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Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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begleiten
würde.
    Vorne am
Rednerpult wurde es unruhig, ein Mann trat ans Mikrofon, den Florian noch nie zuvor
gesehen hatte. Er stellte sich als Christian Sauer vor, und er sprach davon, was
für eine gute Freundin Sabrina ihm gewesen sei. Sie sei immer für ihn da gewesen,
und das gemeinsame Engagement für traumatisierte Kinder in Afrika und Haiti habe
ihrer Beziehung eine besondere Tiefe verliehen. Florian überlegte, wie Sam wohl
zu dieser Freundschaft gestanden hatte. Allerdings wirkte Christian Sauer mit den
weichen Gesichtszügen und dem silbernen Ring im Ohr so offenkundig homosexuell,
dass Sabrina seinetwegen vermutlich kein Problem bekommen hatte.
    Irgendwann
begann er zu singen, und Florian hielt den Atem an. Mit voller Tenorstimme erklang Amazing Grace, das irische Trauerlied, und jeder Ton, der seine Kehle verließ,schien eine Weile über den Köpfen der Trauergäste zu schweben, bevor er langsam
verebbte.
    Eine halbe
Stunde später war alles vorbei. Die Träger verneigten sich vor dem Sarg, hoben ihn
auf ihre Schultern und schritten langsam mit ihm zur Tür, zwischen den Trauergästen
hindurch, die sich als Zeichen letzter Ehrerbietung von ihren Stühlen erhoben.
    »Sam und
Sabrinas Schwester haben anschließend noch zu Kaffee und Kuchen eingeladen, kommst
du mit?«, hörte er seine Mutter flüstern.
    »Nein, ich
glaube, es ist besser, wenn ich nicht dabei bin.« Florian dachte an Sams Eifersucht.
»Außerdem wartet Jana zu Hause auf mich«, erwiderte er leise.
    »Schade.«
Marie-Louise schwieg einen Moment, bevor sie murmelte: »Es graust mir immer so vor
diesen Trauergesellschaften …«
    »Dann fahr
doch auch nach Hause«, schlug er vor.
    »Nein, ich
muss mich kurz bei der Trauergesellschaft blicken lassen, das gehört sich so.«
    Florian
erwiderte nichts, über das, was sich so gehörte , besaß seine Mutter unverrückbare
Ansichten. Zusammen mit anderen Trauergästen schoben sie sich langsam in Richtung
Ausgang, wo Sam, Lisa und Sabrinas Adoptivtochter die Beileidsbezeugungen entgegennahmen.
Er stellte fest, dass Sabrinas Mann tiefe Ringe unter den Augen hatte, und seine
Gesichtshaut wirkte bleich. Sam schüttelte Hände und ließ sich umarmen, doch seine
Bewegungen wirkten so hölzern, dass Florian sich sicher war, dass er Beruhigungstabletten
genommen hatte. Die fremdartigen Gesichtszüge seiner Tochter erinnerten ihn daran,
dass er seine Mutter noch etwas fragen wollte. Er drehte sich um und flüsterte:
»Woher stammt eigentlich …«
    »Luz kommt
aus Mittelamerika«, antwortete sie leise und fragte: »Sieht sie mit ihrem olivfarbenen
Teint und den schwarzen Haaren nicht bezaubernd aus?«
    Florian
schloss für einen Moment die Augen. An was seine Mutter so dachte …
    Seine Augen
trafen die von Lisa, Sabrinas Schwester. Sie hatte den Arm um die Schultern des
Mädchens gelegt, und auch sie machte ebenso wie Sam den Eindruck, als ob sie tage-
und nächtelang geweint hätte. Nur Luz wirkte irgendwie gefasst.
    Als Florian
endlich vor Sam stand und kondolieren wollte, fehlten ihm die Worte. Jeder Satz,
der ihm auf den Lippen lag, kam ihm auf einmal falsch vor, und so reichte er ihm
nur stumm die Hand. Mehr war ihm nicht möglich, aber die Dinge waren nun einmal,
wie sie waren. Vielleicht hatte er gerade Sabrinas Mörder die Hand gedrückt. Ein
wenig unbeholfen strich er seiner Tochter über den Kopf, nahm Lisas Hände in seine
eigenen, und dann fragte er leise: »Rufst du mich einmal an?« Er drückte ihr seine
Visitenkarte in die Hand, auf deren Rückseite er seine Privatnummer notiert hatte,
und einen Moment später schon strebte er eilig dem Ausgang zu.
    Er war bereits
ein gutes Stück Richtung Straßenbahn gelaufen, da hörte er hinter sich jemanden
seinen Namen rufen. Florian drehte sich um. Im ersten Moment war er völlig perplex.
Vor ihm stand Kriminalhauptkommissar Marko Rössner, der Mann, der ihm nach Max’
plötzlichem Tod das Leben schwer gemacht, aber schließlich sein eigenes gerettet
hatte.
    »Sie rennen
ja, als wäre der Teufel hinter Ihnen her«, sagte Rössner und fragte: »So eine Trauerfeier
nimmt einen ganz schön mit, was?«
    Florian
nickte.
    »Man sieht
sich immer zweimal.« Rössner streckte ihm grinsend die Hand entgegen. »Mit Ihnen
habe ich hier nun wirklich nicht gerechnet. Kannten Sie die Tote gut?«
    »Ach, das
ist alles schon ein Weilchen her.« Ihm war nicht nach ausführlichen Erklärungen
zumute.
    Rössner
sah ihn prüfend an. »Waren Sie mal

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