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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Maris, der Globetrotter und ehemalige Kosmonaut Friedrick Solokov. Mit Freds Anwesenheit hatte Mari nicht gerechnet, obwohl er Dr. Hillis auf vielen seiner Reisen begleitet hatte. Maris jetzige Flamme, das Model, merkte, daß sich zwischen ihr und Fred Solokov wieder etwas anbahnte, und schäumte vor Eifersucht.
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Nun, bei Gelegenheit nehme ich deinen jungen Freund zu einem ausführlichen Gespräch beiseite. Er hat den Ehrgeiz, Schauspieler zu werden, sagst du? Unser Ensemble sucht ständig nach neuen Gesichtern.«
    »Mein lieber Manfred«, seufzte sie, »wie gut du dich in meine Situation hineinversetzen kannst. Du siehst sehr flott aus heute. Ich bewundere dein Plastron. Ein ganz reizender Effekt. Bindest du es selbst oder benutzt du dazu eine Maschine?«
    »Ich gestehe«, erwiderte ich, »daß dieses Plastron molekular vorstrukturierte Falten hat.«
    »Oh«, ließ sich Claire Berger vernehmen, »wie primitiv!«
    Ich wechselte das Thema. »Was macht Leona?«
    »Ach, die arme Leona«, entgegnete Mari. »Du weißt doch, wie sehr sie die Einsamkeit liebt. Nun ja, während der Vorbereitungen für das Fest durchstreift sie diese grandiosen Cañons … erklettert Felsnadeln, von denen sie dann hinabschaut auf die Nebelschwaden des wild dahinbrausenden Flusses … Ihr Vater fühlt sich gar nicht wohl.« Bedeutungsvoll sah sie mich an.
    »Hmm.« Es war kein Geheimnis, daß sich Dr. Hillis' exzentrisches, ja zuweilen grausames Wesen mit zunehmendem Alter immer stärker ausprägte. Er selbst hat die neue Gesellschaft, die er mit seinem beachtlichen Werk entstehen half, nie verstanden. Es ist wie einer dieser ironischen Streiche, an denen Du Dich so sehr ergötzen kannst, mein lieber MacLuhan.
    Aber meine Leona hatte unter seinem reaktionären Starrsinn zu leiden, deshalb verging mir das Lachen. Die arme Leona, die ihm im Alter eine Stütze sein sollte, wurde von ihm zu einer Industrieprinzessin erzogen. Sie lernte, mit Gewinn- und Verlustrechnungen und Vierteljahresberichten umzugehen, ihr Vater verlangte von ihr eiserne Disziplin und unermüdlichen Fleiß. Er gebärdete sich, als wolle er sie zu einem spanischen Konquistador ausbilden. Nur ihrem unbestechlichen Geist verdanken wir es, daß sie soviel für uns getan hat.
    »Man sollte nach ihr suchen«, meinte Mari.
    »Sie hat ihren Codeschlüssel bei sich«, hielt Claire ihr entgegen. »Sie kann sich nicht verirren, es sei denn, sie will es so.«
    »Entschuldigt mich bitte!« sagte ich, während ich mich erhob. »Es wird Zeit, daß ich unseren Gastgeber begrüße.«
    Ich betrat das Innere der Kuppel. Vom Kamin her, in dem sich noch die kalte Asche eines Holzfeuers häufte, duftete es angenehm nach Harz. Ich bewunderte die Einrichtung: Sitzmöbel aus Büffelleder und farbenfrohe Webdecken, Hopi-Handarbeit, die alte Computermuster aufgriffen. Durch wabenförmige Dachluken fiel Licht auf einen Fußboden aus grobkörnigem maskulinen Sandstein.
    Geführt von meinem Codeschlüssel, erreichte ich einen entzückenden Innenraum im zweiten Stock, wo ich mein Gepäck abstellte. Staunend sah ich mich um. An den weißgetünchten Wänden hingen kuriose bäuerliche Gerätschaften, geodätisch ausgerichtete Stützbalken aus roh gezimmerter Eiche trugen die Decke.
    Den alten Hillis traf ich drunten im Gemeinschaftsraum, zusammen mit zweien seiner senil anmutenden Kumpane. Erschrocken bemerkte ich, wie stark er gealtert war. Mit der fahlen Haut und den eingefallenen Wangen wirkte er wie ein todkranker Mann.
    Er saß in seinem Rollstuhl, um die verkrüppelten Beine einen Morgenmantel aus Büffelleder gewickelt. Seine Freunde sahen aus, als könnten sie immer noch gefährlich werden: krokodilartige Relikte aus einer versunkenen Zeit der Gewalt und der Fleischfresser. Die beiden hatten sich ebenfalls nicht vom Haussystem registrieren lassen, doch taktvoll übersah ich diese altmodische Unhöflichkeit.
    Ich gesellte mich zu ihnen. »Guten Tag, Dr. Hillis. Es ist mir eine Freude, den festlichen Anlaß in Ihrem Hause zu begehen. Vielen Dank für die Einladung.«
    »Das ist ein Freund meiner Tochter«, krächzte Hillis. »Manfred de Kooning aus Seattle. Ein Kü-ünstler.«
    »Sind sie das nicht alle?« lästerte Krokodil Nr. 1.
    »Wenn dem so ist«, entgegnete ich, »dann verdanken wir diesen glücklichen Umstand Dr. Hillis. Ein Grund mehr, mit ihm zu feiern.«
    Krokodil Nr. 2 faßte sich in den altmodischen Anzug und holte – sage und schreibe – eine Zigarette

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