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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Morgenmantel, eine Tasse Brandy nach der anderen trank und abwesend das Feuereisen krumm und wieder gerade bog.
    James wünschte ihm mit seiner üblichen Herzlichkeit einen guten Morgen. Die Augen des Stiefvaters schossen unter zusammengezogenen Brauen hektisch herum. James wurde informiert, daß seine Mutter weit entfernt eine Familie pflegte, die von einer Scharlachepidemie niedergestreckt worden sei. Bald darauf kam ein gewisser Lagerraum im oberen Stockwerk zur Sprache, dessen Tür jetzt vernagelt war. James' Stiefvater befahl dem Jungen streng, diese verbotene Tür in Ruhe zu lassen.
    Die Tage vergingen. Seine Mutter blieb einige Wochen fort. Trotz wiederholter und immer strengerer Ermahnungen seines Stiefvaters zeigte James kein Interesse an dem Raum im oberen Stockwerk. Schließlich platzte im Gehirn des nicht mehr jungen Mannes aus reiner Frustration eine pochende Arterie.
    Während der Beerdigung des Stiefvaters wurde das Haus der Familie von einem Kugelblitz getroffen und brannte bis auf die Grundmauern nieder. Das Geld von der Versicherung und James' Leben wurden in die Hände eines Verwandten gelegt, eines murmelnden zitternden Mannes, der einen Feldzug gegen Schnaps führte und jede Woche mehrere Flaschen von Dr. Rifkins Laudanum Elixier trank. James wurde auf ein Internat geschickt, das von einem fanatischen, calvinistischen Diakon geleitet wurde. Dank eifrigen Studiums der Schriften und seiner gleichmütigen, vernünftigen Art blühte James dort auf. Er wurde erwachsen und verwandelte sich in einen großen, belesenen jungen Mann von ruhiger Wesensart und mit feierlichem Gesicht, dem sein Unglück nicht anzusehen war.
    Zwei Tage nach dem Schulabschluß wurden der Diakon und seine Frau gefunden: In Stücke gehackt, die halbnackten Leichenteile in ihre einspännige Kutsche gestopft. James blieb gerade lange genug, um die unverheiratete Tochter zu trösten, die mit ausgetrockneten Augen in einem Schaukelstuhl saß und methodisch ein Taschentuch in Fetzen riß.
    Zum Zwecke der höheren Bildung ging James dann nach New York.
    Und dort fand James Abernathy das kleine Geschäft, das Zauberei verkaufte.
     
    James betrat das unauffällige Geschäft nur, weil ihn die gedämpften Schreie aus einer nahen Zahnarztpraxis auf der anderen Straßenseite vom Gehweg vertrieben hatten.
    In dem dunklen Laden roch es nach brennendem Tran und heißem Laternenmessing. Tiefe, von Spinnweben überzogene Holzregale standen an den Wänden. Da und dort forderten vergilbte politische Plakate militärische Hilfe für die aufständischen Texaner. James stellte seine religiösen Bücher auf ein Apothekerschränkchen neben eine Musikgruppe aus fetten, lackierten Fröschen, die mit winzigen Trompeten und Gitarren spielten. Der Geschäftsinhaber trat durch einen roten Vorhang heraus. »Kann ich dem jungen Herrn helfen?« sagte er händereibend. Er war ein kleiner, gepflegter Ire. Seine Haare bedeckten gerade eben die Ohrspitzen, und er trug eine Zweistärkenbrille und messingbeschlagene Schuhe.
    »Ich interessiere mich für den Sorgentöter da unter der Glasglocke«, sagte James, indem er darauf deutete.
    »Aber ich glaube doch, daß wir einem jungen Mann wie Ihnen etwas Besseres bieten können«, sagte der Besitzer mit einem schiefen Grinsen. »So frisch, so lebendig.«
    James pustete die dicke Staubschicht von der anscheinend schon lange ausgestellten Glocke. »Wie gehen denn die Geschäfte?«
    »Wir haben ein sehr anspruchsvolles Publikum«, sagte der Mann und stellte sich vor. Sein Name war Mr. O'Beronne, und er war erst vor kurzem vor der schrecklichen Hungersnot in seinem Land geflohen. James schüttelte Mr. O'Beronnes kleine Hand, die sich anfühlte wie Pergament.
    »Sie wollen bestimmt einen Liebestrank«, sagte Mr. O'Beronne mit einem verschlagenen Blick. »Wie die meisten Burschen in Ihrem Alter.«
    James zuckte die Achseln. »Eigentlich nicht.«
    »Haben Sie dann finanzielle Probleme? Ich könnte Ihnen eine Geldbörse anbieten, die niemals leer wird.« Der alte Mann trat hinter der Theke vor und zeigte ihm eine große Börse aus Bärenfell.
    »Geld?« sagte James mit mäßigem Interesse.
    »Oder Ruhm. Wir haben Zauberpinsel – oder falls Sie sich für die Neuen Künste interessieren, wir haben auch eine Kamera, die Montavarde gehörte.«
    »Nein, nein«, sagte James, während er sich ruhelos umsah. »Können Sie mir den Preis für diesen Sorgentöter nennen?« Er musterte den Sorgentöter kritisch. Er war nicht in sehr gutem

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