Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
Vom Netzwerk:
nicht.«
    »Aber wer soll denn dann einmal Sonnfischer werden?«
    »Wieso, jetzt können doch auch Mädels Fischer werden! Tante Kati macht das doch auch!«
    »Ja, aber wenns keine Kinder ned kriagn, die Mädeln, weder Söhne noch Töchter, wer macht dann weida, wenns amal nimma kennan?«
    »Mir doch egal.«
    Ich muss sagen, dass mich sowohl die knatschige Stimme meines Neffen als auch die Generationenfrage meines Vaters langsam mit den Zähnen knirschen lassen. Fränzi dagegen steht amüsiert daneben. Was auch sonst, steht sie eigentlich irgendwann einmal nicht amüsiert daneben, wenn es um mein Privatleben geht?
    »Müssen wir nicht los? Papa, hast du deinen iPod?«
    »Gemein! Der Opa hat nen iPod und ich nicht!«
    »Der Opa hat dreiundsiebzig Jahre gewartet, bis er seinen ersten iPod bekommen hat!«
    Ich bin tatsächlich genervt, dass der Xaver die Angel gar so blöd findet. Und wenn ich mir Mutter und Sohn so ansehe, wird das auch nix mehr mit ihm und dem Chiemsee. Die sind einfach Stadtleute, mein Neffe mit seinem Star-Wars-T-Shirt und meine hübsche Schwester in ihren hohen Sandalen und den dünnen Beinen in Kniestrümpfen.
    Das ist sowieso auch etwas, was ich nicht verstehe: Kniestrümpfe? In Sandalen? Ich sag lieber nichts, sondern begleite meine Schwester schweigend in den Verlag, denn wenn sie das anhat, dann ist das der letzte Schrei von übermorgen und von mir daher sowieso nicht zu verstehen.
    »Bei uns sind übrigens traumhafte Bikinis angekommen! Soll ich dir einen zurücklegen?«
    »Bikinis? Ich brauche keinen Bikini!«
    »Aber wer nicht, wenn du? Du lebst doch mitten im bayerischen Meer! Nur weil du zwei Kleidergrößen zugelegt hast? Kati, Darling, sogar durch deine Jeans kann ich erkennen, dass es sich dabei nicht um Unterhautfettgewebe handelt, sondern um pure Muskeln!«
    »Trotzdem! Ich habe einfach keine Zeit, in Badesachen herumzuhängen!«
    Ich stoppe Fränzis Redeschwall, obwohl ich ihr Kompliment insgeheim genieße, weil eigentlich sie die Hübschere von uns beiden ist und wir sonst über Äußerlichkeiten nicht reden. Das soll sie mal schön mit ihren Kolleginnen machen. Ich wundere mich oft, über was man als Mimi -Redakteurin alles Artikel schreiben kann. Da klingelt’s bei mir einfach nicht. Aber muss es ja Gott sei Dank auch nicht: Über Cellulite und Metabolic Balance zu quatschen und dann einem armlangen Hecht eins über den Kopf zu ziehen, das geht einfach nicht zusammen.
    Fränzi stützt ihren dünnen, blassen Oberarm in der puffärmeligen Seidenbluse auf den Tisch und sieht mich aufmerksam an.
    »Ich glaube, du brauchst einen Vitaltee«, stellt sie dann fest, und schüttet schaumig grünes Zeug aus der Thermoskanne neben ihrem Computer. »Warum siehst du denn so fertig aus?«
    »Na ja, Sorgen um den Papa mach ich mir. Was tu ich denn, wenn rauskommt, dass er richtig krank ist? Dann brauch ich jemanden, der mir hilft, ohne gleich Geld dafür zu wollen. Und bei Michi-Mike könnte ich mir das im Moment glatt vorstellen, der fasst gerade überall mit an, und ich bin froh darum. Oder würdest du zurück auf die Insel kommen und ihn pflegen?«
    Die Fränzi lässt fast ihre Tasse fallen vor Schreck, obwohl das eher eine rhetorische Frage war. Ich weiß, dass meine Schwester hier ihr Leben hat. Ich winke ab.
    »Passt schon. Ich würde nur wahnsinnig gerne von dir hören, dass du froh bist, dass ich im Notfall dem alten Sonnfischer den Hintern auswischen würde.«
    »Klar, danke. Ich hoffe nur, dass heute nicht unser letzter unbeschwerter Abend für lange Zeit ist.«
    Wir sehen uns beide betroffen an. Dann sieht meine Schwester auf die Uhr und gibt sich einen Ruck.
    »Aber jetzt gehen wir zum Lunch und dann holen wir den Xaver vom Kinderyoga ab. Unten im Bistro haben sie eine ausgezeichnete Bouillabaisse.«
    Lunch? In einer Kantine, die auf untergewichtige Moderedakteurinnen eingestellt ist? Wenn ich in meinem Urlaub etwas nicht brauche, dann eine magere Fischsuppe zweifelhafter Herkunft. Ich überlege, wie ich meine kalorienzählende Schwester dazu bringen könnte, mit mir auf ein Bier und eine Currywurst zum Gärtnerplatz zu gehen und folge ihr zum Paternoster des Verlagshauses. Die Fränzi sieht mit ihren geglätteten, schimmernden Haaren und ihren Stilettos so gestylt aus, dass ein Außenstehender unser gemeinsames genetisches Material höchstens auf den zweiten Blick erkennen kann. Der Humangenetiker, der das Gerücht gestreut hat, dass eineiige Zwillinge ihr Leben lang den gleichen

Weitere Kostenlose Bücher