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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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anonymen Abstecher ins Zimmer Nummer Fünfzehn vielleicht. Als mir die Abwesenheit eines Privatlebens bewusst wird, bekomme ich leider sofort ein bisschen schlechte Laune, auch wenn das nichts Neues ist. Und außerdem finde ich es total peinlich, wie der Amsler Wirt die eigene Tochter zu verschachern versucht. Besser, ich komme schnell auf den eigentlichen Grund meines Besuchs zurück.
    »Wann brauchst du wieviel Renken? Ich muss die Hochsaison jetzt planen, damit ich dir genug zurücklege.«
    Der Amsler Wirt wechselt im Nullkommanix vom kuppelnden Vater zum knallharten Geschäftsmann. Wir stehen in dem Durchgang zwischen Küche und Biergarten, und ein paar Frühschoppler drehen sich neugierig zu uns um, als er mich völlig unerwartet anschnauzt: »Damit auch noch genug Fische für den Hansi da sind? Das mit dem Fisch, Kati, das lassen wir in Zukunft. Dürfte für dich ja kein großes Problem sei, hast ja noch genug andere Kunden, gell? Servus!«
    Dann verschwindet er in die Küche und ich stehe fassungslos da mit meinen zwei Kisten voller Renken und versuche zu begreifen, was er gerade gesagt hat. Das lassen wir mal lieber? Der Amsler Wirt will mich sogar auf der heutigen Lieferung sitzen lassen? Das soll es gewesen sein mit dem Wirtshaus am See? Ich dachte, der Zoran wäre derjenige, der noch am ehesten damit klarkommen würde, dass ich an beide Wirte liefere, und der Hansi wäre der Anstrengendere im Amsler/Zumsler-Konflikt. Außerdem: Der Hotelier und der Wirt, die reden schon lang nicht mehr miteinander – also, wer hat mich da verpetzt?
    »Können wir da nicht noch einmal darüber sprechen?«, rufe ich in die Küche hinein. Aber Reden ist nicht die gängige Art, hier auf der Insel Konflikte zu lösen. Lieber wird ein Streit so lange weitervererbt, bis eine der Konfliktfamilien ausgestorben oder weggezogen ist. Das kann sich schon mal ein Jahrhundert lang hinziehen. »Ausg’redt is«, höre ich entsprechend den Amsler Wirt aus der Küche schreien, und als ich die Fischboxen wieder auf meinen Leiterwagen stelle, um kopfschüttelnd nach Hause zu gehen, kommen sie mir auf einmal doppelt so schwer vor.
    Die Emerenz hat mir jetzt gerade noch gefehlt, aber es nützt nichts, sie kommt in ihrer Vormittagsuniform den Uferweg entlang: Streublumenkittel, Einkaufskorb, Gesundheitsschuhe, Stützstrümpfe.
    »Griasdi, Kati. Host heid eps Gscheits gfangt?«
    »Jaja. Schönes Wetter, gell?«
    In einer Konversation mit der Emerenz etwas anderes als Allgemeinplätze von mir zu geben, wäre im Moment der komplette Wahnsinn.
    »Ja, scho. Aber ist’s vor dem heiligen Markus warm, friert man nachher bis in den Darm!«, bauernregelt die Emerenz herum und stützt sich dann stöhnend auf meinen Oberarm.
    »Ich kanns bald nimmer derhatschen [23] !«
    »Warum gehst du dann außen herum zum Ladl, wenn dir die Füße so wehtun?«
    Wahrscheinlich ist ihr der direkte Weg am Klostergarten vorbei zu ereignisarm, da können die Spalieräpfel noch so schön blühen und der Lavendel noch so gut riechen.
    »Ja mei, ich hab so viel Wasser in die Füß, da geh ich lieber außenrum, weil ich dann ned unser Bergerl nauf muß. Lieber weida rum, als kürzer nauf. Bloß gut, dass ich heut ned nach Prien muss zum Friseur. Die Molly macht mir heut daheim die Haar, weils ein Modell braucht.«
    Man sieht der Emerenz an, dass sie sich bewusst ist, dass nur die Allerschönsten in den Genuss dieser Ehre kommen.
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Dem Michi hats auch die Haar gemacht, erst gestern.«
    »Da bin ich mir sicher, dass sie für dich auch etwas Typgerechtes findet.«
    Während dem ganzen Geplänkel geht mir im Kopf herum, warum gerade der Amsler Wirt meine Fische nicht wollte, und es fällt mir eigentlich keine andere Erklärung dafür ein, als dass die Emerenz mich verpetzt hat. Aber wenn sie es nicht war und ich spreche sie hier und jetzt darauf an, dann erfährt das jeder, und der Hans auch, und dann ist mein letzter Großkunde auch noch beleidigt. Ich beschließe, mich erst mal in der Familie vom Zumsler umzuhorchen.
    »Die Nummer von der Molly hast du nicht zufällig?«
    »Ja scho«, sagt die Emerenz, und betet in der Tat sofort eine Handynummer herunter. »Was willst denn von ihr? Ich weiß fei nicht, ob sie noch Modelle braucht!«
    »Ach, das ist wirklich schade. Aber ich wollte sie nur zum Kaffee einladen. Ich sehe sie ja nicht mehr, seit sie in der Berufsschule ist.«
    »Ja, dann sag ich ihr doch einfach, dass sie nachher zu dir rüberkommt,

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