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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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gefährlicher Radikaler. Er wollte die Monarchie stürzen. Und mit ihr einen Staatsrat.«
    »Jimmy, wir sind nicht hergekommen, um Aristokraten zu sein. Das ist nicht der Rechte Weg.«
    Turner kannte den Begriff. »Sind Sie Buddhist?«
    »Ja. Ich gehörte dem Sarvodaya Shramadana an, der buddhistischen technologischen Bewegung. Jimmy und ich lernten uns in Sri Lanka kennen, wo der Sarvodaya geboren wurde.«
    »Sri Lanka ist ein schöner Ort, um Videos zu drehen«, sagte Brooke. »Ich war damals noch im Musikgeschäft, als Produzent. Finanzierung. Aber es wurde langweilig. Dann geriet ich in eine Sarvodaya-Versammlung. Hörte ihn reden. Es war verdammt aufregend!« Brooke grinste über die Erinnerung. »Er hatte auch da schon Schwierigkeiten. Auch vor dreißig Jahren waren seine Lehren schon etwas zu rein für den Seelenfrieden der Menschen.«
    »Wir wurden nicht auf dieser Erde geboren, um uns bequem einzurichten«, schalt Moratuwa. Er blickte zu Turner. »Brunei gedeiht jetzt, junger Mann. Wir haben die Techniken, das Wissen, die Erfahrung. Es ist Zeit, die Tore aufzustoßen und der ganzen Welt den Rechten Weg zu zeigen. Brunei war unser Gewächshaus, aber die Äcker sind die ganze große Welt dort draußen.«
    Brooke lächelte. »Choi baut die Boote.«
    »Unsere Meeresarchen?« sagte Moratuwa. »Ah, ausgezeichnet.«
    »Ich bin heute mit dem ersten Modell heraufgesegelt.«
    »Welch frohe Kunde. Sie haben uns einen großen Dienst erwiesen, Mr. Choi.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Turner. »Es sind doch nur Segelboote.«
    Brooke lächelte. »Für Sie vielleicht. Aber stellen Sie sich vor, Sie wären ein malaiischer Hafenarbeiter, der von Fisch und einzelligem Protein lebt. Was würden Sie von einem Schiff halten, dessen Bau praktisch nichts kostet, dessen Betrieb nichts kostet und das Sie mit frischer Nahrung versorgt?«
    »Oh«, sagte Turner gedehnt.
    »Ihre Segelboote werden die Grüne Botschaft um den Globus tragen«, sagte Moratuwa. »Wir Lehrer kennen einen Spruch: ›Ich höre und vergesse; ich sehe und erinnere mich; ich handle und verstehe.‹ Predigten sind nur Worte. Wenn die Menschen unsere schwimmenden kampongs in den Häfen der ganzen Welt sehen, dann können sie unser Leben auf diesen Schiffen riechen und sehen, und dann werden sie unseren Weg verstehen.«
    »Glauben Sie wirklich, daß das funktioniert?« sagte Turner.
    »So haben wir hier begonnen«, sagte Moratuwa. »Wir hatten Lehrbücher über Stadtfarmen, Lehrbücher, die bei Ihnen im Westen entwickelt wurden. Einfache Technologien, die jeder benutzen kann. Jimmys Gebäude war unser erster grüner kampong, unser Demonstrationsmodell. Viele haben uns geholfen. Die Arbeitslosigkeit war hoch, und sie ist es immer noch auf der ganzen Welt. Aber müßige Hände können Fenster einsetzen, Mutterboden auftragen, einfache Windmühlen bauen. Nicht elegant, aber es bedeutet Essen und Gemeinschaft und Stolz.«
    »Es war ein harter Kampf zwischen der Partei und den Moslem-Extremisten«, erklärte Brooke. »Sie wollten jede Spur des Westens verbrennen – wir wollten zurück zu den Wurzeln. Die Leute konnten die Zukunft, die wir anboten, sehen und berühren. Essen schmeckt besser als Gebete.«
    »Ja, die armen Moslems«, sagte Moratuwa. »Nach so vielen Jahren sind sie immer noch hier. Sie müssen mit dem Sultan über eine Amnestie sprechen, Jimmy.«
    »Sie haben seinen Bruder vor den Augen der ganzen Familie erschossen«, sagte Brooke. »Seria war dabei. Sie war noch ein Kind.«
    Turner zuckte zusammen. Sie hatte es ihm nie erzählt.
    Aber Moratuwa schüttelte den Kopf. »Die Königsfamilie ist zu weit gegangen, als sie ihre Macht schützte. Sie haben versucht, unseren Weg auf Flaschen zu ziehen und ihn mit ihrem königlichen adat zu kontrollieren. Aber sie können nicht ewig die Welt aussperren und alle Menschen einsperren, die frische Luft atmen wollen. Sie sperren sich im Grunde damit nur selbst ein. Fragen Sie Ihre Seria.« Er lächelte. »Buddha war auch ein Prinz, aber er verließ den Palast, als die Welt ihn rief.«
    Brooke lachte verbittert. »Alte Unruhestifter sind störrisch.« Er blickte zu Turner. »Der alte Mann ist unserem alten Traum heute noch treu, dieser wilden Begeisterung, über die zwanzig Jahre weggegangen sind. Er könnte mit einem einzigen Wort hier herauskommen. Er müßte nur versprechen, den Mund nicht so weit aufzureißen und das adat zu befolgen. Es ist ein Verbrechen, ihn hier festzuhalten. Aber die Königsfamilie besteht nicht

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