Zipfelklatscher
weil Davids Griff plötzlich lockerer wird, ich aus meiner Trance erwache und das Dschingdarassabumm der Musik wieder wahrnehme. Offensichtlich hat er in der Menge etwas entdeckt, was ihm nicht gefällt, denn er starrt über meine Schulter und die Falten an seinen Mundwinkeln zeigen gefährlich nach unten, und seine Augenbrauen stehen eindeutig auf Gewittersturm. »Was …«, will ich fragen, und drehe mich um, aber dann sehe ich selbst, was er meint. Wir blicken beide auf den Rücken eines Mannes mit Hut und Gamsbart, mit dem ich hier überhaupt nicht gerechnet habe. Nämlich mit Hubsi, dem Wackel-Elvis, auch der heute von oben bis unten im Jodel-Stil. Er hat ein schnurloses Mikrofon in der Hand, sein mächtiger Gamsbart vibriert und er ist offensichtlich ein wenig nervös.
Davids Gesicht fixiert grimmig den moppeligen Fernsehmann, und ich bin ein wenig überfordert. Warum ist er jetzt eifersüchtig, er war doch vorher noch so locker? Oder wer oder was ist los? Ich bin doch diejenige, die sauer sein sollte!
Ich kann nicht verstehen, was David sagt, als er Hubsi auf die Schulter tippt, aber der fährt herum und starrt ihn total entgeistert an. Als er mich sieht und David weiter auf ihn einspricht, dann zurücktritt und offensichtlich auf eine Antwort wartet, schaut Hubsi nur noch einmal kurz zu mir und macht mit dem Zeigefinger so eine kleine Kreisbewegung an der Schläfe.
David verlässt nach dieser Geste vollends neutrales Territorium. Er holt aus, so weit, dass ich fürchte, dass der folgende Schlag Hubsi total aus seinen Haferlschuhen heben wird, und weiß, dass ich ihm einfach in den Arm fallen sollte, mache aber einfach mal die Augen zu, in Erwartung splitternder Gläser und eines dumpfen Aufpralls. Doch es ist weiter nichts zu hören außer der munter weiter trötenden Musik. Aber als ich die Augen wieder aufmache, trägt David den geschulterten Hubsi gerade an der Blaskapelle vorbei Richtung Chiemseeufer, als wäre Hubsi ein Plastikgartenzwerg und kein übergewichtiges Rumpelstilzchen aus Fleisch und Blut.
Die herausgeputzten Mädels mit ihren hellblauen Seidentüchern und den Taftschürzen, die Jungs mit ihren bestickten Lederhosen und den allesamt ziemlich glasigen Augen werden spätestens auf die zwei aufmerksam, als Hubsi aufschreit, weil ihm der Hut auf den Boden fällt, und die Gäste eskortieren die zwei Männer in den Garten hinaus, um sich ja nichts entgehen zu lassen. Ich boxe mich durch, und komme gerade rechtzeitig, um mit anzuhören, was David dem Hubsi mit auf den Weg gibt.
»Aber sicher haben Sie mir etwas getan. Sie haben das Nein einer Frau nicht akzeptiert, und das ist erbärmlich. Und dann haben Sie in Ihrem Beitrag mit unfairen Mitteln gekämpft, aus purer Eitelkeit, ohne daran zu denken, dass Sie damit eine Existenz aufs Spiel setzen. Also, salü!«
Und dann wirft er den Wackel-Elvis in den Chiemsee, dass die Boote nur so schaukeln. Hubsi geht unter wie ein Stein, nur ein schwarzer Skalp schaukelt leise auf der Wasseroberfläche, es gibt jede Menge Blasen, bevor Hubsi wieder nach oben kommt, nach Luft schnappt wie ein Waller und nach seinem Toupet greift.
»Der wird heute sicher keinen Auftritt mehr haben«, sagt David hochzufrieden vor sich hin, und legt mir den Arm um die Schultern, als wäre nichts passiert.
»Auftritt, wieso Auftritt? Der ist nicht zum Singen hier!«
Ich erkenne Molly zuerst nicht, weil sie statt Eichhörnchenfrisur einen stattlichen Timoschenko-Haarkranz trägt und der Zahnsalat versteckt ist hinter einer dicken Reihe silberner Drähte.
»Wen haben wir denn da? Seid’s ihr überhaupt eingeladen?«, schnappt die Molly.
Der Zoran und seine Tochter wären uns sicher aufgefallen, wenn wir uns einfach ein wenig gründlicher umgeschaut hätten. Aber dazu ist es jetzt zu spät, und die Dinge nehmen ihren Lauf.
»Schatzi, mein armer Schatzi!«, jammert die Molly jetzt, und versucht Hubsi die Hand zu reichen, als der versucht, sich am glatten Aluminium eines Bootes auf den Steg zu ziehen. Ich starre sie fassungslos an.
»Molly! Seit wann hast du denn eine Zahnspange?«
»Seit sich der Hubsi das zur Verlobung gewünscht hat. Und was machst du auf unserer Verlobungsfeier? Und warum hat der Brezensalzer da meinen Schatzi ins Wasser einigschmissen?«
«Das fragen Sie ihren Schatzi am Besten selbst! Ich bin nicht befugt, darüber Auskunft zu geben«, antwortet David an meiner Stelle in seiner allerdiskretesten Managerstimme, und legt den Arm noch ein wenig
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