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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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er sich, ja, ja doch, ich bin hier auf Mulano, und das ist der Platz, an dem sich Yakoub versteckt. Dieser Mann da, der sieht aus wie Yakoub, und sonst lebt niemand auf diesem Planeten, und deshalb muss der Mann da Yakoub sein … Aber vielleicht dachte er ja überhaupt nicht so, dachte überhaupt nichts. Er war dermaßen jung und dermaßen hübsch, dass ich ihn wahrscheinlich deshalb unterschätzte (argwöhne ich jedenfalls heute).
    Schließlich brachte er eine Antwort zustande: »Da gingen überall zwei Gerüchte um. Nach dem einen, da solltest du tot sein, nach dem anderen – hast du dich auf einen Planeten außerhalb des Reichs abgesetzt.«
    »Und welches von den beiden Gerüchten möchtest du lieber glauben?«
    »Da gab es überhaupt niemals einen Zweifel. Yakoub wird immer und ewig leben.«
    Ach-du-lieber-Himmel! Ein schwerer, ein hochakuter Fall von Heldenverehrung! Und wie der Kleine sich abmühte, nicht zu zittern! Hastig schlug er nacheinander drei der Körpersignale, die respektvolle Ehrerbietung ausdrücken, eins nach dem anderen, ohne Unterbrechung, und eines davon hatte ich seit mindestens vierzig Jahren nicht mehr gesehen. Und da tauchten in mir Zweifel auf, ob er tatsächlich so jung sei, wie er aussah, oder ob er vielleicht nur ein geschicktes Remake war. Dann aber begriff ich, der Kleine musste jung sein. Es gibt da diesen Ausdruck von ehrfürchtiger Hingerissenheit in den Augen junger Männer, wenn sie sich echter maskuliner Kraft und Autorität konfrontiert sehen, und das lässt sich einfach nicht vorspiegeln, und es kann auf gar keinen Fall jemals durch Remake-Künstler in einem Mann über dreißig rekonstruiert werden. Der Junge da, der hatte diesen Blick in den Augen. Er war sich bewusst, dass er vor einem König stehe – und dieses Wissen machte ihn ein bisschen weich in den Knien.
    Er sagte, er heiße Chorian und stamme von einer Welt namens Fenix im System Hadj Qaldun, und er sei ein Rom aus der Kalderash-Sippe. Und dies ist natürlich auch meine eigene Sippe. Dann sagte er mir noch, er habe mich seit mindestens drei Jahren aufzuspüren versucht.
    Keine dieser Informationen war für mich von besonderem Interesse. Die leise Erregung, die ich bei seinem Erscheinen verspürt hatte, legte sich wieder, und nach ein paar Atemzügen war ich wieder vollkommen gelassen, wandte ihm den Rücken zu und fischte weiter.
    An dieser Gletscherstelle war das Eis völlig klar und durchsichtig, und man konnte die langgestreckten Tubusformen der Würzfische gut sehen, die rote Spielart, aber auch die weitaus vorzüglichere Türkisvariante, wie sie fröhlich in fünfzig Metern Tiefe unter dem Eisfluss dahinflitzten. Ich hatte da drunten ein Vibratornetz abgesetzt, und es schwebte zitternd in den Molekularströmen.
    Der Junge sagte: »Der Herr Sunteil befahl mir, dich zu finden.«
    Und diese Information war allerdings wirklich interessant. Vor meinem geistigen Auge tauchte Sunteils Bild auf: der Favorit des Kaisers, das Püppchen, seine rechte Hand, der zum Nachfolger erklärte Günstling, glatt und glitschig und vielleicht auch ein wenig grauenerregend. Ich wandte den Kopf über die Schulter und betrachtete Chorian mit einem langen, bedächtigen und sehr kühlen Blick.
    »Du bist ein Diener des Reiches, nicht wahr?«
    »Nein, das bin ich nicht«, sagte er. »Ich stehe im Sold des Herrn Sunteil.« In seiner Stimme klang eine verdeckte Mahnung mit. »Das ist nicht das gleiche.«
    Ja, ich hatte den Burschen tatsächlich unterschätzt. Denn da bestand wirklich ein Unterschied, und er hatte ihn fein und höflich ausgedrückt: Er hatte sich von jemandem bezahlen lassen, aber er hatte sich dabei nicht verkauft. Am liebsten hätte ich den Jungen in meine Arme genommen. Das Blut der Roma, finde ich manchmal, war zwar ziemlich dünn geworden, aber wenn dieser Bursche da irgendwie symptomatisch war, dann floss in den Adern meines Volkes doch immerhin noch kein Wasser. Außerdem sagt man den Fenixern ganz allgemein (und völlig berechtigterweise) nach, sie seien recht glatt und schlau. Sogar ich hatte mich von Chorians scheinbarer Naivität irreführen lassen.
    Allerdings gab ich ihm nicht das geringste Signal meiner Zustimmung. Ich wollte nicht, dass der Kleine zu schnell allzu selbstgefällig werde. Die Gefahr liegt nämlich für uns Roma allzu nahe; wir lernen die armen Gaje übers Ohr zu hauen, bevor wir uns die Milchzähne ausgebissen haben, und wenn wir dabei merken, wie leicht so etwas ist, kann das zur

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