Zikadenkönigin
meinem Gefühl für Ästhetik.«
»Danke für die Aufmerksamkeit.«
»Ich will wirklich euer Bestes. Ich bin es müde, sie am Arm eines alten Lüstlings wie Wellspring zu sehen.«
»Willst du mir sagen, daß sie seine Geliebte ist?« sagte ich.
Sie drohte mir mit metallummantelten Fingern. »Fragst du mich, was die beiden in seinem Lieblings-Discreet tun? Vielleicht spielen sie Schach.« Sie verdrehte die Augen unter den schwer mit Gold bestäubten Lidern. »Mach nicht so ein schockiertes Gesicht, Hans. Du weißt so gut wie alle anderen, wie mächtig er ist. Er ist alt und reich; wir Polycarbon-Frauen sind jung und nicht sehr prinzipientreu.« Sie warf mir zwischen langen Wimpern einen raschen Blick zu. »Ich hab noch nie gehört, daß er uns etwas genommen hat, was wir nicht freiwillig geben wollten.« Sie schwebte näher. »Sag mir, was du gesehen hast, Hans. Z-K ist wegen dieser Neuigkeit aus dem Häuschen, und Valery sitzt in der Ecke und schmollt.«
Ich öffnete den Kühlschrank und suchte zwischen den Petrischalen nach Schnaps. »Mir fällt auf, daß du ungewöhnlich gesprächig bist, Arkadya.«
Sie zögerte, dann zuckte sie die Achseln und lächelte. »So langsam zeigst du etwas Vernunft, mein Freund. Halte Augen und Ohren offen, dann kannst du es in Z-K zu etwas bringen.« Sie nahm einen modischen Zerstäuber aus ihrem emailbesetzten Gürtel. »Da wir gerade von Augen und Ohren sprechen, hast du deine Wohnung schon auf Wanzen überprüft?«
»Wer sollte mich abhören?«
»Wer nicht?« Sie verzog hochmütig das Gesicht. »Ich halte mich einfach an das, was jeder weiß. Wenn du uns ab und zu ein Discreet mietest, erzähle ich dir auch den Rest.« Sie hielt die Druckflasche auf Armeslänge vor sich und spritzte sich bernsteinfarbenen Schnaps in den Mund. »In Z-K tut sich was Großes. Es ist noch nicht zu den unteren Rängen vorgedrungen, aber der Tod des Kontrolleurs ist ein Hinweis darauf. Die anderen Berater halten es für eine rein persönliche Sache, aber es ist klar, daß er nicht einfach lebensmüde war. Er hat seine Angelegenheiten ungeordnet hinterlassen. Nein, diese Sache geht auf die Königin selbst zurück. Da bin ich sicher.«
»Glaubst du, sie hat ihm befohlen, sich das Leben zu nehmen?«
»Vielleicht. Sie wird mit zunehmendem Alter immer unberechenbarer. Würdest du nicht genauso reagieren, wenn du dein ganzes Leben unter Aliens verbracht hättest? Ich fühle mit der Königin, wirklich. Wenn sie ein paar fette alte Säcke umbringen muß, damit sie zur Ruhe kommt, dann habe ich nichts dagegen. Wenn weiter nichts daran war, bin ich sogar beruhigt.«
Ich dachte äußerlich unbewegt darüber nach. Die ganze Struktur des Z-K hing vom Exil der Königin ab. Siebzig Jahre lang hatten sich Deserteure, Unzufriedene, Piraten und Pazifisten unter den Schutz unserer Alien-Königin geflüchtet. Das große Ansehen, das ihre Investierer-Brüder genossen, schützte uns vor den Intrigen der Former-Faschisten und der entmenschlichten Mechanisierer-Sekten. Z-K war eine Oase der Ruhe in der bösen Amoralität der kriegführenden Parteien der Menschheit. Unsere Vororte kreisten in Netzen um die dunkle, mit Juwelen besetzte Behausung der Königin.
Sie war alles, was wir hatten. Hinter unserem Erfolg drohte eine gefährliche Unsicherheit. Z-Ks berühmte Banken wurden durch den großen Reichtum der Zikadenkönigin gestützt. Die akademische Freiheit von Z-Ks Lehranstalten gedieh nur in ihrem Schatten.
Und wir wußten nicht einmal, warum sie aus der Gnade gefallen war. Es gab zahlreiche Gerüchte, aber nur die Investierer selbst wußten die Wahrheit. Wenn sie uns je verlassen sollte, würde sich der Zarina-Kluster über Nacht auflösen.
Ich sagte beiläufig: »Ich habe schon gehört, daß sie nicht glücklich ist. Anscheinend breiten sich die Gerüchte aus, dann wird ihr Zehnter eine Weile erhöht, eine neue Kammer wird mit Juwelen ausgekleidet, und dann verschwinden die Gerüchte wieder.«
»Das ist wahr … sie und unsere süße Valery sind sich sehr ähnlich, wenn sie in diese düsteren Stimmungen fallen. Aber es ist klar, daß dem Kontrolleur, kein anderer Ausweg als der Selbstmord blieb. Und das bedeutet, daß sich im Herzen von Z-K eine Katastrophe anbahnt.«
»Das sind nur Gerüchte«, sagte ich. »Die Königin ist das Herz von Z-K. Wer weiß, was in ihrem riesigen Kopf vorgeht?«
»Wellspring weiß es«, sagte Arkadya sofort.
»Aber er ist kein Berater«, wandte ich ein. »Was den inneren Kreis
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