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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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aus Heiligen. Sie sind Politiker. Sie können sich den Luxus der Unschuld nicht leisten.«
    Turner dachte traurig darüber nach. Er erkannte jetzt, daß er den Geist hinter den alten Plakaten der Grünen Partei gefunden hatte, hinter den Sprüchen über die Geeinte Erde, die unter Sportwerbung und malaiischen Filmstars welkte. Dies war der Mann, der Serias Familie gerettet hatte – und zum Dank hatten sie ihn eingesperrt. »Der Sultan ist nicht sehr dankbar«, sagte Turner.
    »Das ist nicht der Punkt. Wissen Sie, mein Freund hier schert sich im Grunde einen Dreck um Brunei. Er will die Gewächshaustüren aufbrechen, und wie es den Eingeborenen dabei geht, ist ihm egal. Es reicht ihm nicht, ein briefmarkengroßes Land zu retten. Er hat die ganze Welt im Auge.«
    Moratuwa lächelte nachsichtig. »Und mein Freund Jimmy hat die Welt in seinem Computerterminal. Er ist ein hinterhältiger Westler. Er hat die einfachen Eingeborenen rein gehalten, während er in Whisky badete und im Netz spielte.«
    Brooke zuckte zusammen. »Yeah. Im Grunde gehören wir beide nicht hierher. Wir sind beide Agitatoren von draußen. Wir sind zusammen hergekommen. Seine Worte, mein Geld – wir dachten, wir könnten überall die Dinge ändern. Brunei sollte unser Labor werden. Brunei war gerade klein und verzweifelt genug, um auf ein paar Idioten zu hören.« Er zupfte an seinem Hörgerät und starrte Turner an, der blöde lächelte. »Sie sind auch kein Gewinn, Choi. Wissen Sie, ich habe mich bei Ihnen geirrt. Ich bin froh, daß Sie abreisen.«
    »Warum?« fragte Turner verletzt.
    »Sie sind zu integer, und Sie machen zuviel Ärger. Ich hab Sie schon vor langer Zeit über das Netz überprüft – ich weiß alles über Ihren Großvater, diesen klugen Händler und diese Sache mit der Triade. Ich dachte, Sie wären in Ordnung. Aber statt dessen spielen Sie den Ritter in der glänzenden Rüstung – ein verdammter Roboter, das sind Sie.«
    Turner ballte die Fäuste. »Tut mir leid, daß ich nicht Ihrem Programm gefolgt bin, Sie alter Hund.«
    »Sie ist für mich wie eine Tochter«, sagte Brooke. »Eine schnelle Nummer, okay, das braucht man eben, aber Sie mußten sich unbedingt wie Prinz Eisenherz aufführen. Nun, morgen setzen wir Sie in den Hubschrauber, und dann schnurren Sie nach Babylon zurück.«
    »Yeah?« sagte Turner trotzig. »Und wenn nicht, dann? Dann stecken Sie mich hier rein?«
    Brooke schüttelte den Kopf. »Brauch ich gar nicht. Überlegen Sie, Mr. Choi. Sie wissen verdammt gut, wo Sie hingehören.«
     
    Die Rückfahrt war schrecklich. Seria erfaßte seine Stimmung sofort. Als sie seinen Bösen-Cop-Blick sah, starb ihr Lächeln, das vom Morgen danach sprach, wie eine Motte im Sprühnebel. Sie wußte, daß es vorbei war. Sie sagte nicht viel. Das Dröhnen der Hubschrauberflügel hätte ihre Worte ohnehin übertönt.
    Die Werft wurde vom Rahmen einer riesigen Meeresarche überragt. Es war leicht gewesen, das Verfahren mit den Programmen, die er geladen hatte, auf eine größere Dimension umzustellen. Die Arbeiter waren begeistert, aber Turners Vorfreude auf den Triumph war zu Asche zerfallen. Er druckte eine Kündigung aus und nahm sie zum Industrieminister mit.
    Der kampong des Ministers dehnte sich immer noch aus. Sie hatten einen ganzen Block der Stadt mit großen, zeltähnlichen Planen aus durchsichtigem Plastik überzogen, die an den Wänden der Hochhäuser hingen wie riesige, taufeuchte Spinnennetze. Frauen und Kinder rissen gemächlich mit Hacken und Schaufeln die Straßen auf und legten die lange begrabene Erde frei. Die Kanalisation war ausgegraben und in lange Rinnen voller Wasserkresse verwandelt worden.
    Der Minister lebte in einem langen, dünnen Zelt aus gebatikter Baumwolle. Er hielt in einer Hängematte, die an einer Hochhauswand und einem alten Laternenpfahl befestigt war, sein Mittagsschläfchen.
    Turner weckte ihn.
    »Ich verstehe«, sagte der Minister gähnend. Er zog seine Sandalen an. »Ein Familienangehöriger erkrankt? Ich fühle mit Ihnen. Wann dürfen wir Ihre Rückkehr erwarten?«
    Turner schüttelte den Kopf. »Meine Arbeit ist erledigt. Die Roboter werden Schiffe bauen, bis die Welt untergeht.«
    »Aber wir hatten noch zwei weitere Monate eingeplant. Sie sollten eigentlich die Anlage überwachen, bis wir sicher sind, daß es keine Abgänge mehr gibt.«
    »Abstürze«, korrigierte Turner. »Es gibt keine.« Er war sicher. So einfache Schiffe zu bauen, war eine primitive Arbeit. Das hätten sogar Menschen

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