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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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will?«
    »Jedenfalls nicht Paulas Hand. Es ist uns gelungen, das den Medien vorzuenthalten.«
    »Was bedeutet?«
    »Dass sehr wenige davon wissen«, sagte Ringmar. »Und nur eine Person außerhalb des Dezernats.«
    Winters Handy klingelte.
    Er meldete sich, hörte zu, nickte, drückte auf Aus und steckte das Telefon zurück in die Tasche. »Es ist so weit«, sagte er und nahm seinen Mantel.
    Ein Streifenwagen war zu dem Wäldchen geschickt worden, nachdem Winter angerufen hatte, gleich dort in der Dunkelheit. Er hatte auf den Wagen gewartet und war mit Jonas auf dem Beifahrersitz ins Präsidium gefahren.
    Winter und Ringmar kamen eine Minute nach den Kollegen von der Spurensicherung dort an.
    Einer von ihnen kannte den Ort. »Ich kann’s kaum fassen«, sagte er, als Winter aus dem Auto stieg und auf sie zuging.
    »Derselbe Hof, dasselbe Wäldchen.«
    »Du hast ein gutes Gedächtnis, Lars.«
    »Manchmal ist das eine Last.«
    »Die Geschichte wiederholt sich eben«, sagte Winter.
    »Wenn das so ist, werden wir diesmal auch nichts finden.«
    »Wenn das so ist, bitte ich um Entschuldigung«, sagte Winter.
    »Letztes Mal hast du dich nicht entschuldigt.«
    »Fangen wir an?« Winter setzte sich in Bewegung. Bald hab ich das Gefühl, selber hier aufgewachsen zu sein. Diese Schaukeln gehören mir. Nur das Karussell ist weg. Als er das erste Mal hier gewesen war, hatte mitten auf dem Spielplatz ein Karussell gestanden. Das war wohl aus Sicherheitsgründen entfernt worden. Kinder konnten sich verletzen, an ihrem Schal hängen bleiben und mitgeschleift werden, sie konnten stolpern und unter das Karussell geraten.
    Die Schaukeln bewegten sich im ewigen Wind. Hier schien er ständig aus derselben Richtung zu kommen, fegte von Nordwesten zwischen zwei Gebäuden hindurch, die sich über den Spielplatz zu beugen schienen.
    Die beiden Männer von der Spurensicherung montierten Scheinwerfer. An diesem Abend würden sie nicht mehr viel tun. Sich vor Ort einen Eindruck verschaffen. Zelte aufbauen. Morgen früh zurückkommen. So war die Routine. Solange es dunkel war, könnten sie mehr zerstören als finden. In der Erde zu graben war eine heikle Arbeit. Manchmal hatten Torsten Öberg und seine Techniker tatsächlich mit Archäologen von der Universität zusammengearbeitet, direkt am Fundort. Die Spurensicherung der Kripo und die Archäologen hatten die gleiche Aufgabe: nach der Vergangenheit zu graben. Nach Toten zu graben. Und Winter konnte neben der Grube stehen und ein Teil des Ganzen sein. Er war selber Archäologe. Ein Archäologe des Verbrechens. Er grub auf seine Art.
    Lars Östensson testete die Scheinwerfer, und der kleine Platz explodierte schier in einem weißen Licht, das alles noch nackter erscheinen ließ. So sieht es hier also aus, dachte Winter.
    »Wo genau ist es?«, fragte Lars Östensson.
    Winter zeigte auf die Mulde im Laub. In dem starken Licht bemerkte er, dass sie tiefer war, als er geglaubt hatte. Jonas musste länger hier gewesen sein, als er vermutet hatte. Oder er war stärker, als er geglaubt hatte.
    »Wonach suchen wir?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Winter.
    »Als wir letztes Mal hier waren, sollten wir eine Hand suchen, die ein Kind gesehen hatte.«
    »Daran erinnerst du dich?«
    »Wie sollte ich das vergessen? Nach dem Mord an diesem Mädchen. Ich hatte es zwar vergessen, aber der Mord hat mich daran erinnert.«
    Lars Östensson hatte die Gipshand in Empfang genommen. Auch er würde das nie vergessen.
    »Suchen wir nach was Großem oder was Kleinem?«, fragte er.
    Winter machte eine ausholende Armbewegung, die den ganzen Ort einschloss. Sucht. Findet. Es kann alles oder nichts sein. »Ich kann nicht bis morgen warten«, sagte er.
    »Jetzt würden wir mehr Schaden als Nutzen anrichten, Erik. Das weißt du doch.«
    »Ich brauch den Hund.«
    Bei der Göteborger Kripo gab es einen Polizeisuchhund. Er wurde Leichenhund genannt, keine hübsche Bezeichnung. Er hieß Roy und war darauf dressiert, Leichengeruch aufzuspüren.
    Jetzt stand er auf dem Spielplatz. Er sah aus wie ein Wolf.
    Seine Augen leuchteten im Scheinwerferlicht. Oder im Mondlicht. Der Mond schien hell diese Nacht, so hell, wie Winter es selten erlebt hatte.
    Winter dachte daran, dass er hier vor vielen Jahren mit nur der Taschenlampe dagestanden hatte. Das weiße Gesicht des Jungen neben sich. Das heftige Hecheln des Hundes und das Gebell, das plötzlich stärker als jeder Scheinwerfer explodiert war.
    Der Hundeführer hieß Bergurson und

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