Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
es gab einen Grund zum Feiern. Theo, ehemaliger Praktikant
und inzwischen Auszubildender bei Profi Entertainment , wurde heute 25. Durch
die geöffnete Tür sah Florian die Redaktionssekretärin Patricia mit einer Torte
in beiden Händen vorbei balancieren, und unwillkürlich lief ihm das Wasser im Mund
zusammen.
»Schoko?!«,
rief er hinaus, in der Hoffnung, dass sie ihn noch hörte.
Ein paar
Sekunden später erschien sie wieder im Türrahmen. »Schoko-Nuss. Mit viel Sahne«,
grinste sie und sagte: »Sekt gibt’s auch. Theo hat heute die Spendierhosen an.«
Dann war sie auch schon wieder verschwunden, aber plötzlich steckte sie noch einmal
den Kopf durch die Tür. »Wir treffen uns in 15 Minuten in der Küche. Sei pünktlich,
ja?«
Florian
überlegte, ob es die einzige Torte war, und wie viele Stückchen Theo wohl für jeden
von ihnen eingeplant hatte, aber er nahm sich vor, es in jedem Fall bei einem Stück
bewenden zu lassen. Sein Hosenbund saß definitiv zu eng, es war höchste Zeit, die
frühmorgendlichen Joggingrunden wieder zu beleben.
»Halstaff?«,
ertönte die melodische Stimme seiner Mutter. Aus der Küche drang bereits lautes
Gejohle, und er presste den Hörer enger an sich. Nachdem sie ihm von einer heftigen
Auseinandersetzung zwischen ihr und dem Regisseur bei den gestrigen Dreharbeiten
berichtet hatte, kam er zum Grund seines Anrufs. »Weißt du, wo Marlies steckt? Ich
versuche seit Tagen, sie zu erreichen.«
»Sie ist
letzte Woche nach Indien abgereist, sie macht dort eine Ayurveda-Kur in Kerala,
zwei Wochen, glaube ich. Beneidenswert! Ich hätte auch einmal Lust auf so etwas
…«
Florian
biss sich auf die Lippen. »Hatte Sabrina noch eine andere gute Freundin?«, fragte
er.
»Nein, Marlies
war die einzige, glaube ich. Sie macht das bereits zum dritten Mal …«, schwärmte
seine Mutter.
»Was?«
»Na, die
Kur. Hinterher ist sie wie ausgewechselt. Vierhändige Massagen, Stirngüsse, vegetarische
Kost, Fruchtcocktails … es muss herrlich sein. Ganz zu schweigen von Ganzkörperbädern
in Wasserbecken, auf denen Lotusblumen schwimmen.«
»Dann gönne
dir doch so einen Urlaub auch einmal«, schlug Florian mehr aus Höflichkeit, denn
aus ehrlicher Überzeugung vor. Für ihn war die Vision, sich ausschließlich von Obst
und Gemüse zu ernähren, dreimal am Tag beim Ayurveda-Arzt vorzusprechen, am Strand
zu sitzen und sich mit Yogaübungen die Gliedmaßen zu verrenken, zudem wochenlang
keinen Tropfen Rotwein zu trinken, schlichtweg ein Albtraum.
»Würde ich
gerne tun, aber ich habe leider keine Zeit«, stöhnte seine Mutter. »Ständig bin
ich auf Dreh, es ist schrecklich.«
»Wenn du
nichts zu tun hättest, wärst du auch nicht glücklich«, erwiderte Florian ungerührt.
»Du hast
recht. Umso wichtiger ist es, dass ich mir den Alltag, so hart er auch ist, so oft
wie möglich versüße.«
Florian
nickte Richtung Tür, wo Theo erschienen war und mit den Armen herum ruderte. Die
Grimassen, die er schnitt, hatten Comedy-Potenzial, offenkundig signalisierte er,
dass alle bereits auf ihn warteten. Mit der Hand deckte er kurz den Hörer ab und
rief lachend: »In fünf Minuten bin ich da.«
»Wehe wenn
nicht.« Theo hob den Zeigefinger, hampelte noch ein bisschen herum, und verschwand.
Seine Mutter
räusperte sich. »Was hältst du davon, wenn wir demnächst einmal wieder alle zusammen
essen gehen?
»Ehrlich
gesagt, passt es mir momentan nicht so gut«, wich er aus und erklärte: »Ich habe
enorm viel zu tun.« Außerdem war er sich nicht sicher, ob Jana Lust auf einen Abend
mit seinen Eltern hatte. »Es wäre doch einmal wieder sehr nett«, insistierte sie.
»Unser letztes gemeinsames Essen liegt schon vier Wochen zurück. Meinst du nicht
auch, dass wir Jana endlich ein bisschen näher kennen lernen sollten? Du hältst
sie ja geradezu unter Verschluss.«
»Mutter,
bitte …« Florian verdrehte unwillkürlich die Augen. Er war Ende 30, und noch immer
behandelte sie ihn wie einen kleinen Jungen. Vermutlich würde sich daran auch nichts
geändert haben, wenn er 50 war.
»Was hältst
du vom Le Moisonnier ?«, fragte sie.
Florian
blätterte in seinem Timer. Die Franzosen dort kochten wirklich gut, und die Auswahl
an offenen Weinen war eine Freude. »Na gut, am Freitag vielleicht«, sagte er, und
plötzlich kam ihm eine Idee: »Sie haben einen guten Mittagstisch, was hältst du
davon, wenn wir uns um 12.30 Uhr dort treffen? Vorausgesetzt, Jana ist einverstanden.«
Es war ein Kompromiss. Le
Weitere Kostenlose Bücher