Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
kam er vielleicht auch irgendwann aufs Sofa. So wie Eddie ihm schon
oft bei der Recherche geholfen hatte, so würde er auch ihm helfen, seine Bekanntheit
zu erhöhen. Sie lebten in Köln, und da wäscht schließlich eine Hand die andere.
»Ich musste
Hamacher versprechen, niemandem etwas davon zu sagen …« In diesem Moment schlich
sich auch der Gedanke an das Versprechen, das er Sylvia Gerlach gegeben hatte, in
seinen Kopf.
»Behaltet
das mit dem Portemonnaie bitte für euch, ja?« Bei diesen Worten sah er ausschließlich
Eddie an, und der nickte.
»Ist das
nicht Unterschlagung von ermittlungsrelevantem Material? Und auch Diebstahl?«, wollte
Jana wissen.
»Na klar,
aber wir werden Hamacher nicht bei der Polizei anschwärzen. Soll er sich doch eine
schöne Woche machen.«
Jana und
Eddie nickten.
»Da war
doch nicht nur Geld im Portemonnaie?«, hakte Eddie nach und starrte auf das lederne
Teil, das mitten auf dem Tisch lag.
In diesem
Moment knallte der Köbes drei weitere Kölsch auf den Tisch, und Florian nahm sich
vor, auf sein Glas, wenn er es geleert hatte, einen Bierdeckel zu setzen, als Zeichen
dafür, dass er keinen Nachschub mehr wollte. Er merkte, dass er hungrig war und
bestellte einen halven Hahn, Roggenbrötchen mit mittelaltem Gouda. Jana wollte Rievkoche
haben, und Eddie entschied sich für Himmel un Äd, das kölsche Gericht aus Stampfkartoffeln
und Apfelmus, serviert mit Röstzwiebeln und Blutwurst.
»Jetzt sag
endlich, was außerdem noch im Portemonnaie war«, forderte Jana Florian auf, nachdem
der Köbes sich entfernt hatte. Er nahm das Portemonnaie zur Hand, klappte es auf
und zog diverse Dinge hervor. Ein Passfoto von Luz, auf dem sie eine rote Schleife
im Haar trug, und mehrere Zettel. Er faltete den ersten auseinander. »Eine Einkaufsliste«,
sagte er. Er faltete den zweiten Zettel auseinander. »Eine Benzinquittung«, er legte
sie zu dem anderen Zettel auf den Tisch, »… und jetzt kommt was Interessantes.«
Er faltete den dritten und letzten Zettel auseinander, der größer und abgegriffener
als die anderen war.
Jana und
Eddie starrten ihn an.
»Eine Quittung
aus einem Frauensexshop«, erklärte er.
»Wow … naja,
eigentlich ja nichts Besonderes«, sagte Jana langsam.
»Im Grunde
nicht«, erwiderte Florian. »Wenn nicht die Dinge, die sie gekauft hätte, erklären
könnten, woher die Blutergüsse an ihren Unterarmen stammen.«
»Handfesseln?«,
wollte Eddie wissen.
»Genau.«
Florian nickte.
»Dann können
wir davon ausgehen, dass sie und ihr Lover Lust an Sadomasospielchen hatten«, schlussfolgerte
Eddie und nahm einen großen Schluck Kölsch.
»Vermutlich.«
»Sabrinas
Mann neigte zu Jähzorn«, sagte Jana. »Aber ich glaube nicht, dass sie diese Art
von Sexspielzeug gekauft hat, um ihm damit eine Freude zu machen.«
»Warum glaubst
du das nicht?« Florian sah sie interessiert an.
»Weil man
für solche Spiele Vertrauen zueinander braucht, und ich denke, das hatte sie längst
verloren.«
Donnerstag, 14. Juli, nachmittags
Er rieb die Hände aneinander. Die
Handschuhe, die er trug, waren vom Staub und dem Schmutz unter dem Verschlag schwarz
geworden. Entschlossen streifte er die Latexteile ab, das Quietschen und Knirschen
des Materials verrieten die Anstrengung, die es ihn kostete, sich der eng an seiner
Haut klebenden Dinger zu entledigen. Als er sie endlich abgestreift und in die Hosentasche
gestopft hatte, blieb sein Blick an seinen Fingern hängen. Sie waren unter der Enge
des Gummis käsig und schrumpelig geworden, und plötzlich hatte er den Eindruck,
sie gehörten nicht zu ihm. Es waren die Finger eines Fremden, die sich selbständig
gemacht hatten. Losgelöst von seinem Körper und seinem Ich hatten sie eine Arbeit
verrichtet, von der er bislang nicht einmal ahnte, dass er überhaupt dazu in der
Lage war, denn er besaß weder eine besondere handwerkliche Begabung noch die entsprechende
Übung. Was das anging, konnte er gerade einmal ein paar Nägel in die Wand schlagen,
ein verstopftes Rohr öffnen, das Flusensieb unter der Waschmaschine lösen oder eine
Lampe anbringen. Er war ein handwerklicher Dilettant, und dass er diese Sache hier
hinbekommen hatte, war nur der ausführlichen Beschreibung eines Mannes mit dem Decknamen DEVIL zu verdanken, die er nach intensiver Suche im Internet gefunden hatte.
Ein zynisches Lächeln glitt über sein Gesicht. In ihm schlummerten verborgene Talente,
und vielleicht sollte er sie eines Tages zu seinem Hobby machen.
Ein
Weitere Kostenlose Bücher