Zipfelklatscher
gleich ganz zugesperrt haben.«
»Aber im Oktober war doch noch alles in Ordnung!«
»Sicher, aber es wäre Ihre Pflicht gewesen, Ihre Räumlichkeiten auch auf versteckten Schimmel hin zu untersuchen. Und da hat es ganz eindeutig Läus gehabt bei Ihnen, sind’s mir nicht bös.« Der Herr Koferl spitzt sich einen Bleistift und schaut mich streng über seine randlose Brille an.
»Also, wenn sich Ihr Herr Verlobter nicht so eingesetzt hätte, dann hätten wir Ihnen auch gleich den Laden ganz zusperren können.«
»Das habe ich verstanden, aber das ist nicht mein Verl…«
Ach, was gehen den Herrn Koferl meine privaten Angelegenheiten an. Jedenfalls muss ich mich bei Michi-Mike bedanken, dass er sich so für mich eingesetzt hat. Trotzdem kann ich es immer noch nicht fassen.
»Ich verstehe das aber nicht … In der Küche ist doch eigentlich alles gefliest oder mit Alu verkleidet.«
»Ja, da hättens halt einmal dahinter schauen sollen.«
»Wo, dahinter?«
»Na, hinters Blech.«
»Sie haben hinter die Wandverkleidung geschaut?«
»Gehen’s her, ich zeig’s Ihnen, aber dann muss ich echt in Mittag, heut gibt’s Rahmschwammerl«, sagt Herr Koferl mit einer Stimme, der man schon leicht anhört, dass auch seine Engelsgeduld einmal ein Ende haben wird. Das Display der kleinen Digikamera spiegelt, aber trotzdem sehe ich, dass in unserer Küche offensichtlich das unterste zuoberst gedreht worden ist. Kann man eigentlich die Spüle nicht in die Mitte vom Raum schieben, ohne dass man sie komplett aus der Verankerung reißt?
»Das war nicht schön, wie’s dahinter ausgeschaut hat. Nicht schön.«
»Und warum haben Sie da das letzte Mal nicht dahinter geschaut?«
»Mei, da haben wir halt noch keinen Hinweis nicht gehabt, dass bei Ihnen was vorliegen könnt.«
»Wie, Hinweis?«
»Mei, anonym halt.«
Dann schiebt der Herr Koferl seinen Hemdsärmel zurück, um schon wieder auf die Uhr zu schauen.
»Rahmschwammerl?«, frage ich, am Boden zerstört.
»Rahmschwammerl!«, sagt der Koferl und steht auf, um mich zur Tür zu bringen.
»Natürlich kann man die Spüle in die Mitte schieben, ohne sie komplett aus der Verankerung zu reißen. Außer halt, es pressiert. Was willst machen, mit denen vom Amt bist am besten kooperativ, sonst sperren’s dir gleich den Laden zu.«
Ein Glück, dass Michi-Mike in seiner neuen Superposition so flexible Arbeitszeiten hat, denn er hat Zeit, sich um mich zu kümmern, als ich gerade mal zwei Tage nach meinem Urlaubsantritt schon wieder bei mir in der Küche stehe und ziemlich ratlos die freigelegte Wand anstarre.
»Aber – wo ist eigentlich der Schimmel? Ich sehe gar nix!«
»Wo du jetzt stehst, da war alles schwarz. Schimmelsporen. Die bohren sich in deine Lunge und dann – kchhhhhh.« Michi-Mike macht ein scheußliches Geräusch und eine Schnittbewegung an seinem Hals. »Hab ich alles weggekratzt, noch gestern Abend. Den Rest muss halt dann ein Bauunternehmen machen.«
Michi-Mike sieht mich beifallheischend an.
»Ich muss sagen, ich hab’s heut früh beim Gliden ganz schön gespürt in der Lunge, die Todessporen vom schwarzen Schimmel.«
»Danke, Michi-Mike«, seufze ich, und stemme mich gegen die Spüle, kann sie aber keinen Millimeter bewegen. »Und wer schließt mir das jetzt wieder an?«
»Ich hab schon mit meinem Papa geredet, der kommt nächste Woche vorbei und schaut sich das mal an. Küchenmontage, Schimmelbeseitigung, Wandtrockenlegung, der macht dir ein Komplettangebot. Und der haut dich nicht übers Ohr, der sagt dir, was Sache ist, da kannst du dich drauf verlassen.«
»Dein Vater? Ich denke, der arbeitet nicht mehr?«
Den Papa Katzlberger habe ich das letzte Mal gesehen, als ich mich von Michi-Mike und seiner Familie verabschiedet habe, weil ich gerade den Studienplatz in Passau in der Tasche hatte. Ein massiger, rotgesichtiger Mann, der mit jedem eine Spur zu laut redet, ob er jetzt seine Hanseln auf dem Bau oder seine Familie herumscheucht.
»Tut er auch nicht. Aber für die Familie ist er natürlich trotzdem immer da. Und für dich somit auch. Jetzt ist er grad noch in Dubai mit der Mama, Urlaub, gell, da musst halt jetzt einfach mal zusperren bis dahin. Er macht dir natürlich einen super Preis – und außerdem, Spatzl, wird’s eh höchste Zeit, dass mein Papa und du mal wieder ein Wörterl miteinander redet, jetzt, wo wir zwei miteinander gehen.« Michi-Mike grinst mich aufmunternd an und will mich mitten in dem ganzen Küchenchaos
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