Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
glaubwürdiger … was aber noch lange nicht bedeutet, dass ihm
seine eigenen Waffen tatsächlich gestohlen wurden. Vielleicht hat er den Tod seiner
Frau weit im Vorfeld geplant und gleich beide Waffen, das Gewehr wie auch den Revolver,
frühzeitig als gestohlen gemeldet.«
Florian
bestellte noch eine weitere Flasche Mineralwasser, und Sylvia Gerlach sah ihn eindringlich
an. »Sie waren erst vor zwei Tagen bei ihm zu Hause. Was haben Sie da gemacht? Sie
waren zwei Stunden dort.« Sie machte eine kleine Pause. »Wir dachten, Sie wollen
nichts mit ihm zu tun haben?«
Florian
überlegte einen Augenblick, aber anstatt ihre Frage zu beantworten, stellte er eine
Gegenfrage. »Sie haben ihn beschattet?«
»Ja.«
»Im Grunde
will ich tatsächlich nichts mit ihm zu tun haben«, sagte er.
»Warum haben
Sie ihn dann aufgesucht?«
»Weil ich
inzwischen nicht mehr daran glaube, dass er Sabrina umgebracht hat.«
»Erklären
Sie mir das.«
»Sam Delson
weiß, dass vieles gegen ihn spricht. Seine Eifersucht, die Handgreiflichkeiten,
die verschwundenen Waffen. Ihm war klar, dass Sie ihn verdächtigen.« Florian wunderte
sich über sich selbst, er fand es irgendwie eigentümlich, wie vehement er ihn in
Schutz nahm. Den Mann, um dessen willen er Sabrina verloren hatte.
Sylvia Gerlach
lachte auf. »Du meine Güte, er lügt! Das liegt doch auf der Hand. Aber warum? Er
weiß genau, dass es für seinen herbstlichen Jagdausflug jede Menge Zeugen gibt.
Und warum hat er uns das falsche Alibi serviert? Wie passt das alles zusammen?«
Florian
schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
»Wo war
er an dem Abend, als Sabrina starb?«
»Auch das
weiß ich nicht.« Er dachte an die Andeutungen, die Sam ihm gegenüber gemacht hatte,
und er spürte eine leichte Übelkeit.
»Sehen Sie«,
sagte Sylvia Gerlach mit Genugtuung und stützte den Kopf in ihre Hände. »Aber da
ist noch etwas, was mich wundert.«
»Ja?«
»Der Mann
ist Anwalt, er müsste doch eigentlich wissen, dass man mit Lügen und Schweigen nicht
weiterkommt.«
Florian
beugte sich vor und griff nach einem Bierdeckel, den er zwischen den Fingern hin
und her drehte.
»Dass er
schweigt, spricht meines Erachtens für seine Unschuld. Wäre er schuldig, würde er
versuchen, Ihnen weitere Lügen aufzutischen.«
Verblüfft
sah ihn die Kriminalkommissarin an. »Nein. Er spürt, dass die Schlinge um seinen
Hals immer enger wird. Er weiß, dass nur noch ein anderer Anwalt ihn da rausholen
kann. Jedes weitere Wort könnte ihn unnötig belasten.«
Florian
starrte auf seine mittlerweile leere Espressotasse, der Duft des Kaffees hing jedoch
noch immer in der Luft. »Denken Sie doch noch einmal in Ruhe über meine Version
nach«, sagte er vorsichtig und fügte hinzu: »Zu vieles deutet auf ihn als Mörder
hin. Als würde … als würde ihn jemand reinlegen wollen.«
»Hm.«
»Sind Sie
seinem Hinweis von der dunkelhäutigen Frau nachgegangen, die sich angeblich auf
seinem Grundstück herumgetrieben hat?«
»Selbstverständlich,
aber vermutlich ist auch sie nur ein Hirngespinst. Seit seiner ersten Aussage observieren
wir das Anwesen, aber eine dunkelhaarige Frau haben unsere Leute bis heute nicht
gesehen.« Sylvia Gerlach sah ihn an und lächelte spöttisch: »Das Phantom aus der
Kirchberger Straße … aber vielleicht erscheint es ja noch.« Sie rutschte auf ihrem
Stuhl hin und her und wechselte die Position ihrer Beine, die sie nun, statt sie
wie zuvor übereinander zu schlagen, nebeneinander auf den Boden stellte. Energisch
strich sie über ihren Rock. »Es haben sich inzwischen einige Leute bei uns gemeldet,
die Sabrina Delson am Tag ihres Todes gesehen haben wollen.« Ihre Stimme klang,
als wäre sie erleichtert darüber, dass ihre Arbeit endlich die ersten Früchte trug.
»Sabrina war um die Mittagszeit shoppen, in ein paar Boutiquen in der Ehrenstraße.
Allein. Aber jetzt kommt es: Eine weitere Zeugin, eine Lehrerin, hat sie einen Tag
bevor sie starb in der Nachmittagsvorstellung im Zirkus gesehen. Sie ist absolut
sicher.«
»Das hört
sich nach einem brauchbaren Hinweis an.«
Die Kriminalkommissarin
nickte. »Sie sagte, Sabrina sei in Begleitung eines etwa 45- bis 55-Jährigen gewesen.«
Florian
beugte sich noch ein Stückchen weiter vor. »Wissen Sie, wer es war?«
»Nein. Die
Lehrerin hat nur sein Profil gesehen. Sie hat ihn als mittelgroß beschrieben, seine
Haarfarbe als mittelblond. Keine markanten Merkmale.«
»Kann es
Sam gewesen sein?«
Sie schüttelte
den
Weitere Kostenlose Bücher