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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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benutzt worden ist. Aber was zieht Kati zu einem Rendezvous im »Schloss Seeblick« an, in dem sie das letzte Mal bei ihrer Firmung war? Der Geheimspind in der Fischputzkammer bietet nichts Neues, woher auch. Fränzis angebranntes Kleid. Die Pumps, die schon ziemlich fertig aussehen. Ich schaue an mir herunter. Eigentlich sieht diese Jeans doch noch ganz gut aus, oder? Nur ein neues T-Shirt, und dann passt das!
    Dass Michi-Mike jetzt schon zurück ist vom Festland, ist beinahe eine Unverschämtheit, und so schreie ich auf das leise Klopfen an der Schuppentür nur zurück: »Was ist denn mit dir los? Du klopfst doch nie an, und wenn ich nackig wäre, würdest du es dreimal nicht tun!«
    »Salü. Darf ich hereinkommen?«
    Ich starre meinen unerwarteten Besucher verblüfft an, aber der schließt bereits die Schuppentür hinter sich und sieht sich im Raum mit den alten blauen Kacheln um.
    »Schön! So authentisch hier.«
    Der Letzte, mit dem ich jetzt gerechnet habe, ist der feine Herr Krug vom Hotel, und er sieht wirklich mal wieder oberfein aus in seinem Anzug, dem grauen Hemd, und der Krawatte, auf der als neuestes i-Tüpfelchen das Hotellogo draufgestickt ist. Hotel-Umkrempelung fast zu 100 Prozent durchgeführt. Und ich bin dabei auf der Strecke geblieben. Weil ich also sowieso nichts zu verlieren habe, bemühe ich mich nicht sonderlich um Höflichkeit, und duze ihn erst mal, weil mir inzwischen eh alles egal ist.
    »Kommst du jetzt, weil du deine Qualitätskontrolle machen willst? Das ist zu spät, der Lechner Sepp ist jetzt euer neuer Lieferant, schon vergessen?«
    Meine Worte kommen so kratzig heraus, als hätte ich den Tag in einem Smogloch und nicht im Frischluftparadies Fraueninsel verbracht. Ich hole mir aus dem Feierabend-Biertragl, das unter dem Schlachttisch steht, eine Flasche Helles und haue den Kronkorken am Fischputztisch ab. »Also, was steht an?«
    David zeigt statt Antwort auf meine Flasche. »Darf ich mal?«
    Ich zucke mit den Schultern und reiche ihm die Flasche, und während er den Kopf in den Nacken legt und mit einem sehr unfeinen Zug einen beachtlichen Schluck nimmt, die Flasche abnimmt, mich kurz ansieht, und dann noch einen Schluck nimmt, entspanne ich mich so wie der Blasi, wenn er merkt, dass der Rauhaardackel von der Drechsel Caro genauso viel Schiss vor ihm, wie er vor ihm hat. Von diesem Besucher geht heute keine Gefahr aus, ich weiß nicht, woher, aber ich weiß es einfach. Mein Puls beruhigt sich trotzdem nicht nennenswert, aber ich hole mir einfach ein neues Bier und warte.
    Es kommt auch was, aber erst, nachdem Davids Flasche leer ist. Dann räuspert er sich, als hätte er ebenfalls einen Frosch im Hals und fragt mich:
    »Wie geht’s?«
    Okay. Ehrliche Frage, ehrliche Antwort:
    »Beschissen.«
    Kurze Pause. Dann ich:
    »Und selbst?«
    »Geht so.«
    Merkt man. Seine Fingerknöchel sind ganz weiß, und irgendwie wirkt der Kerl da vor mir ziemlich angespannt.
    »Hast du Ärger?«
    Was frage ich das eigentlich? Das sollte er wohl eher mich fragen oder? Bei dem Minus an Geld und Spaß, das ich wegen diesem Streber jeden Tag habe? Der stellt die Flasche weg und guckt ganz knapp an mir vorbei in den offenen Spind.
    »Was fragst du mich das eigentlich? Das sollte wohl eher ich dich fragen, oder?«
    Kann der Gedanken lesen? Schlaumeier! Ich mache keine Anstalten, den Spind zuzumachen, ich habe sowieso nichts mehr zu verbergen. Soll der ruhig das kaputte Kleid und das Bandana und was weiß ich alles anschauen, ist doch eh schon egal.
    »Bist du deswegen hier? Um dich ein bisschen über meinen Verlust zu unterhalten? Und das Hausverbot, dass du mir gegeben hast?«
    Von Entspannung jetzt keine Spur mehr, gegenseitiges Anfunkeln. Kater Blasi würde jetzt seine Rückenhaare sträuben. Mindestens.
    »Jetzt stehen wir voreinander wie Hund und Katze.«
    Schlaumeier. Schlaumeier. Schlaumeier. Muss der immer sagen, was ich denke? Ich kratze wütend am Etikett meiner Bierflasche herum und merke erst an den Spitzen der schwarzen Herrenschuhe, die sich in meinem Gesichtsfeld schieben, dass David zwei Schritte nach vorne gegangen ist. Ich schaue hoch und erschrecke ein bisschen, so nah ist sein Gesicht. Seine Augen sind gerade so dunkelblau, dass ich gar nicht sehe, wo die Pupillen anfangen.
    »Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagt das Gesicht und entfernt sich wieder ein Stück.
    »Also, was ist eigentlich los?«, frage ich böse, aber nicht ganz so böse, wie ich eigentlich klingen will.

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