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Zirkuskind

Zirkuskind

Titel: Zirkuskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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war; er verhielt sich ihr
gegenüber nicht gerade galant, aber wenigstens war er wütend.
    Draußen auf der
Straße sagte Nancy – um Dieter davon zu überzeugen, daß sie den beleidigenden Vergleich
mit Rahul gelassen hinnahm – irgend etwas, wovon sie hoffte, daß es sich tolerant
im Sinne von leben-und-leben-lassen anhörte.
    »Also, sehr freundlich
waren die ja nicht«, bemerkte sie, »aber es war nett, wie sie sich um die Ziege
gekümmert haben.«
    »Laß dich doch nicht
für dumm verkaufen«, sagte Dieter zu ihr. »Es gibt Leute, die ficken Mädchen, es
gibt Leute, die ficken Eunuchen in Frauenkleidern – und andere ficken eben Ziegen.«
Dieser schreckliche Gedanke machte Nancy wieder angst. Sie wußte, daß sie sich etwas
vormachte, wenn sie sich einbildete, sie hätte aufgehört zu fallen.
    In Kamathipura gab
es noch andere Bordelle. Vor einem Labyrinth kleiner Zimmer saß eine fette Frau
in einem magentaroten Sari im Schneidersitz auf einer geflochtenen Pritsche, die
auf Orangenkisten auflag; entweder die Frau oder das Bett schwankte leicht. Sie
betrieb ein Bordell mit Prostituierten einer gehobeneren Kategorie als der, die
man in der Falkland und der Grant Road antraf. Natürlich erzählte Dieter Nancy nicht,
daßer in diesem Bordell das dreizehnjährige Mädchen für nur fünf Rupien gefickt
hatte – weil sie es im Stehen machen mußten.
    [364]  Nancy hatte den
Eindruck, daß Dieter die unförmige Bordellwirtin kannte, konnte aber nicht verstehen,
worüber sich die beiden unterhielten. Zwei unerschrockene Prostituierte kamen aus
ihren Zimmern, um sie aus der Nähe anzustarren.
    Ein drittes Mädchen,
vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt, war besonders neugierig; sie erinnerte
sich an Dieter von der Nacht zuvor. Nancy sah die blaue Tätowierung auf ihrem Oberarm,
von der Dieter später behauptete, es sei nur ihr Name gewesen. Nancy konnte unmöglich
feststellen, ob die anderen Verzierungen auf ihrem Körper irgendeine religiöse Bedeutung
hatten oder nur zur Dekoration dienten. Ihr bindi – der Schönheitsfleck auf der Stirn
– war safranfarben und goldumrandet, und im linken Nasenflügel trug sie einen goldenen
Nasenring.
    Da Nancy die Neugier
des Mädchens ein bißchen übertrieben fand, wandte sie sich ab, während Dieter noch
immer mit der madam redete. Ihre Unterhaltung war hitzig geworden, wahrscheinlich weil alles Vage Dieter
wütend machte; und was Rahul anging, äußerten sich alle vage.
    »Du gehst nach Goa«,
riet ihm die fette Puffmutter. »Du sagst, du suchst ihn. Dann er findet dich.« Aber
Nancy merkte, daß es Dieter lieber war, wenn er die Situation im Griff hatte.
    Sie wußte auch,
was als nächstes passieren würde. Nach ihrer Rückkehr ins Sea Green Guest House
war Dieter voller Begierde; Wut hatte auf ihn häufig diese Wirkung. Zuerst brachte
er Nancy dazu zu masturbieren. Dann bearbeitete er sie ziemlich grob mit dem Dildo.
Es überraschte sie, daß sie auch nur im mindesten erregt war. Danach war Dieter
noch immer wütend. Während sie auf den Nachtbus nach Goa warteten, malte sich Nancy
zum erstenmal aus, wie sie es anstellen würde, ihn zu verlassen. Dieses Land war
so einschüchternd, daß sie es anstellen würde, ihn zu verlassen, ohne jemand anderen
zu haben, an den sie sich halten konnte.
    Im Bus saß eine
junge Amerikanerin, die von ein paar Indern belästigt wurde. Nancy sagte laut: »Bist
du ein Feigling, Dieter? [365]  Warum sagst du diesen Kerlen nicht, sie sollen das Mädchen
in Ruhe lassen? Warum forderst du es nicht auf, sich zu uns zu setzen?«
    Nancy wird krank
    Als Nancy
im Badezimmer der Daruwallas im Hotel Bardez an den Punkt zurückdachte, an dem ihre
Beziehung zu Dieter eine so tiefgreifende Wendung genommen hatte, spürte sie, wie
ihr Selbstvertrauen zurückkehrte. Was machte es schon, wenn sie den Dildo nicht
aufschrauben konnte? Sie würde jemanden finden, der mehr Kraft hatte, oder eben
eine Zange nehmen. Bei diesem wohltuenden Gedanken warf sie den Dildo quer durchs
Badezimmer. Er prallte von der blau gekachelten Wand ab und blieb neben der Wanne
liegen. Nancy zog den Stöpsel heraus, so daß das Wasser laut gurgelnd ablief; draußen
entfernte sich Dr. Daruwalla hastig von der Badezimmertür.
    Auf dem Balkon sagte
er zu seiner Frau: »Wie es aussieht, ist sie endlich fertig. Ich glaube, daß sie
den Schwanz an die Wand geworfen hat… irgendwas hat sie jedenfalls geworfen.«
    »Es ist ein Dildo«,
sagte Julia. »Ich wünschte, du würdest das

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