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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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ohne ihn anzusehen. »Das ist sehr schnell gegangen.«
    Sie überquerten die Brücke. Die Nacht war schwarz, man konnte kaum erkennen, wohin man den Fuß setzte.
    Winter tastete nach Angelas Arm. »Haben wir nur so kurze Zeit getrennt gelebt?«, fragte er.
    »Damals ist die Zeit wirklich nur so dahingeflogen.«
    »Mir gefällt es, wenn du ironisch bist«, sagte er.
    »Obwohl du ja ziemlich häufig bei mir in Kungshöjd übernachtet hast«, fuhr sie fort.
    »Sieh einer an.«
    »Du hast gesagt, dort gefalle es dir besser als in Guldheden.«
    »Ja. Und dann hast du dir die Wohnung am Vasaplatsen genommen, und danach hat es doch keine großen Diskussionen mehr gegeben, oder?«
    Angelas Handy klingelte. »Ja? Ja? Ja. Ja. Nein. Ja. Nein. Ja. Ja. Ja. Genau. Genau. Na klar. Ja. Ja. Ja.«
    Sie drückte auf Aus und steckte das Handy in die Handtasche. »Der Babysitter«, sagte sie.
    »Das hab ich schon verstanden. Probleme?«
    »Nein.«
    Sie gingen weiter über den Marktplatz zu dem Restaurant am östlichen Ende. Angela hatte am Tag zuvor einen Tisch bestellt, einen Fenstertisch. Von drinnen sah es draußen bitterkalt aus. Winter genoss die leckeren Düfte im Lokal. Er bestellte einen trockenen Martini, Angela einen Kir Royal. Der Martini war sehr trocken, nur ein Tropfen Noilly Prat war direkt vom Eis im Glas gelandet.
    Sie prosteten einander zu.
    Er blickte aus dem Fenster. Draußen wirkte es winterlich. Er sah sein eigenes Spiegelbild verschwommen in der Glasscheibe. Das Glas in seiner Hand an. Er lächelte Angela an.
    »Weißt du, was wir heute Abend feiern?« Angela legte die Speisekarte hin.
    »Natürlich.«
    »Aber du hast nichts gesagt, als ich den Tisch bestellt habe. Und den Babysitter.«
    »Wolltest du mich auf die Probe stellen, Angela?«
    »Natürlich.«
    »Glaubst du mir denn?«
    »Nein.«
    Er nahm das Schächtelchen aus der Innentasche seines Jacketts und reichte es ihr. Es war so klein, dass es in seine Hand passte. »Glaubst du mir jetzt?«
    »Wie hast du es geschafft, so lange den Schein zu wahren, Erik?«
    »Das ist mein Job.«

20
    In dem Augenblick, als die Vorspeise serviert wurde, klingelte Winters Handy. Er schnupperte an den im Backofen gebräunten frischen Kräutern, die wie eine kleine Bürste auf dem Teller lagen. Damit sollte man die Meereskrebse einpinseln.
    Er meldete sich widerwillig.
    »Wo bist du, Erik?« Es war Halders.
    Winter erzählte es ihm.
    »Ich bin gar nicht weit entfernt«, sagte Halders. »Västra Hamngatan.«
    »Beim Training?«
    »Wenn du so willst.«
    »Was gibt’s?«
    »Ich hab hier Paulas Freund getroffen. Oder wie man ihn nennen soll. Er hält sich jedenfalls nicht dafür.«
    »Bist du sicher?! Dass er es ist?«
    »Soweit es Nina Lorrinder betrifft. Und sie ist sicher.«
    »Was sagt er selber?«
    »Nicht viel. Ihm gefällt das alles gar nicht.«
    »Wo ist er jetzt?«
    Winter sah Angelas fragenden Blick. Noch immer nahm er den Duft wahr von dem, was auf dem länglichen tiefen Teller lag. Aber nicht mehr lange. Nur noch eine halbe Minute, und alles wäre vorbei.
    »Er steht zwei Meter von mir entfernt«, antwortete Halders.
    »Willst du ihn auf die Wache mitnehmen?«
    »Erst mal will ich ihn ein bisschen ausfragen«, sagte Halders. »Dann seh ich weiter. Ich glaub nicht, dass er die Stadt verlässt.«
    »Ruf mich in einer Stunde wieder an.«
    »Und was sagt Angela dazu?«
    »Ruf mich einfach an.«
    »Vielleicht rufe ich schon eher an«, sagte Halders.
    Der Freund sah aus wie ein dreißigjähriger Junge. Er hatte einen vollen Haarschopf. Halders misstraute Männern, die viele Haare hatten, das galt für alle, vom Trinker bis zum Bankier. Die meisten Bankiers waren übrigens Trinker.
    Der Freund sah nicht aus wie ein Trinker. Er hatte ein offenes Gesicht, das etwas unfertig wirkte, ihm fehlten gewisse Spuren, die das Leben noch nicht dort eingegraben hatte. Das würde noch ein paar Jahre dauern. Manche soffen sich ein Gesicht an, vor allem Schauspieler, die es für einen besonderen Zweck taten. Aber auch das dauerte seine Zeit.
    Halders war nicht sicher, ob er sich an dieses Gesicht erinnern würde, wenn er es nur wenige Male gesehen hätte. Außerdem ähnelte es so vielen anderen Gesichtern hier. Vielleicht kam das von den Übungen, der Gymnastik. Das Aussehen wurde stromlinienförmig.
    »Ich hab nur wenige Male mit ihr gesprochen«, sagte der Freund. »Das war alles.«
    »Hören Sie zu, Johan…«
    »Jonas.«
    »Hören Sie zu, Jonas. Wir versuchen nur, so viel wie möglich

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