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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Verhör teilnimmst, Fredrik.«
    »Ich bin da nie gewesen«, protestierte Ney. »Wo denn genau, haben Sie gesagt?«
    »Die Wohnung liegt gegenüber auf der anderen Hofseite«, erklärte Winter.
    »Nie dort gewesen.«
    »Wie häufig waren Sie in Ihrer eigenen Wohnung?«
    »Nie.«
    »Sie haben sie gemietet.«
    »Nicht für mich.«
    Halders saß daneben und schwieg. Ob Ney ihm vor achtzehn Jahren begegnet war, wusste er nicht. Er könnte es sein, überlegte Halders. Oder auch nicht. Vielleicht erkenne ich ihn nicht wieder, weil er es nicht war.
    »Wo haben Sie zu der Zeit gewohnt?«, fragte Winter.
    »Zu Hause natürlich.«
    »Wo war zu Hause?«
    »In unserer Wohnung, in Tynnered.«
    »Haben Sie allein gewohnt?«
    »Natürlich mit Elisabeth und mit Paula.«
    »Paula hat doch bei ihrer Mutter gewohnt?«
    »Nur ganz kurz.«
    »Wir haben nichts gefunden, das Ihre Vaterschaft beweist«, sagte Winter.
    Ney schwieg.
    »Sie sind nirgends registriert«, fuhr Winter fort.
    »Paula ist mein«, sagte Ney.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Eben, dass sie mein ist.«
    »Mit der Sie machen können, was Sie wollen?«
    »Was?«
    »Sie glauben, Sie können mit ihr machen, was Sie wollen?«
    »Sie haben überhaupt nichts kapiert«, stöhnte Ney.
    »Was haben wir nicht kapiert?«, fragte Winter.
    »Sehen Sie es denn nicht?«
    »Was sollen wir sehen?«
    Ney antwortete nicht. Sein Blick verlor sich draußen am Himmel, in den Tiefen des Weltraums. Welchen Gedanken mochte er nachhängen? Was mochte er fühlen? Was für Erinnerungen gingen ihm durch den Kopf? Was für Taten hatte er begangen?
    Jetzt tauchte er wieder auf, richtete seinen Blick auf Winter.
    »Ich will nach Hause«, sagte er.
    Elsa kletterte auf ihm herum, als wäre er ein Baum mit einer großen Krone. Er hielt die Arme wie Zweige abgespreizt. Sie war auf dem Weg, seine rechte Schulter zu erklimmen.
    »Pass auf, dass dir nicht schwindlig wird«, mahnte er.
    »Mir wird nie schwindlig!«, rief sie allen dort unten auf der Erde zu.
    »Wart’s ab«, sagte er und stellte sich auf die Zehenspitzen. Er spürte, dass Lilly, die sich an sein rechtes Bein klammerte, das Gleichgewicht verlor. Sie schrie los wie am Spieß. Lilly wollte auch klettern.
    »Was macht ihr da?!«, rief Angela aus dem Wohnzimmer.
    »Hörst du nicht, dass Lilly schreit, Erik?«
    »Ich hab bloß zwei Äste«, rief er zurück. Elsa kletterte jetzt hinüber zur anderen Schulter, es kratzte ihn am Hals. Lilly holte eine Sekunde lang Luft.
    »Was?«, rief Angela.
    »ICH HAB BLOSS ZWEI ÄSTE!«
    Angela tauchte in der Tür auf. Lilly legte sofort wieder los. Sie war weithin zu hören. Winter hob das Bein, und sie klammerte sich fest.
    »Ich fand dich ja schon immer etwas hölzern«, sagte Angela.
    Winter versuchte auf einem Bein zu hüpfen. Elsa hing fest an seinem Hals. Lilly schrie wieder, aber diesmal vor Lachen. Er hüpfte noch einen Schritt weiter. Um seinen Hals schien ein Mühlstein zu hängen. Das rechte Knie blockierte ernsthaft. Die Schultern schmerzten. Ich bin nicht mehr der Jüngste. Er senkte das Bein und versuchte, Lilly zu lösen. Er beugte sich vor, bis Elsa den Boden mit den Füßen erreichte. Seine Haltung war etwas merkwürdig. Elsa ließ nicht los.
    »Pass auf deinen Rücken auf«, sagte Angela.
    »Hilf mir!«, flehte er. »Bitte.«
    Der Sturm war nach Süden weitergezogen. Geblieben war nur das Gefühl, ganz klein zu sein unter dem Himmel. So fühlte er sich immer nach großen Unwettern. Wenn die Stürme tobten, gingen die Menschen geduckt durch die Straßen.
    »Wie geht es deinem Rücken?« Angela schaute ihn mit einem angedeuteten Lächeln an.
    Er versuchte, sich zurückzulehnen, so wie er sich vorgebeugt hatte.
    »Sei bloß vorsichtig.«
    »Ich verstehe das nicht«, sagte er.
    »Du solltest anfangen, Sport zu treiben, Erik.«
    »Ich bin Polizist«, antwortete er. »Training ist obligatorisch im Dienst.«
    »Wann hast du denn zuletzt trainiert?«
    »Ich trainiere.«
    »Was ist denn das für eine Antwort?«, fragte sie.
    »Möchtest du ein Glas Wein?«, entgegnete er.
    Elsa war mitten in dem Märchen von der bösesten Hexe der Welt eingeschlafen. Während er vorlas, erfand Winter neue Details dazu. Es gelang ihm nie, die Hexe ausreichend böse zu beschreiben.
    »Sie ist zu lieb!«, hatte Elsa gerufen. Es war nicht das erste Mal, dass sie die Hexe zu lieb fand.
    »Die Hexe hat den Jungen doch aufgefressen«, hatte Winter protestiert.
    »Sie hätte das Mädchen auch auffressen sollen!«
    Winter

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