Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
Vom Netzwerk:
Winnetou Spritz gibt es nicht.«
    Endlich halte ich auch den letzten Fetzen des Etiketts in der Hand. Ich spüre den Druck der Männerhand auf meinem Oberschenkel.
    »Auf der Hochzeit, ganz am Anfang, habe ich mich noch gewundert, als mich diese Frau in diesem komischen Outfit total falsch verstanden hat. Aber als wir dann zusammen die Motorräder hochgeschoben haben, und du noch einmal Winnetou Spritz gesagt hast, habe ich mich erst gewundert, und mir dann aber auf der Biker-Hochzeit gedacht, das kann kein Zufall sein. Also: Immer, wenn jemand Winnetou Spritz bestellt hat, wusste ich, dass du das warst. War nicht schwer. Oderrr?«
    »Oh. Veneto? Nicht Winnetou. Verstanden. Oh.«
    Bei mir hat sich’s erst mal ausgefunkelt. Und bei David ziehen sich Falten von den Augenwinkeln bis zum Haaransatz, er grinst wie der Blasi vor einem Schälchen Sahnemeerrettich. Eigentlich eine Frechheit, ich sollte ihn vor die Schuppentür setzen, damit ich mich in Ruhe alleine schämen kann, bis Michi-Mike kommt und mich abholt. Und das wird nicht mehr lange dauern, denn am Motorengeräusch höre ich, dass mein Boot auf Höhe des Nordstegs an der Insel vorbeifährt. Mit Anlegen und Tonne ausladen müsste er in spätestens fünf Minuten hier sein. Das Dumme ist nur, dass meine Mundwinkel machen, was sie wollen, und David ungefragt zurückangrinsen. Immerhin schaffe ich es zu murmeln:
    »Ich glaube, du gehst jetzt besser, ich muss nämlich los …«
    »Ich bin gleich weg. Das mit dem Anwalt habe ich dir jetzt gesagt, aber ich wollte eigentlich etwas ganz anderes wissen. Ich wollte fragen, ob ich mal mitkommen kann?«
    »Äh … ich gehe morgen früh nicht fischen. Ich mache eine Woche Urlaub bei meiner Schwester.«
    »Nein, nicht fischen, ich meine, das würde ich natürlich auch gerne einmal. Klar.«
    Räuspern.
    »Aber eigentlich … wann gehst du denn wieder auf eine Hochzeit?«
    Ich drehe mich zu David um und schaue ihm so tief wie möglich in die Augen, um endlich seine Pupillen zu sehen, denn bei dem, was er daherredet, müssen sie gnadenlos erweitert sein.
    »Hochzeit? Ich? Hast du vergessen, dass du mich bei der letzten vor die Tür gesetzt hast?«
    »Na ja, natürlich nicht im ›Hotel zum See‹, das wäre ja für mich auch total witzlos. Ich meine, auf eine andere?«
    »Ach so. Du denkst, ich mach das mit System? Von Party zu Party, mal in Rosenheim, mal in Prien, mal in Traunstein, mal auf der Insel? Ne, da hast du dich mächtig vertan. Ich habe das drei Mal gemacht, aber nur bei euch oben. Ich komme hier nicht weg, mein Vater, der Betrieb, verstehst du? Ich bin von der Insel, ich arbeite hier, ich wollte was tun, was nicht jeder mitbekommt, ich wollte …«
    Ich breche ab, von meinen Erklärungsversuchen selbst genervt.
    »Ach, was weiß ich, was ich wollte.«
    »Oh, wie schade. Kann ich nämlich verstehen. Ich komme ja jetzt auch nicht mehr weg, weißt du. Der Hans auf Kur, der Betrieb, die Verantwortung, wo soll ich denn hin, allein auf dieser Insel?«
    »Hast du etwa Inselkoller?«, frage ich überrascht. »Jetzt schon?«
    »Ja«, nickt David neben mir, »so könnte man es wohl nennen. Inselkoller. Ich habe vorher am Züricher See gearbeitet. Ich dachte, soviel anders kann das hier nicht sein. Ist es aber. Aber dann hat sich das wohl erledigt, dass du mich mal mitnimmst.«
    »Ja. Wär eh keine so gute Idee gewesen.«
    »Warum?«
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Wegen den Jungs, die du abgeschleppt hast?«
    Also, so direkt wollte ich das natürlich nicht sagen, aber wo er recht hat, hat er recht. Der Herr Manager würde mir bestimmt die Tour vermasseln.
    »Na, vielleicht würde ich ja auch jemanden kennenlernen? Wir würden uns schon nicht in die Quere kommen.«
    Der sieht das wohl ziemlich locker. Dem fehlt definitiv das Chiemgauer Stierkopfgen. Vielleicht ist doch was dran an der Legende von den Swingerclubs?
    »Du, David, ich wollte noch, also, wegen den Swingerclubs, ich meine: Entschuldigung!«
    »Kati?«
    Das ist die jetzt Stimme von Michi-Mike, und er ist definitiv nicht mehr weit weg. Ich springe auf und starre erschrocken zur Tür. David schaut mich an.
    »Musst du los?«
    Ich nicke und öffne die Schuppentür, aber nur einen Spalt. David versteht und bleibt sitzen. »Ist jetzt wohl nicht der Zeitpunkt. Am besten, ich schreib dir eine E-Mail.«
    Ich schließe die Tür sofort hinter mir, damit Michi-Mike meinen Besuch nicht sieht, das fände ich jetzt irgendwie unnötig, und brauche einen Moment, um in der

Weitere Kostenlose Bücher