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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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aber Ney war schon auf dem Weg zurück in die Wohnung. Ihm war wohl bewusst geworden, dass er erst dort eine Antwort bekommen würde.
    »Können wir wieder fahren?«, fragte einer der Polizeiinspektoren.
    »Danke, ja.« Winter nickte.
    »Was hat er gesagt, als ihr gekommen seid?«, fragte Halders.
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Wir sind erst vor kurzem raufgegangen. Er hat die Tür geöffnet, uns angestarrt und ist wortlos in der Wohnung verschwunden.«
    »Und dann seid ihr ja gekommen«, ergänzte der andere.
    »Uns gegenüber ist er aber ganz anders aufgetreten«, sagte Halders.
    »Er hat uns vom Fenster aus gesehen«, sagte Winter. »Und mich kennt er.«
    »Dann hast du also diese Reaktion ausgelöst?«
    »Wahrscheinlich ist er der Meinung, dass er Grund hat, mir Vorwürfe zu machen.«
    »Er weiß noch nicht mal die Hälfte«, sagte Halders.
    Winter betrat schweigend die Wohnung. Er hörte, wie die Kollegen die Treppe hinunterpolterten. Elefanten in Uniform. Wenn die Nachbarn von dem Besuch vorher nichts mitbekommen hatten, würden sie es spätestens jetzt merken.
    Winter sah Mario Neys Rücken. Der Mann stand am Fenster, als wollte er abwarten, bis die Uniformen auf der Straße waren. Er drehte sich um. Jetzt wirkte er ruhiger. Es war, als ob er es schon wüsste.
    »Können wir uns setzen?«, fragte Winter.
    »Sagen Sie nur, was Sie zu sagen haben.«
    »Wir haben Ihre Frau gefunden. Sie ist tot.«
    Erst die gute Neuigkeit, dachte Winter. Wir haben sie gefunden. Dann die schlechte. Ney zeigte zunächst keine Reaktion. Er schien weiter auf Winters Antwort zu warten und schaute zwischen ihm und Halders hin und her, hin und her, als ob einer von beiden etwas sagen sollte.
    »Herr Ney …«
    »Wie?«
    Nur das. Wie. Ney blieb am Fenster stehen. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu erkennen, da das Licht von hinten kam. Winter beobachtete, wie der Streifenwagen beim Spielplatz startete, wendete und langsam auf die Umgehungsstraße nach Frölunda einbog. Er wünschte, er säße in dem Wagen. Dann wäre es ihm erspart geblieben, von dem Wie zu erzählen. Er konnte es nicht, durfte es noch nicht.
    »Wo?«
    Das waren schon zwei Fragen. Gut, die zweite Frage erleichterte es, die erste zu beantworten.
    »›Odin‹«, sagte Winter. »Hotel ›Odin‹. Sie ha…«
    »Was hat sie dort gemacht?«, unterbrach Ney ihn.
    »Sie …«
    »Schon wieder ein Hotel! Was zum Teufel ist eigentlich los?«
    Neys Stimme gewann an Schärfe. Immer noch konnte Winter das Gesicht des Mannes nicht deutlich erkennen, dabei war das unbedingt nötig.
    »Setzen Sie sich, Herr Ney.«
    »Ich ka…«
    »Setzen Sie sich bitte, Herr Ney!«
    Da schien Ney zu begreifen. Er setzte sich auf den nächstbesten Sessel. Winter ließ sich ihm gegenüber auf dem Sofa nieder, neben Halders, der sofort Platz genommen hatte.
    »Wir wissen noch nicht, wie«, sagte Winter.
    Ney schlug die Hände vors Gesicht und krümmte sich zusammen. Winter und Halders konnten die kahle Stelle auf seinem Kopf sehen.
    Er ließ die Hände sinken und richtete sich auf. »Aber … tot?«
    Winter nickte.
    »Was hat sie … getan? Was hat sie getan? Was ist passiert? Wie ist sie gestorben?«
    »Sie wurde ermordet«, sagte Winter.
    »Wann?«
    »Wie bitte?«, fragte Halders.
    »Wann ist es passiert? Ist es gerade erst passiert? Heute? Gestern?« Ney beugte sich vor.
    Winter sah die gespannte Haut in seinem Gesicht, die geröteten Augen, die Hände, die nicht stillhielten. »Wann ist es passiert?«
    »Wir wissen es noch nicht genau«, sagte Winter.
    »Wissen es nicht? Sie wissen es nicht? Was wissen Sie eigentlich? Sie wissen verdammt wenig!« Er sprang auf.
    »Gibt es denn etwas, das wir wissen sollten?«, fragte Winter. »Etwas, das Sie wissen?«
    »Was?« Ney ließ sich aufs Sofa fallen. »Was? Was?«
    Seine Augen wanderten zwischen Winter und Halders hin und her.
    Erst die Tochter, dann die Frau, dachte Winter. Er hat das Recht, nach dem Wie, Wo und Was zu fragen. Vielleicht hat er das Recht. Aber wir müssen auch Fragen stellen. »Ich glaube, Sie verstehen, dass wir Sie das fragen müssen. Was haben Sie in den letzten vierundzwanzig Stunden getan?«, sagte Winter.
    »Wie bitte? Ich? Was spielt es für eine Rolle, was ich getan habe?!« Jetzt hielt es ihn nicht mehr auf dem Sofa. »Die Frage müssen wohl andere beantworten, oder?«
    »Wer denn?«, fragte Winter.
    Mario Ney schwieg, als wartete er immer noch auf eine Antwort von Winter.
    *
    Halders fuhr durch den Tunnel zurück. Der Verkehr hatte

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