Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
Moisonnier befand sich in der Krefelder Straße,
nicht weit von Profi Entertainment und dem Mediapark entfernt. Sie konnten
in gut zehn Minuten zu Fuß dort sein.
»In Ordnung.
Ich hoffe, dass es deinem Vater passt.« Er konnte geradezu vor sich sehen, wie seine
Mutter sich freute.
Lachsalven
drangen zu ihm ins Büro. »Sei mir nicht böse, aber …«
»Ich weiß,
du bist in Eile. Dabei wollte ich dir gerade noch etwas erzählen …«, sagte seine
Mutter.
»Ja?« Der
Ton ihrer Stimme hatte ihm verraten, dass es etwas Besonderes sein musste.
»Sam wurde
festgenommen. Er hat Sabrina umgebracht.«
Mittwoch, 13. Juli, später Nachmittag
Die Schokotorte hatte ihm nicht
besonders geschmeckt, was aber nicht an ihrer Qualität, sondern an seiner inneren
Unruhe lag, und auch den Sekt hatte er nicht so recht genießen können. Die Nachricht
seiner Mutter hatte Florian derart aufgewühlt, dass er nur kurz mit Theo und den
Kollegen angestoßen hatte. Aller Proteste zum Trotz hatte er sich relativ schnell
verabschiedet, denn er wollte Sylvia Gerlach treffen, Rössners Kollegin, die auf
seinen Anruf unmittelbar mit dem Angebot reagiert hatte, dass er zum Deutzer Bahnhof
kommen solle, nicht allzu weit von dem Dienstgebäude der Kripo entfernt, wo sie
zusammen einen Kaffee trinken könnten. Jetzt saß Florian im Taxi, das er bestellt
hatte, um pünktlich zu sein, und ließ den Blick durch den Sommerregen über die Deutzer
Brücke schweifen, die sie im Feierabendverkehr nur im Schritttempo passierten. Unter
ihnen floss der Rhein. Florian wandte sich um und sah aus dem Rückfenster durch
Regen und Sonnenstrahlen hin zum Kölner Dom. Am Rheinufer lagen wie immer Ausflugsschiffe,
dahinter drängten sich die kleinen gelb, rot und blau gestrichenen Häuser der Altstadt
aneinander. Der Blick von der Deutzer Brücke war einer der schönsten, den die Stadt
zu bieten hatte, und wie so oft dachte er, dass es sich allein deswegen lohnte,
hier zu leben. Jedes Mal nahm ihn der Anblick des Doms aus dieser Perspektive besonders
gefangen, und jedes Mal fiel es ihm schwer, sich davon zu lösen. Früher war er im
Cabrio seiner Mutter manchmal eine ganze Stunde lang auf der Deutzer Brücke hin
und her gefahren, nur um dieses Anblicks willen. Er seufzte. Die Fahrten gehörten
in eine andere Zeit, und in diesem Moment nahm er sich vor, ein Revival zu starten.
Mit Jana. Er würde ein Motorrad mieten und so oft mit ihr hin und her fahren, wie
sie wollte. Ein leiser Seufzer kam über seine Lippen. Allerdings gab die Wetterprognose
wenig Anlass zur Hoffnung, dass noch Tage trockener Hitze folgen würden. Tage, an
denen die Luft flirrte, die Menschen matt, aber zufrieden waren, und die Kinder
dankbar für das Wasser in den Brunnen der Stadt. Florian hatte plötzlich das Bild
vor Augen, wie er und Jana nach der Motorradtour zusammen auf der Schäl Sick bei einem Cocktail den Sonnenuntergang genossen, vielleicht etwas Fisch aßen und
so lange irgendwo am Rhein sitzen blieben, bis sie das helle Licht des Mondes schläfrig
gemacht hatte und sie in seine oder ihre Wohnung zurückkehrten.
Seine Gedanken
wurden vom Schimpfen des Taxifahrers unterbrochen, doch der gleichförmige Fluss
von Vokalen und Konsonanten perlte schon bald an ihm ab. Hin und wieder murmelte
er wie zur Bestätigung ein Ja oder Nein, und dem Taxifahrer schien dieses Mindestmaß
an Aufmerksamkeit voll und ganz zu genügen. Den Ärger des Mannes, der sich hemmungslos
über die ewigen Baustellen und vor allem über deren Unsinnigkeit ausließ, konnte
er als ehemaliger Taxifahrer gut nachvollziehen, und er war froh, sein Geld mittlerweile
auf andere Weise zu verdienen.
Die Nachricht
seiner Mutter hatte ihn geschockt. Sam also sollte Sabrina umgebracht haben, der
Mann, dem sie vor Jahren die Treue geschworen hatte, mit dem sie bis an das Ende
ihrer Tage zusammen bleiben wollte, in guten wie in schlechten Zeiten. Florian runzelte
die Stirn. Aber war er wirklich ihr Mörder? Seitdem er ihn besucht und mit ihm gesprochen
hatte, hatte sich sein Bild von ihm zwar nicht voll und ganz, aber doch erheblich,
geändert, und er würde alles daran setzen, herauszufinden, was hinter Sams Vermutungen
steckte. Entweder hatte er ihn mit der Geschichte von der dunkelhaarigen Frau aufs
Glatteis führen wollen, oder an seinen Überlegungen war etwas dran. Die Kripo jedenfalls
hatte ihm keinen Glauben geschenkt, das war nun, nach seiner Verhaftung, offensichtlich.
Als Florian
das Bahnhofsgebäude betrat,
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