann widmete sie ihre Aufmerksamkeit einem imaginären Fussel auf der Bettdecke. »Wo ist der König?«
»Als Mann von Diskretion und mit höchst unangenehmem Instinkt für drohenden Ärger hat er es mir überlassen, Ihren Vater allein zu begrüßen.«
»Es macht ihm nichts aus, daß er hier ist, hoffe ich?«
»Was das betrifft, vielleicht, aber das werde ich nie erfahren, solange er nicht vermutet, daß mich seine mangelnde Eifersucht unglücklich macht.«
Mara sank in die Kissen zurück und sah zu dem Baldachin über ihrem Bett auf. »Sind er und sein Sohn denn nie direkt und geradeheraus?«
»O doch, und zwar meist, wenn andere Menschen gewisse delikate Umschreibungen wählen würden.«
Mara verzog das Gesicht. »In jenen
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