Zipfelklatscher
traue der Emerenz durchaus zu, dass sie dem Michi-Mike schon erzählt hat, dass sie den David und mich beim Schmusen erwischt hat. Ich weiß also nicht, was er weiß, und darum sage ich nichts. So stehen wir bockig voreinander, bis wir das Quietschen der Küchentür hören, und das Schlurfen von Pantoffeln.
»Männer weinen heimlich,
Männer brauchen viel Zärtlichkeit,
Oh, Männer sind so verletzlich,
Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich …«
Mein Vater ist aufgestanden.
»Servus Michi-Mike, warum schaugst du wie d’Maus, wemma ihr an Speck verziagt?«
Michi-Mikes Zehen krallen sich wütend in den Rand seiner Trekkingsandalen, als er meinen Vater anpfeift:
»Ja, des fragt sich, Boni, warum ich so schau, obwohl mich das doch alles gar nichts angeht! Weil mir das nämlich wurscht sein kann, was mit der Sonnfischerei passiert und ob ihr zusperren müsst und ob die Kati sich mit irgendeinem feinen Binkel im Schilf umeinanderwälzt! Ich bin nämlich nur der blöde Michi, weißt schon, der die Tonne ummifahrt und der seinen Bappa fragt, ob er vielleicht helfen kann, und des wär nämlich meine gute Nachricht gewesen, jawoll, mein Bappa, der könnt sich nämlich eure schimmlige Küche anschauen, und zwar morgen Nachmittag! Weil es nämlich so ist, Boni, dass ich mir nämlich Sorgen mache, weil die Kati die Hundertzwanzigtausend, mit denen sie euch den Kragen retten kann, nicht im Schilf finden wird! Bei mir vielleicht, aber im Schilf nicht!«
Und er stampft mit dem Fuß auf, dass die Kiesel nur so wegspritzen.
»Schilf?«, fragt mein Vater und legt die Stirn in Falten. »Versteh ich jetzt ned, die Kati schaugt eher aus, als hätt’s in einem Heuschober übernachtet!« Er zieht mir einen Halm aus den Haaren und lächelt mich ein bisschen zerknittert an.
»Hast ein Schäferstünderl g’habt mit jemand, der wo nicht der Mike war?«
Wäre es jetzt besser, einfach mal alles abzustreiten? Diese Nacht? Diesen Morgen? Niemals!
»Ja, habe ich! Und das kann auch ruhig jeder wissen! Ein sauschönes Schäferstünderl, und jetzt schauen wir mal, was draus wird, jawoll! Da muss ich mich nicht dafür schämen!«
Mein Vater reagiert überraschend milde auf diese Beichte, er streichelt mir sogar über die Wange.
»Hauptsach, Mausl, es geht dir gut. Aber wieso hundertzwanzigtausend?«
Ich lege allen mir verfügbaren Grant in den Blick, dem ich Michi-Mike zuwerfe, denn eigentlich wollte ich meinen Vater mit genau dieser Nachricht verschonen, wenigstens so lange, bis mir eine Lösung für das Problem eingefallen ist.
»Wenn den Bappa jetzt gleich der Schlag trifft, bist du Schuld!«, zische ich, aber es bleibt mir natürlich nichts anderes übrig, als meinem Vater die Wahrheit zu sagen:
»Naja, vierzigtausend brauchen wir geschätzterweise für die Schimmelbeseitigung, um die Auflagen vom Koferl zu erfüllen, und dann halt die Achtzigtausend, die noch vom Kredit übrig sind. Weil, also, der ist uns nämlich gekündigt worden.«
»Die Küche renovieren? Und der Kredit gekündigt?«
Ich habe schon die Hand an der Rückenlehne des nächsten Klappstuhls, um ihm meinem Vater unter den Pyjamahosenboden zu schieben, aber der bleibt aufrecht stehen wie ein Baum und entknittert sogar ein bisschen seine Stirn.
»Ach, weißt was Kati, du machst das schon mit dem Geld. Wirst es schon wissen. Hast es allaweil gewusst. Oisdann. Ich muss dann los auf Prien, und wollt noch in Ruhe an Kapo trinken.«
Und ohne sich weiter aufzuregen, schlurft mein Vater zurück in die Küche, kurze Stille, und Männer beginnt noch einmal von vorne.
Michi-Mike und ich schauen ihm gleichermaßen entsetzt hinterher.
»Dem ist des wurscht!«, regt sich Michi-Mike auf. »Der Boni spinnt! Du fährst den Laden an die Wand, und der holt sich an Kaffä!«
»Man könnte meinen, er erinnert sich gar nicht daran, dass wir einen Kredit laufen hatten. Und dass der Koferl uns Ärger macht«, sage ich langsam und habe ein sehr ungutes Gefühl. »Und woher weißt du eigentlich, dass der Kredit gekündigt worden ist? Das hab’ich dir doch gar nicht erzählt?«
»Ja mei, das pfeifen doch schon die Spatzen von den Dächern!«, pampft mich Michi-Mike an. »Und ich geh jetzt, und ich wünsch dir noch einen schönen Tag. Fischen brauchst ja nicht, gell, weil du hast ja keine Kunden mehr und deine Küche, die kannst ja auch nicht benutzen, gell, weil dann kannst die Todessporen beim Kartoffelsalat gleich noch auf die Karte mit draufschreiben! Und es
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