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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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Vater hinterher und habe plötzlich Michis Füße unfreiwillig auf Augenhöhe.
    »Schade, dass die Molly nicht Fußpflegerin lernt.«
    Der Michi trägt heute nämlich ziemlich scheußliche Trekkingsandalen mit Klettriemen, und auch wenn ein Mode-Profi wie meine Schwester dabei aufschreien würde: Jemand mit Michis Zehen sollte unbedingt Socken zu seinen Sandalen tragen. Inzwischen haut der Hansi meinem mageren Vater die Hand auf die Schulter zur Begrüßung.
    »Griasdi Boni, hat’s dich bei der Frisur vom Michi aus die Schuh ghaut?«
    Mein Vater hat nämlich ebenfalls ein Problem mit seinen Füßen: Er steht inzwischen auf dem geriffelten Bodenblech des Motorboots. Und zwar in Wadlstrümpfen.
    Ich schau Michi an. »Warum hat der Papa keine Schuhe an? Sind die noch bei dir im Auto?«
    Der Michi zuckt mit den Schultern und sieht meinen Vater an. »Ich hab denkt, das gehört so …«
    Der Papa haut sich mit der Hand an die Stirn.
    »Jessas, meine Schuh! Die hab ich im Krankenhaus vergessen!«
    Und dann dreht er sich zum Hansi um und wirft sich ihm an die Brust.
    »Aber des macht nix, der Michi hat mich schließlich abgeholt in seinem neuen Mercedes! Der ist jetzt fei Geschäftsführer in Schneizlreuth!«, gibt er an, als wäre Michi sein neuer Lieblingsschwiegersohn. Wann bin ich eigentlich das letzte Mal von meinem Vater gelobt worden? Ich verdrehe die Augen und setze mich schon mal in die Kabine. Soll doch der Michi die restlichen zwei Paletten einladen helfen.
    »Na sauber, Outdoorcenter, soso«, gratuliert der Amsler Wirt. »Mir ham jetzt auch einen neuen Geschäftsführer.«
    »Ah geh«, sagt mein Vater interessiert, »wieder so einen Bierdimpfl wie den Rudi?«
    »Na, den hat uns der Gottschaller Erwin geheadhuntet, der ist von der Bed&Food-Academy in Zürich, der kann was«, ächzt der Hansi, und legt eine gummibeschichtete Decke über die Lebensmittel-Kanister, als wäre der Fertigscheiß feinstes französisches Frischgemüse, und das Boot neigt sich zur Seite, als er sich wieder hinters Steuer klemmt. Ich wundere mich kurz, weil mir der Hans doch letztens noch was von einem Berater erzählt hat.
    »Ach, der Schweizer Berater wird jetzt gleich Geschäftsführer?«
    »Nutzt ja nix, ich brauch jemand als Ersatz für den Rudi, und zwar schnell. Und da hab ich mir gedacht, bei den Referenzen kann der auch gleich noch dem Rudi sein Job machen. Des schau ich mir jetzt einen Sommer lang an, und dann mach ich ihm ein Angebot, und außerdem ist des mei Sach!«, grantelt der Hans und schaut mich missbilligend an. »Aber das kannst ihn jetzt gleich alles selber fragen. Da vorn kommt grade das Taxi vom Horstl, da sitzt er drin. Pünktlich ist er.«
    Aha. Ein headgehunteter, pünktlicher Schweizer frisch von der Academy. Ob sich der auch mit Renkensemmelumsatzkurven auskennt? Ich werde ihn aber sicher nicht danach fragen. Denn der wie aus dem Ei gepellte Typ mit dunkelblauem Sakko und umgehängtem Laptop, der den Horstl gerade eine riesige Tasche aus gelber LKW-Plane ins Boot wuchten lässt, den kann ich sofort einordnen, solche waren an der Uni immer ganz vorne mit dabei. Das ist ein Powerpointer. Was will der denn auf unserer Insel? Ich grinse vor lauter Vorfreude, als ich sehe, dass der Hans die hintere Leine vom Motorboot schon losgemacht hat, ich weiß nämlich, was jetzt passieren wird. »Preißntaufe« nennen wir es, wenn einer mit einem Fuß noch auf dem Festland steht, den anderen Fuß aufs Boot setzt, das Schiff dabei von sich wegdrückt und zwangsläufig in den immer breiter werdenden Spalt zwischen Boot und Mole plumpst. Ich weiß allerdings nicht, ob so ein Schweizer auch unter »Preiß« fungiert, geografisch geht das ja schlecht. Und charakterlich? Das wird sich wahrscheinlich zeigen.
    »Vielen Dank!«, sagt der Powerpointer und springt mit einem Satz seinem Gepäck hinterher. Von Taufe leider keine Spur. Ich beschließe, dass er einfach ziemliches Glück gehabt hat und drücke mich gegen meinen Vater, als er den Kopf einzieht und zu uns in die Bootskabine steigt.
    »Grüezi«, grüßt er kurz in die Runde, lässt aber die Sonnenbrille auf, sodass ich gar nicht weiß, ob er mich überhaupt angesehen hat. Er haut mir seine Laptoptasche ins Gesicht, als er sich an mir vorbeiquetscht, um sich nach vorne neben den lederbezogenen Sitz vom Hansi zu setzen.
    »Herr Leutheuser? Krug, David Krug!«
    »Griaseahna, Herr Krug! Sie san ja pünktlich wiara Schweizer Uhr!«
    Der Hansi lacht, bis sein Leib und das Boot

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