Zirkus zur dreizehnten Stunde
dass niemand sehen konnte, wie sie sich zurechtgemacht hatte.
Es dauerte nicht lang, und am Horizont tauchte eine Kutsche auf. Gezogen von einem Paar Pferde fuhr sie heran und stoppte kurz vor Faith. Ihre Augen quollen fast über, als die Tür aufging und Aaron heraustrat. Sein Sakko kleidete ihn einfach umwerfend. Ein sanftes Lächeln lag auf seinen Lippen.
„Guten Tag, junge Frau.“ Er griff nach ihrer Hand und hauchte einen Kuss darauf.
„Guten … Morgen …“ Schon schoss ihr die Hitze ins Gesicht. Sie lächelte schüchtern.
„Sind Sie bereit, sich entführen zu lassen?“
Dieses Lächeln, dieser Blick. Ihre Beine wurden weich und sie musste sich zusammenreißen, nicht in die Knie zu gehen.
Faith sah ihn verzückt an, schlug den Blick nieder und kicherte leise. „Kommt darauf an, was mir mein Entführer zu bieten hat.“
„Eine Welt, in der leider weder Wunder noch Magie zu sehen sind.“ Er verbeugte sich tief und griff nach ihrer Hand. „Aber vielleicht kann ich Euch einen Zauber völlig anderer Art vorführen. Lasst Euch überraschen.“
Faith spürte wie das Strahlen in ihr nach außen drang. Glücklich, sie war einfach glücklich.
„Also?“ Sein Blick wurde erwartungsvoll.
„Ich denke, ich kann mir das mal ansehen“, stimmte sie zwinkernd zu.
„Schön.“ Er verbeugte sich vor ihr und half ihr beim Einsteigen. Im Inneren ließ sich Faith auf den gepolsterten Sitz sinken und lächelte. Die Kutsche setzte sich mit einem leichten Ruck in Bewegung und nahm ihr neues Ziel in Angriff.
Hinter ihr verschwand der Zirkus.
Aaron warf einen Blick nach draußen, lehnte sich dann wieder zurück. „Wie ist das Leben im Zirkus?“
Faith wandte den Kopf. „Naja“, ein kurzes Stechen fuhr ihr durch die Brust, „es ist alles ein wenig aufreibend. Man weiß nie, wo man am nächsten Tag ist. So viel bekommen wir von unserer Umgebung nicht mit. Die Landschaft ändert sich manchmal, das ist oft alles.“
„Das klingt fast als würdest du es bedauern in einem Zirkus zu leben“, er legte den Kopf schräg.
„Das sagte ich nicht.“ Ein seltsames Gefühl schlich sich in ihr Herz. Sie liebte den Zirkus, aber etwas stimmte nicht. Etwas fehlte. „Es ist so, dass etwas, das zum Alltag wird, nicht mehr ganz so aufregend ist. Für mich wäre es eher ein Abenteuer, jeden Tag in der gleichen Stadt zu erwachen.“
Aaron warf den Kopf in den Nacken und lachte kurz auf. „Ich glaube allerdings, dass eine Stadt doch etwas schneller langweilig wird.“
„Vielleicht.“ Sie schmunzelte. „Aber vielleicht ist genau das der Reiz, dass man sich nicht mehr ständig um etwas kümmern muss. Im Zirkus werden wir dauerhaft gebraucht.“
„Ist es denn so schwer, eure Magie aufrechtzuerhalten?“ Ein sanfter Ton hatte sich in seine Stimme eingeschlichen und etwas schien sich in seinen Augen zu ändern. Doch Faith konnte es nicht genau deuten.
Sie lächelte ihn geheimnisvoll an, schlug die Augen erst nieder und schließlich wieder auf. „Um unsere Magie zu wahren, braucht es mehr als ein Uneingeweihter je verstehen könnte.“
„Gibt es denn …“, er rutschte ein wenig näher zu ihr, „… eine Möglichkeit, eingeweiht zu werden?“
Faith drehte sich ein wenig zur Seite und schloss kurz die Augen. „Wege gibt es immer“, sie ließ ein leichtes Seufzen vernehmen. „… aber nicht jeder kann sie finden.“
Einen Moment schienen sich beide in den Augen des anderen festzukrallen. Die Blicke ließen einander nicht mehr los, versuchte dem Gegenüber bis auf den Grund der Seele zu sehen. Faith zwinkerte schließlich.
Aaron lehnte sich zurück und sah sie an. „Das ist es, was ich an euch so bewundere.“ ein Strahlen schlich sich in seine Augen. „Ihr habt immer ein Geheimnis und als normaler Bürger will man wissen, was dahinter steckt.“
Faith lachte kurz auf. „Vielleicht tun wir aber auch nur so, als hätten wir eines.“
„Dann ist das an sich schon ein Geheimnis.“ Aaron blinzelte ihr zu.
Die Umrisse der Stadt tauchten auf. Sie sah die Häuser, die sich emporreckten, die Gassen, die dazwischen entlang führten. Seit geraumer Zeit waren die Straßen deutlich besser geworden.
Das Stadttor wuchs vor ihnen in die Höhe. Es war als würde sie eine andere Welt betreten. Links und rechts der Straße erhoben sich die Häuser dicht aneinander gedrängt. Fast als würden die Gebäude selbst Schutz suchen. Einen Moment hatte sie das Gefühl als würde sie in eine Welt eindringen, die sofort versuchte,
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