Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
neben ihren Chef. Seit ihrer letzten Begegnung
vor zwei Jahren schien sie selbstsicherer geworden zu sein, was Florian aus ihrer
geraden Haltung und ihrem selbstbewussten Gesichtsausdruck schloss.
»Die Schüsse
hat offenbar niemand gehört«, sagte Rössner und fügte hinzu: »Zumindest hat sich
niemand bei uns gemeldet, der das Gegenteil behaupten würde.«
»Was nicht
ist, kann ja noch werden, und vielleicht hat der Mörder auch einen Schalldämpfer
benutzt, obwohl das bei einem Revolver eher ungewöhnlich wäre«, erklärte Sylvia
Gerlach. Sie fügte sich in das Gespräch ein, als wäre sie von Anfang an dabei gewesen.
»Haben Sie
die Tatwaffe inzwischen gefunden?«, fragte Florian.
»Nein.«
Rössner schüttelte den Kopf. »Aber wir wissen aufgrund der Projektile, die in ihrem
Körper steckten, welche Waffe benutzt wurde.«
»Und? Verraten
Sie mir, welche?«
»Das geht
Sie nichts an«, sagte der Kriminalhauptkommissar.
»Ein Revolver, Smith & Wesson , Modell 60 Chief Special ,
Kaliber 357 Magnum. Trommelkapazität: 5 Schuss«, meldete Sylvia Gerlach sich zu Wort. Rössners
Mundwinkel zuckten. Die Kriminalkommissarin hob leicht die Schultern, und Florian
heftete den Blick auf die Kaffeetasse, damit niemand seine Belustigung bemerkte.
Rössner war der Platzhirsch, nicht Sylvia Gerlach, aber inzwischen wagte sie es
offensichtlich, sich über seine Autorität hinwegzusetzen.
»Verwendet
man die Smith & Wesson auch bei der Jagd?«, fragte Florian.
»Ich glaube,
da kann man fast alles verwenden, Hauptsache, es schießt, nicht wahr, Chef?«
Rössner
ignorierte seine junge Kollegin und wandte sich an Florian. »Das Modell ist eine
ideale Fangschusswaffe, die sich großer Beliebtheit erfreut. Warum interessiert
Sie das?«
»Weil Sam
Delson Jäger ist. Das wissen Sie doch?«
»Er behauptet,
seit einem Jahr nicht mehr zu jagen. Seit er seine Büchse und den Revolver als gestohlen
gemeldet hat«, sagte Rössner.
Florian
zog die Augenbrauen hoch. »Von Sabrinas bester Freundin, Marlies Spangenberg, habe
ich aber etwas ganz anderes gehört. Demnach geht er nach wie vor gern zur Jagd …
irgendwo in der Eifel.« Florian zog sein Handy aus der Tasche, tippte kurz darauf
herum, und dann hatte er gefunden, was er suchte. Er schrieb Marlies’ Telefonnummer
auf einen Zettel und reichte ihn dem Kriminalhauptkommissar.
»Danke.«
Rössner beschwerte das Stück Papier mit einem Locher.
»Sam Delson
besaß genau so einen Revolver wie den, mit dem seine Frau erschossen wurde«, sagte
Sylvia Gerlach, und fügte hinzu: »Aber das dachten Sie sich schon, oder?«
Florian
nickte.
»Bleibt
die Frage, wer Delson die Smith & Wesson gestohlen hat. Vielleicht hat
er sie auch auf dem Schwarzmarkt verkauft. Oder sie ist noch in seinem Besitz. Vielleicht
hat er damit seine Frau getötet. Aber warum?« Rössner sah aus dem Fenster. Der Krach
eines Flugzeugs hatte seine Aufmerksamkeit erregt. »Er war sehr eifersüchtig, aber
Eifersucht als Tatmotiv? Wenn ja, mit wem hatte seine Frau ein Verhältnis?«
Alle schwiegen
einen Moment.
»Mit mir
jedenfalls nicht«, sagte Florian.
Der Kriminalhauptkommissar
lachte kurz auf.
»Kennen
Sie Sam Delson?«, wollte Sylvia Gerlach wissen.
Florian
schüttelte den Kopf. »Vom Sehen, ja. Ich hatte kein Interesse daran, ihn näher kennenzulernen,
wir haben kaum ein Wort miteinander gewechselt.«
»Verstehe.«
Sylvia Gerlach betrachtete ihn nachdenklich. »Für den Mordabend hat er ein Alibi«,
sagte sie und erklärte: »Er hat zusammen mit einem Freund bei ihm zu Hause zu Abend
gegessen. Der Mann hat seine Angaben bestätigt.«
»Sie verdächtigen
ihn trotzdem?«, fragte Florian.
Die beiden
Kommissare sahen ihn an, und ihr Schweigen sprach für sich. Rössner nahm einen Stift
zur Hand und klopfte damit auf die Schreibtischplatte. Das Geräusch war Florian
unangenehm. Nach einem Moment legte der Kriminalhauptkommissar den Stift wieder
hin. »Ich frage mich, warum wir Ihnen das alles erzählen …«
»Das wissen
Sie doch ganz genau.«
»So?« Rössners
Augenbrauen schossen in die Höhe.
»Ich bin
Journalist und damit geeignet, von Ihnen gewünschte Nachrichten in den Medien zu
lancieren. Sie haben mir einmal das Leben gerettet, also haben Sie noch etwas bei
mir gut. Ist es nicht das, was Sie denken?«
Rössner
lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. »Reden Sie ruhig weiter,
ich höre Ihnen zu.«
»Außerdem
kenne ich die Tote gut, ein Mensch verändert seine
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