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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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anderen Gruppen haben sie überhaupt nicht gesehen«, sagte die Regal. »Sie waren zu sehr damit beschäftigt, die Brände zu bekämpfen.« Sie zögerte einen Moment lang. »Es war klug, zunächst mich einzuweihen.«
    Mirasol erwiderte den Blick ihrer neuen Beschützerin, dann wandte sie den Kopf ab. »Es gab niemand sonst, dem ich es hätte erzählen können. Man hätte behauptet, ich hätte das Muster nur auf der Grundlage meiner eigenen Ängste aufgebaut.«
    »Sie müssen auch an Ihre Partei denken«, sagte die Sorienti mit leisem Mitgefühl. »Da eine so strahlende Zukunft vor euch liegt, habt ihr sicher kein Interesse, euren Ruf als paranoide Phantasten bestätigt zu sehen.«
    Sie musterte den Schirm. »Die Modellisten sind also die Sieger. Das wird eine interessante Fallstudie. Wenn uns der neue Garten zu langweilig wird, können wir den ganzen Krater aus dem Orbit sterilisieren. Dann kann eine andere Partei auf einem unbeschriebenen Blatt noch einmal von vorne beginnen.«
    »Lassen Sie sie nicht zu nahe am Rand bauen«, sagte Mirasol.
    Die Ehrenwerte AG beobachtete sie aufmerksam und neigte den Kopf.
    »Ich habe keinen Beweis dafür«, sagte Mirasol, »aber ich kann das Muster dahinter erkennen. Die Eingeborenen müssen von irgendwoher gekommen sein. Die Kolonie, die im Krater entstanden war, muß durch den großen Erdrutsch zerstört worden sein. War das Ihr Werk? Haben Ihre Leute sie umgebracht?«
    Die Sorienti lächelte. »Sie sind sehr klug, meine Liebe. Sie werden sich oben auf der Leiter gut machen. Und Sie können Geheimnisse für sich behalten. Sie sind Ihres Amtes als meine Sekretärin würdig.«
    »Sie wurden aus dem Orbit zerstört«, sagte Mirasol. »Warum sonst hätten sie sich vor uns verstecken sollen? Ihr habt versucht, sie auszulöschen.«
    »Das ist schon lange her«, sagte die Regal. »In den Anfangszeiten, als vieles noch unsicher war. Sie erforschten das Geheimnis des Sternenantriebs, also eine Technik, die nur den Investierern bekannt war. Den Gerüchten nach hatten sie in ihrem Erlösungslager sogar Erfolg. Wir hatten keine Wahl.«
    »Sie wurden mit Rücksicht auf den Profit der Investierer getötet«, sagte Mirasol. Sie stand rasch auf und wanderte in der Kabine umher. Ihr neuer Juwelenrock klimperte um ihre Knie. »Damit die Aliens mit uns spielen können, damit sie uns ihr Geheimnis vorenthalten und uns nutzloses Zeug verkaufen können.«
    Die Regal faltete die Hände. Ihre Ringe und Armbänder klingelten. »Unser Lobster-King ist weise«, sagte sie. »Was würde aus der Terraformung, wenn sich die Bemühungen der Menschen auf die Sterne richten? Warum sollten wir die Macht der Schöpfer aufgeben, um zu werden wie die Investierer?«
    »Aber denken Sie doch an die Menschen«, sagte Mirasol. »Stellen Sie sich vor, wie sie ihre Technologien verloren haben und degeneriert sind. Eine Handvoll Wilder, die Vogelfleisch fressen. Denken Sie an die Furcht, unter der ganze Generationen von ihnen gelitten haben, bedenken Sie, daß sie selbst ihre Heime verbrannten und sich selbst umbrachten, als sie uns kommen und ihre Welt zerstören sahen. Erfüllt Sie das nicht mit Entsetzen?«
    »Sie meinen Menschen gegenüber?« sagte die Sorienti. »Nein!«
    »Aber sehen Sie es nicht? Sie haben diesem Planeten das Leben geschenkt, als wäre es eine Kunstform, ein ungeheures Spiel. Sie zwingen uns, dabei mitzuspielen, und diese Menschen kamen dabei um! Können Sie nicht sehen, daß das alles verschandelt?«
    »Unser Spiel ist die Realität«, sagte die Regal. Sie deutete auf den Videoschirm. »Sie können die wilde Schönheit der Zerstörung nicht bestreiten.«
    »Wollen Sie diese Katastrophe auch noch verteidigen?«
    Die Regal zuckte die Achseln. »Wie könnte sich noch etwas entwickeln, wenn das Leben schon vollkommen wäre? Sind wir nicht posthuman? Dinge wachsen; Dinge sterben. Beizeiten wird uns der Kosmos alle töten. Der Kosmos hat kein Ziel, und seine Leere ist absolut. Das ist absoluter Schrecken, aber es ist auch absolute Freiheit. Nur unser Ehrgeiz und unsere Schöpfungen können ihn erfüllen.«
    »Und das rechtfertigt Ihr Verhalten?«
    »Wir setzen uns für das Leben ein«, sagte die Regal. »Unser Wille ist auf dieser Welt Naturgesetz. Wir machen Fehler, weil das Leben selbst fehlerhaft ist. Wir fahren fort, weil das Leben weitergeht. Wenn Sie aus dem Orbit den großen Zusammenhang der Dinge betrachten, und wenn die Macht, die wir besitzen, auch in Ihren Händen liegt, dann werden Sie uns

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