Zipfelklatscher
bestätige:
»Viel zu viele Fische in diesem Becken, so, dass wir uns hier um die Gäste streiten.«
Ich hole tief Luft. So habe ich das nicht gesagt! Ich habe gesagt, dass jeder seine Nische hat und der Zoran zum Beispiel einen ganz tollen Schweinsbraten macht!
Genau, das kommt jetzt auch. Hubsi erzählt allerdings zuerst, dass Fischerin und Wirte sich sowieso nicht grün sind. Und dann komme ich, wie ich sage: »Der Zoran zum Beispiel, der macht einen Schweinsbraten …« – hier kommt wieder ein Bild vom Hai und meine Stimme, die viel zu laut sagt: »… Da kann einem ja schlecht werden! Und das Hotel, das sollte man langsam mal zusperren!«
Jetzt lege ich die Hände aufs Herz, so erschrocken bin ich, nur um noch vom Hubsi hören zu müssen, dass da offensichtlich eine Fischerin am Werk ist, die mit allen Mitteln kämpft und der Gastronomie schaden will. Der Schlusssatz ist: »Kati Lochbichler, die Chiemseefischerin. Hoffentlich wird sie verstehen, dass für weibliche Intrigen im Paradies kein Platz ist.«
Stille unter meinen Gästen. Der Amsler Wirt Zoran ist der Erste, der seinen Stuhl zurückstößt und davongeht, ohne sich umzudrehen – da geht er hin, mein ehemaliger Großkunde in spe. Und dann knirscht der Kies und Bänke fallen um, weil die meisten gar nicht schnell genug das Weite suchen können. Schwester Sebastiana ist die Einzige, die mir die Hand auf den Arm legt und leise fragt: »Sollen wir dir noch aufräumen helfen, Kind?«
Ich schüttle den Kopf, kann erst nicht sprechen, weil ich so einen heißen Kloß aus Wut im Hals habe, und kippe erst einmal brav den doppelten Nopi hinunter, den mir Gorvinder weitsichtig reicht. Dann löst sich der Knoten.
»Das habe ich so nicht gesagt! Das hat mir der in den Mund gelegt! Weil ich nicht mit ihm vögeln wollte!«
Aber außer Schwester Sebastiana und Gorvinder ist sowieso fast keiner mehr da. Party vorbei. Janni steckt angestrengt an seinem Beamer herum, ich sehe Michi-Mike hinter der Emerenz herspurten, hoffentlich um da Schadensbegrenzung zu leisten, und der Rest hat sich in einem Affenzahn verdünnisiert. Wie in Trance gehe ich mit einem leeren Träger die herumstehenden Bierflaschen einsammeln und schließe die offen stehende Tür. Ist wohl besser, ich mach für heute zu.
Und dann sehe ich ihn.
David, auf seinem Superbike, in seinen schwarzen Sportklamotten, mit der Hand auf den Zaun gestützt. Sieht mich prüfend an, lächelt nicht, schaut nur. Mein Herz wirbelt los, als wäre ich diejenige, die eine Rennradtour hinter sich hat. Dann doch, er lächelt doch, aber schüttelt gleichzeitig mitleidig den Kopf, stößt sich vom Zaun ab und radelt davon, Richtung Hotel.
Ich gehe ins Büro und reiße meinen Fünfzehnjahresplan von der Wand. Denn den kann ich erst einmal in die Tonne treten.
»Was ist denn das für a Mongdratzerl [30] ?«
Der Freitag nach dem Katastrophenbeitrag ist der fünfte Tag in Reihe, an dem wirklich, aber auch gar nichts los ist. Draußen wirft der Regen Blasen auf tiefen Pfützen und mein Vater und der Blasi lungern in der Küche herum und warten darauf, dass etwas für sie abfällt.
»Willst du Plätzerl backen? Weihnachten is fei scho lang vorbei!«
Ich fühle mich irgendwie ertappt und werfe den herzförmigen Ausstecher wieder in die Küchenschublade.
»Nun, ich dachte, ich probier mal was Neues aus, nicht immer nur Räucherfischsemmeln.«
»Aha«, sagt mein Vater und beäugt die kleinen herzförmigen Kanapees, die ich aus geröstetem Brot ausgestochen und mit Räucherfisch und Meerrettich belegt habe.
»Und wie tät das da jetzt heißen?«
»Variation vom Räucherfisch.«
»Aha. Fehlt ja grad noch, dass du an Marmelad draufschmierst.«
»Marmelade?« Ich sehe ihn überrascht an und gehe dann zum Kühlschrank.
»Das ist eine gute Idee! Irgendwas hat noch gefehlt!«
Mein Vater sieht mir zu, wie ich ein Löffelchen Preiselbeermarmelade unter den Sahnemeerrettich ziehe, probiert einen Haps und meint dann ermutigend: »Mei, wers mag, für den is as Höchste!«
Als ich meine Kreation in der Kühltheke fertig aufgestapelt habe und über die neue Stelltafel mit der Aufschrift »Angebot des Tages: Zwei Renkensemmeln zum Preis von einer!« einen Sonnenschirm gestellt habe, damit die Schrift nicht vom Regen abgewaschen wird, habe ich sogar noch Zeit, die Fränzi anzurufen.
»Frau Lochbischlär? Warten Sie, ich stelle sie sofort durch, bleiben Sie ganz ruhig!«
Vogue-Jürgen behandelt mich mit äußerster
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