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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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du in deinem Kopf auf?«
    »Die Erinnerungen, ich räume die Erinnerungen auf.«
    »Gut«, sagte Ringmar.
    »Weißt du schon, was wir das Ehepaar Ney fragen wollen?«
    »Was meinst du, wirken die beiden wie ein Paar?«
    »Das ist die Frage«, sagte Winter.
    »Und was ist die Antwort?«
    Winter betrachtete das andere Flussufer. Es war mit Eigentumswohnungen bebaut und würde weiter bebaut werden, bis die Balkons in das trübe Wasser zu kippen drohten. Allein einer dieser Balkons kostete mehr als die Hälfte von dem, was ein Werftarbeiter verdient hatte, der vor einigen Jahrzehnten an derselben Stelle Schiffe gebaut hatte. Als Junge hatte Winter das Hämmern auf Stahlplatten noch gehört, wenn er mit der Fähre über den Fluss gefahren war. Er hatte die Schiffe gesehen, halbfertig, fertig. Er hatte auf dem Steg bei der Neuen Werft gestanden und den Schiffen nachgesehen, wenn sie davonglitten, hinaus nach Vinga, weiter über die Meere, bis zum Äquator und weiter in die Südsee, nach Australien. Sie glitten davon, als gehörte ihnen die ganze Welt.
    Wer den Äquator passierte, musste eine rituelle Taufe über sich ergehen lassen. Davon hatte er als Junge geträumt, aber er hatte es nie am eigenen Leib erfahren. Nun lebte er bald ein halbes Jahrhundert auf der Erde, doch die Mittellinie des Erdballs hatte er noch nie mit einem Schiff passiert.
    »Man soll ein Paar nie wie ein Paar betrachten«, sagte er schließlich. »Dann läuft man Gefahr zu verallgemeinern.«
    »Manche wachsen zusammen«, sagte Ringmar.
    »Wie bitte?« Winter drehte sich Ringmar zu.
    »Manche Paare werden eins«, fuhr Ringmar fort. »Sie wachsen gewissermaßen zusammen.«
    »Das klingt schrecklich. Meinst du damit, sie werden mit der Zeit siamesische Zwillinge?«
    »Ja.«
    »Der eine kann nicht mal ohne den anderen zum Klo gehen?«
    »So ist es«, sagte Ringmar. »Es kommt schleichend. Und eines Tages ist es Tatsache. Kein Schritt ohne den anderen.«
    »Ich hoffe, du sprichst nicht aus eigener Erfahrung, Bertil?«
    »Ich sitz hier doch allein, oder?«
    »Ein Glück.«
    »Aber die Sache ist es wert, darüber nachzudenken.«
    Sie fuhren durch Kungsten, um den Stoßverkehr auf den Umgehungsstraßen zu vermeiden. Fast wären sie von einem Bus über den Haufen gefahren worden, sie sahen ihn kommen, die Fahrbahn war zu schmal für zwei. Ringmar riss das Steuer herum und lenkte das Auto ein Stück auf den Bürgersteig, der plötzlich da war. Zum Glück befanden sich dort gerade keine Fußgänger. Im Rückspiegel sah Winter den Bus weiter auf den Kreisel zuschwanken.
    Ringmar ließ das Auto zurück auf die Fahrbahn rollen.
    »Hätten wir in einem Streifenwagen gesessen, dieser scheinheilige Kerl wäre wie ein Mensch gefahren«, schimpfte er.
    »Ich hab mir die Nummer gemerkt.«
    »Vergiss es. Wir haben keine Zeit.«
    Ringmar bog in den Långedragsvägen ein. Sie fuhren an der Hagaschule vorbei. Bei der Kreuzung hinter dem Fußballplatz bog Ringmar nach links in die Torgny Segerstedtsgatan ab. Mario und Elisabeth Ney wohnten in einem der Mietshäuser in Tynnered. Die rot verklinkerten Gebäude bildeten eine Wand vor dem Meer, das weit unten in Fiskebäck begann. Über die Ebene fegte ein kräftiger Wind, hier war es immer windig. Winter sah die Häuser, sobald sie auf der Umgehungsstraße waren.
    Ringmar machte an der OK-Tankstelle Halt, um zu tanken.
    Winter ging in den Verkaufsraum und kehrte mit der Göteborgs-Tidningen zurück. Er blätterte sie durch und hielt sie Ringmar unter die Nase, als dieser die Quittung aus dem Kontoautomaten zog.
    »Das ist ja nicht gerade deine Schokoladenseite.« Ringmar feixte.
    »Mir geht es um die Überschrift«, sagte Winter.
    »POLIZEI OHNE SPUR IM HOTELMORD«, las Ringmar über dem Bild von Winter, wie er sich gerade umdrehte, vermutlich nach einem kurzen Interview. »Ist das korrektes Schwedisch?«
    »Ist das eine korrekte Schlussfolgerung?«, fragte Winter zurück.
    »Im Prinzip ja«, antwortete Ringmar, »mal abgesehen von den Videofilmen.«
    »Und der Hand«, ergänzte Winter, »und dem Strick. Und dem Schuhabdruck.«
    »Eigentlich müssten die das alles schon wissen«, sagte Ringmar. »Wie heißt doch gleich dein Kumpel bei der Göteborgs-Tidningen, Bry… By…«
    »Bülow«, antwortete Winter. »Aber er ist nicht mein Kumpel.«
    »Ist ja egal, der hat doch noch immer das meiste herausbekommen. Aber diesmal anscheinend nicht.«
    »Unser Polizeichef hat wahrscheinlich alle Lecks abgedichtet«, sagte Winter.
    »Du

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