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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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nicht fand. Diese Schaufensterpuppen hatten nichts Menschliches.
    »An ihrer Hand waren keine Spuren von Gips«, sagte Öberg. »Nur Malerfarbe.«
    Winter öffnete die Augen. »Und dazu gibt es nichts Neues, nehme ich an.«
    »Nein, die gewöhnlichste Lackfarbe der Welt, matt.« Öberg lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Kannst du im miesesten Farbenladen kaufen.«
    Der Dunst über der Brücke hatte sich gelichtet. Winter konnte durch die Öffnung bis zum Meer sehen.
    »Nach fünf Stunden klebt sie nicht mehr«, fuhr Öberg fort.
    »Aber an ihrem Körper ging es schneller.«
    »Ruf mich an, sobald du was vom Labor hörst.« Winter drehte sich dem Schreibtisch zu. »Ruf sie an und frag freundlich, ob sie die Antwort etwas beschleunigen können.«
    »Ich bin immer freundlich«, sagte Öberg.

11
    Winter hörte Wörter, aber das war alles. Er konnte sie nicht verstehen. Es waren nur irgendwelche Geräusche.
    »Erik? Hörst du mir zu?«
    Es war Ringmars Stimme.
    Winter kehrte aus seinem Tagtraum zurück. Einige Sekunden lang war er woanders gewesen, aber er konnte sich nicht mehr erinnern, wo. »Ich höre.«
    »Was hab ich eben gesagt?«
    »Repetiere«, antwortete Winter.
    »Hier geht’s zu wie beim Militär«, sagte Halders.
    »Sind wir hier nicht beim Militär?«, fragte Aneta Djanali.
    »Da trägt man Uniform«, sagte Bergenhem.
    »Gibt’s nicht auch Leute in Zivil beim Militär?«, fragte Aneta Djanali.
    »Doch, aber dann gehört man zur CIA«, sagte Halders.
    »Oder zum KGB«, ergänzte Bergenhem.
    »Der KGB existiert nicht mehr«, sagte Halders.
    »Wie heißt der denn jetzt?«
    »Reichsmordkommission.«
    »Genau wie bei uns in Schweden?«
    »Ja, dieselbe Bezeichnung, andere Bedeutung. Dort begeht die Kommission Morde auf Reichsebene, unsere versucht, sie zu lösen.«
    »Sollten wir jetzt nicht mal versuchen, unseren eigenen Mord zu lösen?«, fragte Ringmar.
    »Haben wir einen Mord begangen?«, fragte Halders zurück.
    Niemand ging darauf ein. Bergenhem schien zu seufzen, aber vielleicht hatte er auch nur ausgeatmet.
    »In ihrer Wohnung ist irgendwas, das wir übersehen haben«, sagte Halders.
    »Wie meinst du das?«, fragte Ringmar.
    »Was heißt schon meinen«, antwortete Halders. »Es ist eher ein Gefühl, eine Vorahnung oder so was in der Art.«
    »In deinem Fall ist es vermutlich eine Vorahnung«, sagte Bergenhem.
    »Was?«
    »Meinst du die Ansichtskarte, Fredrik?«
    Das war Winter. Er glaubte zu verstehen, worauf Halders hinauswollte. Es war derselbe Gedanke oder dieselbe Vorahnung, die er gehabt hatte, als es um Ellen Börge ging. Etwas, das er übersehen hatte.
    »Nein, nicht etwas wie eine Ansichtskarte«, sagte Halders.
    »Ich hab bloß so ein Gefühl in dieser verdammten einsamen Wohnung.« Er warf einen Blick in die Runde. »Ihr solltet euch da auch mal hinstellen.«
    »Aber nicht alle gleichzeitig«, sagte Bergenhem.
    »Du gehst mir auf die Nerven, Lars«, sagte Halders.
    »Ich hab dort gestanden«, sagte Winter. »Ich verstehe, was Fredrik meint.«
    »Endlich«, sagte Halders.
    »Sollen wir die Wohnung noch einmal auf den Kopf stellen?«, sagte Aneta Djanali.
    »Das meine ich nicht«, sagte Halders.
    »Gibt es da was, das es eigentlich nicht geben sollte?«, sagte Aneta Djanali.
    Niemand antwortete.
    »Ich glaube, wir werden es irgendwann sehen«, sagte Halders nach einer kleinen Weile. »Und dann werden wir es verstehen.«
    Ringmar folgte Winter in sein Zimmer. Winter hielt es immer weniger in seinem Büro aus. Hier fiel es ihm schwer zu denken, der Phantasie Raum zu geben. Hier hatte er zu viele Stunden verbracht, die Wände waren wie die im Untersuchungsgefängnis. Sie ließen nichts hinaus, gewährten keine Ruhe. Er dachte an Öbergs Zimmer. Dort oben war Licht. Man konnte das Meer sehen.
    »Ich hab Paula Neys Eltern angerufen«, sagte Ringmar. »Die Mutter war dran.«
    Winter nickte.
    »Die Frage ist, wann sie den Schock überwinden.«
    Das kommentierte Winter nicht. Opfer und jene, die einen Schock erlitten, gehörten zusammen, häufig kamen sie aus derselben Familie. Gewalt wurde oft in Familien verübt, die bis ans Lebensende gezeichnet waren. Es gab keine Ausnahme. Selbst ein einfacher Einbruch wirkte lange Zeit nach. Alles wirkte lange nach.
    »Warum hast du angerufen?«, fragte Winter jetzt.
    »Ich will noch mal mit ihnen reden«, sagte Ringmar. »Bald.«
    Winter nickte wieder.
    »Es ist so, wie Fredrik es gesagt hat«, meinte Ringmar. »Bei denen gibt es etwas, das wir nicht sehen. Wenn

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