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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Zustand.
    »Wir können Ihnen Ihre Jugend wiedergeben«, sagte Mr. O'Beronne etwas verzweifelt.
    »Was Sie nicht sagen«, sagte James und richtete sich auf.
    »Wir haben eine Partie von Dr. Heidegger's Patent Youthing Waters«, sagte Mr. O'Beronne. Er zog eine Quaggahaut von einem messingbeschlagenen Schränkchen und nahm eine viereckige Glasflasche heraus. Er entkorkte sie. Das Wasser darin perlte leicht, und Maidüfte erfüllten den Raum. »Nach dem Genuß einer Flasche«, erklärte Mr. O'Beronne, »ist die Jugend jedes Menschen oder Tieres wiederhergestellt.«
    »Nein, so etwas«, sagte James, während er nachdenklich die Stirn runzelte. »Wie viele Teelöffel gehen auf die Flasche?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gab Mr. O'Beronne zu. »Ich habe es nie mit dem Löffel abgemessen. Vergessen Sie nicht, es ist eher etwas für alte Leute. Burschen in Ihrem Alter wollen meist Liebestränke haben.«
    »Was kostet die Flasche«, fragte James.
    »Sie ist nicht billig«, sagte Mr. O'Beronne widerstrebend. »Der Preis ist alles, was Sie besitzen.«
    »Klingt vernünftig«, sagte James. »Und was kosten zwei Flaschen?«
    Mr. O'Beronne starrte ihn an. »Übernehmen Sie sich nicht, junger Mann.« Er korkte die Flasche vorsichtig wieder zu. »Schließlich müssen Sie mir alles geben, was Sie besitzen.«
    »Und woher soll ich wissen, daß Sie das Wasser noch haben, wenn ich mehr brauche?« sagte James. Mr. O'Beronnes Augen zuckten unstet hinter der Zweistärkenbrille. »Das lassen Sie nur meine Sorge sein.« Er grinste verschlagen, doch nicht mehr so überzeugt wie zuvor. »Ich werde den Laden bestimmt nicht aufgeben – nicht, so lange es noch Menschen von Ihrer Art gibt.«
    »Nun gut«, sagte James, und sie besiegelten das Geschäft mit einem Handschlag. James kehrte zwei Tage später zurück, nachdem er seinen ganzen Besitz verkauft hatte. Er übergab dem Verkäufer einen kleinen Beutel mit Goldschmuck und einen Bankauszug über das Geld, das von seiner Erbschaft übrig geblieben war. Als er ging, besaß er nur noch die Flasche und die Kleider am Leib.
    Zwanzig Jahre vergingen.
    Die Vereinigten Staaten litten unter dem Bürgerkrieg. Hunderttausende Menschen wurden erschossen, durch Minen oder Kanonenkugeln zerfetzt oder gingen in verseuchten Armeelagern elend zugrunde. In den Straßen von New York wurden Hunderte von Menschen mit Schrot niedergemäht, weil sie gegen die Wehrpflicht demonstrierten, und auf dem Pflaster vor dem kleinen Zauberladen lagen verwesende Tote herum. Endlich, nach störrischem Widerstand und unsagbaren Qualen, wurde die Konföderation besiegt. Der Krieg war Geschichte.
    James Abernathy kehrte zurück. »Ich war in Kalifornien«, erklärte er dem erstaunten Mr. O'Beronne. James hatte eine gesunde Bräune und trug einen Samtmantel, Stiefel mit Sporen und einen silbernen Sombrero. Er besaß eine große goldene Taschenuhr und trug funkelnde Ringe an den Fingern.
    »Sie sind auf eine Goldader gestoßen«, vermutete Mr. O'Beronne.
    »Nein, eigentlich nicht«, erwiderte James. »Ich habe im Einzelhandel gearbeitet. In Sacramento. Dort kann man ein Dutzend Eier beinahe mit Goldstaub aufwiegen.« Er lächelte und deutete auf seine teuren Kleider. »Ich war recht erfolgreich, aber normalerweise kleide ich mich nicht so extravagant. Wissen Sie, ich trage hier meinen ganzen weltlichen Besitz bei mir. Ich dachte, damit würde der Handel vereinfacht.« Er zog die leere Flasche hervor.
    »Das war sehr umsichtig von Ihnen«, sagte Mr. O'Beronne. Er musterte James kritisch, als suchte er nach Andeutungen psychischer Schäden oder Zeichen moralischen Verfalls. »Sie scheinen keinen Tag gealtert.«
    »Oh, so ganz stimmt das nicht«, erwiderte James. »Als ich das erste Mal hier war, war ich zwanzig. Jetzt sehe ich immerhin wie einundzwanzig oder zweiundzwanzig aus.« Er stellte die Flasche auf die Theke. »Es wird Sie sicher interessieren, daß es exakt zwanzig Teelöffel waren.«
    »Sie haben nichts verschüttet?«
    »Oh, nein«, sagte James. Er lächelte über diese Vermutung. »Ich habe sie doch nur einmal im Jahr geöffnet.«
    »Sind Sie nicht auf die Idee gekommen, zwei Teelöffel auf einmal zu nehmen? Oder die ganze Flasche auf einmal leerzutrinken?«
    »Wozu wäre das gut gewesen?« sagte James. Er begann, seine Ringe abzuziehen und warf sie unter leichtem Klimpern auf die Theke. »Ich nehme doch an, daß Sie das Youthing Water auf Lager haben.«
    »Geschäft ist Geschäft«, sagte Mr. O'Beronne brummig. Er holte

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