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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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gefunden.«
    Winter antwortete nicht.
    »Bist du noch dran?«
    »Ja.«
    »Von einem kleinen Hund. Ich vermute, der hat da seit Jahrzehnten gelegen.«
    »Ich glaub, ich weiß sogar, wie er heißt«, sagte Winter.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Das erzähl ich dir später, Lars.« Winter drückte auf Aus.
    »Was war das denn?«, fragte Halders.
    Winter schüttelte nur den Kopf.
    Halders betrachtete die reich verzierte Stuckfassade.
    »In welchem Stockwerk wohnt Börge?«
    »Im dritten.« Winter öffnete die Autotür.
    »Hinter einigen Fenstern im dritten Stock brennt Licht. Direkt über der Haustür.«
    »Das ist bei Börge«, sagte Winter und stieg aus.
    Auf der anderen Seite machte Halders die Autotür zu.
    »Vielleicht werden wir erwartet«, sagte Winter. »Da steht jemand am Fenster.«
    Auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle begegnete sie keiner Menschenseele. Sie ging schnell. Die Nacht war früher hereingebrochen, als sie vermutet hatte. So war es im November. Alles ging viel schneller, als man glaubte. Plötzlich war es Weihnachten, und überall war es heller. Über diesem Fußweg brannten eine Reihe Laternen wie ein Sternzeichen.
    Keiner hatte etwas gesagt am Telefon, und sie hatte auch kein Atmen gehört. Aber sie hatte nicht lange gelauscht.
    Sie wusste, dass sie nur noch von dort wegwollte. Das war wichtiger als alles andere.

31
    Die Schatten im Treppenhaus wanderten mit ihnen, glitten auf und ab. Sie stiegen die steinernen Treppenstufen hinauf, die ausgetreten waren wie in Winters Haus.
    »Ich geh allein rein«, sagte Winter.
    Halders nickte. »Ich warte auf dem Absatz eine Treppe tiefer.«
    Winter klingelte an der Tür aus massivem Holz mit stilisierten Spiegeln. Sie kam ihm bekannt vor. Drinnen hallte der Klingelton wider, gedämpft durch die Tür. Es war eine altmodische Klingel. Winter wartete, klingelte noch einmal. Von drinnen waren Schritte zu hören. Er sah auf die Uhr. Jetzt war es kurz nach Mitternacht.
    »Wer ist da?«
    Die Stimme klang dünn, als hätte sie auf dem Weg durch die Tür ihre Kraft verloren, aber Winter erkannte sie.
    »Erik Winter«, sagte er, »Kommissar Erik Winter.«
    »Was wollen Sie?«
    Jetzt klang die Stimme deutlicher, als wäre sie näher gekommen. Winter schaute die Treppe hinunter, Halders hatte die Augenbrauen hochgezogen, Winter drehte sich wieder zur Tür um. »Würden Sie bitte öffnen, Herr Börge?«
    Er hörte, wie sich der Riegel langsam bewegte und dann klickte. Es rasselte in Augenhöhe, als sich die Tür einen Spaltbreit öffnete. Winter sah die baumelnde Sicherheitskette. Er erinnerte sich, dass es sie nicht gegeben hatte, als er das letzte Mal vor fünfzehn Jahren hier gewesen war. Das Gesicht lag im Schatten, war nicht zu erkennen.
    »Winter … sind Sie das?«
    »Entschuldigen Sie, dass ich so spät bei Ihnen klingle. Darf ich hereinkommen?«
    »Um was geht es? Was wollen Sie?«
    »Darf ich hereinkommen?«, wiederholte Winter.
    Die Tür wurde mit derartiger Kraft aufgerissen, dass Winter unwillkürlich zurückzuckte. Die schwache Treppenhausbeleuchtung fiel auf die Gestalt in der Tür, und Winter erkannte Christer Börge. Es war dasselbe Gesicht, fünfzehn Jahre älter. Trotzdem war er nicht sicher, ob er ihn auf der Straße erkannt hätte. Aber hätte er Ellen erkannt? Auf der Straße? Darüber brauchte er nicht mehr nachzudenken. Eines der wenigen Dinge, über die er nicht nachdenken musste.
    »Kommen Sie rein«, sagte Börge.
    Winter betrat den Flur. Musik spielte, etwas Klassisches, sehr laut. Er erinnerte sich nicht, dass Börge früher Musik gehört hätte.
    Winter schickte sich an, seine Schuhe auszuziehen.
    »Das können Sie sich sparen«, sagte Börge, der ein Stück entfernt wartete. Der Flur war lang, wie eine Halle, deren Wände zu nah beieinander waren.
    Auf Börges Schuhablage standen keine Schuhe. Die beiden Borde waren leer.
    Es gab überhaupt keine Schuhe im Flur.
    Plötzlich erinnerte Winter sich an die drei Paar, die ihm bei seinem letzten Besuch aufgefallen waren. Es waren identische Paare gewesen, oder? Wenigstens zwei von ihnen. Herr im Himmel. Er drehte den Kopf und starrte auf Börges Rücken, der auf dem Weg ins Wohnzimmer war. Die Schuhe. Vor fünfzehn Jahren hatte er die Schuhe hier stehen sehen. Diese Schuhe. Diese Marke. Mal ganz ruhig, Erik. Aber jetzt war hier nichts. Lief Börge im November barfuß auf der Straße herum? Standen seine Schuhe in einem Schrank? Ob ich mich täusche? Ja. Nein. Ja. Ecco Free war eine ganz

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